Schmuckband Kreuzgang

Die Rochuswallfahrt wird zum Rochusfest

Die Rochuswallfahrt beginnt am Feste des hl. Rochus morgens um 6 Uhr mit einer sakramentalen Prozession zur St. Rochuskirche. Dort ist feierliches Hochamt und Predigt, danach eine viertelstündige Pause; hierauf wird Te Deum laudamus gesungen und dann zieht die Prozession zurück.

An diesem Ablauf hat sich 100 Jahre lang wohl nichts geändert, - lediglich die Prozession startet eine Stunde später - wie dem Bruderschaftsbüchlein aus dem Jahre 1767 zu entnehmen ist.  Danach startet morgens um 7 Uhr die feierliche Prozession von der Pfarrkirche zum Rochusberg. Dort wird an der St. Rochuskapelle Hochamt und Predigt gehalten, darauf das Te Deum laudamus gesungen und nach dem Segen mit dem Hochwürdigsten Gut (Monstranz mit der konsekrierten Hostie) die Prozession nach Bingen zur Pfarrkirche wiederum zurückgeführt.

D. h. zu Beginn war die Wallfahrt mit Prozession eine reine sakramentale Angelegenheit. Man pilgerte zum Rochusberg, nahm am feierlichen Hochamt mit Predigt teil und kehrte nachdem das Te Deum gesungen war nach kurzer Pause wieder nach Bingen zurück.

Rochuskapelle mit Zapfhütte um1887 (c) Slg. StA
Rochuskapelle mit Zapfhütte um1887

Werdegang

Erst ab 1730 gab es die Möglichkeit in der Pause ein Glas Wein zu trinken. Zu Beginn  gab es nur eine einzige Weinhütte, die "Zapfhütt“ genannt wurde, in der nur Wein ausschließlich aus den zu der St. Rochuskapelle gehörenden Weinbergen verzapft werden durfte. Diese Hütte wurde alljährlich von 1732 bis 1739 von Christian Hauser aufgeschlagen. So erlöste man in der Zeit von 1730 bis 1750 zu Gunsten der Rochuskapelle 1492 Gulden aus diesem Weinverzapf. Im Jahr 1785 kam der Brauch auf, in der Zapfhütt auch Bratwurst zu verkaufen; Lieferant war damals der Metzger Peter Lunkenbein. So entwickelte sich die Rochuswallfahrt zu einem Rochusfest mit weltlichem Charakter. Neben dem Weinzelt hatten dann Krämer, Bäcker, Metzger und andere Geschäftsleute ihre Stände in der Nähe der Kapelle mit einem damals sehr geringen Standgeld von nur 1 Gulden für alle Stände. Man legte großen Wert auf die Trennung zwischen sakramentaler Wallfahrt und den weltlichen Feierlichkeiten.

Dies wurde schon zu Anbeginn mit der besonderen baulichen Lageanordnung der Rochuskapelle erreicht. Während es üblich ist, die Kirchen in östlicher Richtung zu erbauen, in Europa in Richtung Sonnenaufgang, wurde schon die erste Rochuskapelle - wie auch die folgenden - in nördlicher Richtung ausgelegt. Mit dieser besonderen Lage auf dem Hochplateau des Rochubergs wurde eine klare Trennung zwischen kirchlichen und weltlichen Notwendigkeiten der Wallfahrt erreicht. Beide Veranstaltungen können begünstigt durch die großen räumlichen Abständen gänzlich ungestört voneinander durchgeführt werden.

Nicht nur das, wir haben sogar eine gutdurchdachte Dreiteilung, im Osten die kirchliche Veranstaltung, am großen Vorplatz der Rochuskapelle, die Rochi-Kerb und Hochzeiten, die noch einen engen kirchlichen Bezug haben, und im Westen das rein weltliche Rochusfest, eine gelungene Aufteilung, die von den Bingern entsprechend ihrem unterschiedlichen Bedürfnis sehr geschätzt wird. Damit hat das Rochusfest mit Wallfahrt über die Jahrhunderte hinweg und auch heute nichts von seiner ausstrahlenden Faszination eingebüßt. Für die Binger ist es ein fest eingeplantes Ereignis im Jahresablauf.

Die St. Rochi Zapfhütt

Im 18. Jahrhundert wurde sowohl am Rochusfest als auch am Kirchweihfest nur Wein ausgeschenkt. Bis zum Jahr 1785 durfte am Rochusfest nur in einer einzigen Weinhütt, der "Zapfhütt", Wein verzapft werden, der in dem der St. Rochuskapelle gehörenden Weinberg gewachsen war. Nur in schlechten Zeiten durfte der Provisor der Kapelle Wein hinzukaufen. Der aus dem Rochus-Weingarten geernteten Wein bewahrte der Provisor in seinem Keller auf.

Diesen Wein trank man, sowohl am Rochusfest als auch am Kirchweihfest aus irdenen Krügen, die Eigentum der Rochuskapelle waren und nach Bedarf von Binger Häfner geliefert wurden.

Die Rochuskapelle besaß schon seit 1709 einen St. Rochi-Weingarten, der im Osterberg der Büdesheimer Gemarkung lag und eine Fläche von 146 Ruthen umfasste. Doch 1788 kam der Stadtrat von Bingen zu der Ansicht, dass sich dieser Weingarten nicht rentiere und so wurde er für 300 Gulden an den Binger Ratsherrn Adam Soherr versteigert.

Bis dahin war es Brauch, dass man nüchtern mit der Prozession zum Berg aufstieg und erst nach dem Pontifikalamt eine Stärkung in der nur viertelstündigen Pause an der Zapfhütte  zu sich nahm, bevor es nach Bingen zurückging. Aus der viertelstündige Pause wurde dann ab 1788 das heutige wogende Treiben in einer Zeltstadt. Von nun an war es auch Brauch Bratwürste in der Zapfhütte zu verkaufen. Die Zapfhütte selbst war nur eine mit einer Zeltplane überdachte Stelle, um Schutz vor Witterungen und Regen zu bieten. Man holte dort seine Getränke ab, um sich dann in der Nähe mit Bekannten niederzulassen, wie die obige Zeichnung eines Unbekannten es aufzeigt.

Als dann Weinzelte und Verköstigungsstände aufkamen, könnte es sein, dass die Weinzeltbetreiber dann nicht mehr verpflichtet waren, nur Weinbecher von der Rochuskapelle zu verwenden.