Schmuckband Kreuzgang
2020-Betlehemskapelle-2 (c) Rochusbruderschaft

Die Bethlehemskapelle vor der Rochuskapelle

Ursprung der Bethlehemskapelle

Die Kreuzfahrer des ersten Kreuzzuges richteten bei ihrer Eroberung in Jerusalem ein furchtbares Gemetzel an. Bei ihrer Heimkehr versuchten viele Ritter ihre Schuld dadurch zu sühnen, dass sie in Erinnerung an ihrem Aufenthalt im heiligen Land Betlehemskapellen stifteten.

Dies dürfte auch der Ursprung der Betlehemskapelle auf dem Hesselberg gewesen sein (Hisselberg; in alten Zeiten Eisenberg genannt, der dann mit dem Bau der Rochuskapelle Rochusberg umbenannt wurde). Wann dieses Wallfahrtsheiligtum erbaut wurde wissen wir nicht. Zum ersten Mal wird eine Betlehemskapelle im Jahr 1406 erwähnt. Sie war im Jahre 1417 vom Erzbischof Johann II. samt ihren Einkünften dem St. Martinsstift zu Bingen einverleibt worden, um die durch den Brand von 1403 ruinierte Stiftskirche wieder herstellen zu können. Diese Inkorporation bedeutete, dass die Einkünfte der Betlehemskapelle nicht mehr für die Kapelle selbst, sondern für den weiteren Aufbau der Stiftskirche verwendet wurden. 1427 wird diese Inkorporation durch den Erzbischof Konrad III. erneut bestätigt. Danach hören alle näheren Nachrichten über diese Kapelle auf; wahrscheinlich wurde sie im Laufe der Zeit zerstört oder zerfiel von selbst. Sie lag auf dem höchsten Punkt des Eisenbergs, auf der „obersten Staig“.

Rochuskapelle an der Stelle der ehemaligen Bethlehemskapelle

Als der Binger Amtmann Baron von Dehren in der ersten Augustwoche des Jahres 1666 einen günstigen Platz für die versprochene Kapelle suchte, entschied man sich für die „oberste Staig“. Da dieses Gelände im Jahr 1417 in den Besitz des Stiftskapitels übergegangen war, standen diesem Standort auch keine privatrechtlichen Besitzverhältnisse entgegen. Ob es da noch Reste von der ehemaligen Bethlehemskapelle gab, ist nicht überliefert. Da nach der Kirchenbautradition Kirchen und Kapellen nach Osten ausgerichtet wurden, die erste und folgenden Rochuskapellen aber eine Nord-Südlage haben, besteht die Vermutung, dass noch vorhandene Fundamente der Bethlehemskapelle mitverwendet wurden. Diese Nord-Süd-Ausrichtung sollte sich in der Folge als sehr positiv erweisen, für die Trennung des kirchlichen vom weltlichen Festplatz.

Die Bethlehemskapelle geriet in Vergessenheit, denn an ihrer Stelle standen nacheinander die drei Rochuskapellen. Erst mit der Zerstörung der zweiten Rochuskapelle durch Blitzschlag im Jahr 1889 und der Entscheidung, wo die neuere größere Rochuskapelle errichtet werden sollte, wurde die Idee geboren, in dem größeren benötigten Vorplatz der Rochuskapelle eine Erdkapelle zu integrieren.

 

2020-Betlehemskapelle (c) Rochusbruderschaft

Neue Bethlehemskapelle als Erdkapelle

Die Lösung des Architekten Meckel ist genial. Die Erdkapelle, die sofort in Erinnerung an die mittelalterliche Betlehemskapelle diesen Namen bekam, bildet sozusagen den Lebenslauf Jesus ab. Im unteren Teil der Kapelle wird die Geburt Christi dargestellt und mündet in vertikaler Richtung in eine Darstellungsgruppe des Todes Christi auf dem Vorplatz und darüber angeordnet finden wir die Gestalt des Auferstanden. Dies alles integriert in eine Art Laterne, die gleichzeitig für die Durchlüftung der Kapelle sorgt und von oben Licht in die Kapelle wirft. Zudem ist die Darstellungsgruppe auf dem Vorplatz „Jesus wird ins Grab gelegt“ die letzte Station des Kreuzwegs. Dieser Kreuzweg beginnt unten am Eingang der Erdkapelle und endet oben wiederum an der Erdkapelle.

