Schmuckband Kreuzgang

Kraftvoll

Poetry Slam des Frauen*fests vom 22. Juni zum Nachlesen

Frauenfest 2024 (c) Bistum
Frauenfest 2024
Datum:
Mi. 3. Juli 2024
Von:
Daniela Honecker

Unter dem Motto „kraftvoll“ feierten rund 250 Frauen aus dem Bistum Mainz erstmalig ein „Frauen*fest“ auf dem Gelände von St. Marien in Seligenstadt. Auf dem Programm standen Talkrunden, kreative Workshops, Cocktails und Kaffee sowie ein Gottesdienst. Dabei und bei der abschließenden Gartenparty gab es viele Möglichkeiten zur Begegnung und Gesprächen.

Impulsreich und sehr ansprechend war auch der Poetry Slam „Kraftvoll“ von Alina Pfeifer. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit in einer Klinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Herborn ist das Schreiben eine große Passion der jungen Frau. Ihre Poetry Slams hat sie bereits in zwei Büchern veröffentlicht.

 

Kraftvoll

„Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche“ (2. Korinther 12,9)

 

Welche Schwäche?

Ich bin doch nicht schwach.

Ich bin stark.

Ich kann das allein.

Und so fühle ich mich.

Allein. Alleingelassen.

Mitten im Chaos.

Ich bin hin- und hergerissen.

An keinem Ort zu Hause.

Nirgendwo so wirklich ich.

Hier kann ich alles sein.

Und die Leute würden es glauben.

Doch bevor ich sein kann, fahr ich wieder.

Um anzukommen, wo ich immer war.

Aber dort komme ich niemals an.

Und ich bin nicht länger da.

Ich kann nicht sein.

Ich muss noch werden.

Genüge mir nicht.

Aber ich bin am Werden.

Ich bin stark.

Ich kann das.

Und dennoch habe ich keine Kraft.

Was bewegt mich eigentlich?

Wo hast du Gott gelassen bei deinem größenwahnsinnigen Blick in die Ferne?

Ja Gott, wo hab ich dich gelassen?

Wo habe ich dich abgelegt?

Zwischenmeinen Sorgen, in Schubladen, neben all den anderen Leuten gestapelt?

Zwischen Arbeit und Uni vielleicht, als ich ein schlechtes Wort nach dem anderen verlor?

Zwischen gestern und morgen, aber nicht im Heute, nein da bist du nicht. Sicher?

Beim Sport im Spiegel hab ich dich vielleiht mit der Jacke an der Garderobe abgelegt als ich sagte, dass ich mich nicht mag und noch ne Runde laufen muss.

Auf dem Boden als ich weinte und fluchte vielleicht, und schrie. Zu dir um Hilfe, weil du nichts tust, obwohl ich dich such.

Gerade mal. Ausnahmsweise.

Wo steckst du nur?

Und Gott, das ist gemein, ich weiß.

Habe kein Recht zu fragen, wer bin denn ich?!

Ich habe dich nicht irgendwo gelassen.

Ich kann dich nicht ablegen.

Ich habe dich nicht.

Du gehörst mir nicht. Bist kein Gegenstand, keine Option, passt in keine menschliche Dimension. Und trotzdem versuche ich dich in meine Gedanken zu quetschen.

Nein.

Ich gehöre dir.

Ich, ich bin Dein.

Mit all meinem Sein.

Aber manchmal, manchmal weiß ich nicht, wer das ist. Das Ich, wie es ist zu sein.

Dabei weiß ich doch, ich bin.

 

Ich bin dein.

Ich bin dein Kind.

Ein Königskind.

Und ich bin erfüllt.

Mit Kraft.

Du. Du machst mich kraftvoll.

Denn ich bin schwach.

Und du liebst mich trotzdem.

Du suchst mich in meinen Sorgen.

Du öffnest die Schubladen, und holst die verstaubten Gedanken da heraus, weil all die anderen, die liebst du alle gleich. Jeden liebst du.

Du suchst mich. Zwischen Arbeit und Uni, wenn ich schlechte Worte spreche, statt die Menschendurch deine Augen zu sehen.

Du suchst mich. Zwischen gestern und morgen, weil du auch im Heute bist. Ja im Jetzt.

Und du suchst mich im Spiegel, da beim Sport und sagst „Du bist genug“.

Und du suchst mich. Auf dem Boden mitten im Flur als ich weine und schreie zu dir. Und du tust etwas. Schon bevor ich nach dir schrie. Du suchst. Du sahst mich, lange bevor ich dich suchte.

Ich bin dein. Du siehst mein Herz.

Und du siehst meine Schwachheit. Und du machst mich stark.

Das ist gar nicht so leicht, Gott.

Ich glaube ich breche unter der Last.

Da sind so viele Erwartungen.

Die Gesellschaft, sie erdrückt.

Ich versteh so oft viel zu wenig.

Ich habe Angst vor dem Fallen.

Und versuche deshalb weiter zu fliegen. In der Luft. Keinen festen Boden unter meinen Füßen. Ich kann nicht landen. Nicht anhalten. Muss treiben. Immer weiter. In einer Welt, die niemals schläft.

Gott, ich sehne mich nach Ruhe. Nach Kraft.

Und du fängst mich auf.

Wir landen im Wasser.

Laufen trockenen Fußes zum Ufer.

Da stehen zwei Liegestühle.

Pause.

Mit dir.

Gott, ich habe dich vermisst.

Ich weiß, du warst da.

Du bist da.

Und du wirst da sein.

Immer rechtzeitig.

Niemals zu früh.

Nie zu spät.

Ich bin schwach.

Wie schwach zu glauben, dass meine Stärke trägt.

Die hat Grenzen.

Wir sind nicht dazu geschaffen, Dinge allein zu schaffen.

Du bist der Schöpfer.

 

Gott, ich habe keine Kraft.

Aber du schenkst sie mir.

Jeden Tag aufs Neue.

Denn deine Kraftzeigt sich in meiner Schwäche.

Wenn ich schwach bin, bin ich stark.

Kraftvoll.

 

Volle Kraft voraus.

Aber nie mehr schneller als du. Und nie zu langsam. Möchte Pause machen, auch im Warten kann man wachsen. Und schneller rennen, wenn ich Gefahr laufe dich zu verlieren. Ich möchte Berge erklimmen mit dir, Täler ertragen, die Aussicht genießen. In Wüstenzeiten auf dich vertrauen und näher an dein Herz kommen, wenn die Welt zu laut wird. Bei dir komm ich zur Ruhe. Bei dir komme ich an.

Bei dir bin ich zu Hause.

Bei dir bin ich Ich.

Ich muss zwar noch viel lernen, um zu werden.

Aber ich bin schon längst.

Ein Königskind.

Einzigartig erdacht, liebevoll gemacht.

Geliebt.

Bei dir dürfen wir sein. Und werden.

Du flüsterst uns liebevoll zu:

„Du, du bist genug.

 

Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.

In Liebe

Gott.“