Nach der Einweihung der St. Rochuskapelle am 29. Juni des Jahres 1677 durch den Mainzer Weihbischof Gottfried Adolf Volusius feierte man – wie es scheint – bis zum Jahr 1689 alljährlich das Kirchweihfest oder wie die Binger sagen die „St. Rochi-Kirchweyhe“ am Sonntag nach dem Fest der hl. Apostel Petrus und Paulus (29. Juni).
In der Pfarrkirche wird dann die Frühmesse gelesen. Das Hochamt mit Predigt erfolgt auf dem Rochusberg. Eine Prozession gibt es nicht. Die Vesper erfolgt wieder in der Pfarrkirche. Dieses Kirchweihfest muss vorher auf der Kanzel verkündet werden, wie es dem Pfarrbuch von 1680 zu entnehmen ist.
So blieb es bis zum Jahr 1689: Am 4. Juni 1689 steckten die abziehenden Franzosen die Stadt Bingen in Brand. Nur die Pfarrkirche, das hl. Geistspital auf dem Freidhof, der Mainzerhof und das Kaufhaus blieben davon verschont. Die Rochuskapelle wurde zwar nicht in Brand gesteckt, aber sie war offenbar so ruiniert und entheiligt, dass sie einer neuen Einweihung und Consecration bedurfte. Im Ratsprotokoll vom 3. Juni 1698 heißt es, dass der Weihbischof Matthias Starck jüngster Tage die 3 entweihte Altäre wieder concecriet habe. Der Provisor der Rochuskapelle Johann Kilian Kirn nennt hierzu den 30. April 1698 als Consecrations-Tag. Auf drei Urkunden aus Pergament wurde festgehalten, welche Reliquien in die Altäre kommen sollten. Wahrscheinlich erfolgte die Consecration der Kapelle aber erst im August 1698, wohl am 16. August 1698, denn am 12. August traf man noch Vorbereitungen zur Einweihung.
Ab diesem Jahr wurde die St. Rochus-Kirchweihe bis zur Zerstörung im Jahr 1795 daher am Sonntag nach dem Rochusfest gefeiert und zwar in gleicher Weise wie bisher.
Als die Rochuskapelle im Jahr 1814 wieder aufgebaut wurde, konnten die noch vorhandenen Fundamente verwendet werden und insofern gab es keine Grundsteinlegung. Die Einweihungsfeier erfolgte am 15. August 1814. Daher dürfte die St. Rochus-Kirchweihe weiterhin am Sonntag nach dem Rochusfest gefeiert worden sein. Adam Sensig nennt für das Jahr 1815 alle feierliche Messen, die in der Rochuskirche gefeiert wurden. Das Kirchenweihfest wird nicht erwähnt.
Bis 1862 wurden in der Rochuskirche regelmäßig gefeiert: Der Schmerzensfreitag, das Fest des hl. Rupertus am Pfingstmontag, die beiden Rochusfeste und das Fest des hl. Erzengels Michael; 1864 wurde auch das Fest der hl. Hildegard in der Rochuskapelle eingeführt. Doch die von Pfarrer Wagner im Jahr 1862 erlassene und erweiterte Gottesdienstordnung für die Rochuskapelle nennt das Kirchweihfest nicht.
Am 18. Mai 1891, am Pfingstmontag, erfolgte die Grundsteinlegung für die neue heutige Rochuskapelle, welche mit einer Prosession und Festpredigt auf dem Rochusberg gefeiert wurde.
Heutzutage wird diese Grundsteinlegung am Pfingstmontag des Jahres 1891 zum Anlass genommen, um diesen Tag jeweils am Pfingstmontag mit einem feierlichen Gottesdienst und anschließendem Platzkonzert mit Wein, Kaffee und Kuchen auf dem Vorplatz der Rochuskapelle zu feiern. Ausgerichtet wird diese von der Rochusbruderschaft, deren Mitglieder den Kaffee und Kuchen spenden. Es ist die heutige Rochi-Kerb. Man feiert ihn auf dem großen Vorplatz, am Eingang zur Rochuskapelle.
Und so lädt die St. Rochusbruderschaft die Binger jährlich zu dieser Veranstaltung ein.
Beginn der Feierlichkeit ist das festliche Hochamt, welches bei schönem Wetter am Außenaltar um 10 Uhr gefeiert wird. Zelebriert wird der Gottesdienst vom Präses der Rochusbruderschaft, derzeit Pater Elmar Theisen OMI, musikalisch unterstützt durch die Kirchenmusik.
Nach der seelischen Stärkung durch das Wort Gottes laden die Binger Malteser und der Weinsenat Binger Mäuseturm zum Essen und Trinken auf den Vorplatz der Kapelle ein. Deftige Erbsensuppe aus der Gulaschkanone, Grillbratwurst und edelste Tropfen aus den Binger Weinlagen wollen auch die Gaumen der Besucher verwöhnen. Neben der deftigen Kost wird den Gästen auch Kaffee und Kuchen und Rochi-Sekt von der Binger St. Rochusbruderschaft angeboten, ebenso Schriften und Informationen über die Kapelle.
Zur Kurzweil trägt das traditionelle Frühschoppenkonzert der Kirchenmusik bei, insbesondere die Kempter Kirchenmusik hat diese Aufgabe oft übernommen.
Der Reinerlös der Rochi-Kerb ist für die Erhaltung der Rochuskapelle bestimmt.
Rochi-Kerb im Jahr 2006: rechts Pater Dr. Krasenbrink, daneben Ehrenbrudermeister Helmut Conrad