Nach Fertigstellung der Bethlehemskapelle unterblieb die Innengestaltung mit Ausnahme des Altars. Im Laufe der Jahrzehnte verkam die Kapelle immer mehr zu einem Abstellraum, insbesondere die eindringende Feuchtigkeit richtete immer mehr Schäden an. Durchreisende übernachteten in der Bethlehemskapelle und scheuten sich nicht, dort ein Feuer anzuzünden, um sich zu wärmen oder ein Süppchen zu kochen. Dieser Zustand änderte sich auch nicht, als 1920 die beiden Friedhöfe links und rechts des Eingangs angelegt wurden.

 

2022-Grablegung Jesus (c) Rochusbruderschaft - Wolfgang Vollrath

Bethlehemskapelle als Maria-Schnee-Kapelle

Erst im Jahr 1960 wurde die Bethlehemskapelle renoviert. In diesem Jahr verwirklichte der Oblatenpater Paul Schulte, genannt der „Fliegende Pater“, in der Betlehemskapelle einen Lieblingswunsch, er gestaltete sie zu einer Missionskapelle um. Man nannte sie die „Maria-Schnee-Kapelle“, zurückzuführen auf seine Tätigkeit. Denn er rüstete die Überseegebiete mit modernen Verkehrsmitteln aus, wirkte 1936-1939 in Kanada, unternahm Versorgungs- und Rettungsflüge in der Eskimomission, war von 1941 bis 1945 in den Vereinigten Staaten interniert, wo er die Wallfahrt „Maria-Schnee“ gründete, Missionen in schneebedeckten Regionen, die sogenannte Eismission. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück und gehörte von 1956-1966 der Hausgemeinschaft des St. Rupertskloster an, wo er aufgrund seiner vielfältigen Arbeiten aber selten vorzufinden war.

Die Maria-Schnee-Kapelle wurde umgestaltet. Über dem Altar wurde eine Kopie des Gnadenbildes angebracht, der Tabernakel erhielt die Form eines Iglu (Eskimo- (Inuit) Schneehütte). In den Seitennischen wurde eine Stue der hl. Theresia von Lisieux und eine Statue des hl. Josef aufgestellt, der neben dem Jesuskind auch noch ein Flugzeug in den Armen trägt. An den Wänden waren in verschiedenen Sprachen zu lesen: „Geht, predigt, tauft“. Die Wände des Eingangs schmückte eine Weltkarte mit der Darstellung der weltumspannenden Missionsarbeit der Kirche, wo insbesondere das Flugzeug zum Einsatz kam. Viele Jahre besuchten Missionsfreunde die Kapelle.

Eindringende Feuchtigkeit ruiniert die Kapelle

Doch diese Maria-Schnee-Kapelle war schon nach 20 Jahren wieder teilweise bis zur Unkenntlichkeit durch Feuchtigkeit zerstört. Über die aufwendigen Sanierungsarbeiten am Vorplatz ab dem Jahr 1986 und an der Betlehemskapelle zur Herrichtung für die 100jährige Festveranstaltung der Rochuskapelle im Jahr 1995, wurde an anderer Stelle ausführlich berichtet. Die Einweihung der restaurierten Kapelle konnte schon zum Rochusfest im Jahr 1989 erfolgen.

Doch auf eine Erneuerung der zerstörten Teile in der Kapelle musste verzichtet werden. Aus der Maria-Schnee-Kapelle wurde wieder die Betlehemskapelle mit der Geburt Christus im Mittelpunkt. In der Mitte des Oktogons der Kapelle steht jetzt eine von der Kreuzschwestern des Rochusbergs gestiftete Stele, die der Bildhauer Josef Welling aus Koblenz geschaffen hat. Diese Sansteinstele (sprechender Stein mit Botschaften) trägt vier Bronzetafeln mit vollplastischen Figuren,

1989-restaurierte Bethlehemskapelle (c) Rochusbruderschaft

Diese Bildtafeln sind beleuchtet und Sitzbänke in den Nischen des Oktogons laden zum meditativen Ausruhen ein.

1989-restaurierte Bethlehemskapelle-Gruppe1 (c) Rochusbruderschaft

Die Verkündigung in Nazareth

1989-restaurierte Bethlehemskapelle-Gruppe2 (c) Rochusbruderschaft

Geburt Jesus in Bethlehem

1989-restaurierte Bethlehemskapelle-Gruppe3 (c) Rochusbruderschaft

Die Anbetung der Magier

1989-restaurierte Bethlehemskapelle-Gruppe4 (c) Rochusbruderschaft

Die Flucht nach Ägypten