Schmuckband Kreuzgang

Rochusdiener Jung und Zeitzeuge des Brandes

Rochusdiener-Jung-1880
Von:
Rochusbruderschaft

Heinrich Jung, geboren 1853, hat sein Leben in den Dienst der Rochuskapelle gestellt. Obwohl er ein Buchwarengeschäft in Bingen führte, konnte er seiner Leidenschaft nachgehen, sich instensiv um die Rochuskapelle zu kümmern, die er über alles liebte, da er ledig war, und er die Führung des Binger Geschäftes seiner Schwester und jüngeren Verwandten anvertrauen konnte.

Pfarrer Wagner konnte ihn für diese Aufgabe begeistern, ggf. gehörte er auch der Rochusbruderschaft an. So stieg er immer früh morgens zur Rochuskapelle auf, wenn es galt diese für eine Messe oder für Feierlichkeiten herzurichten und zu schmücken. Bei seinem Aufstieg passierte er das Hisselbild, ein Muttergottesbild, welches er grüßte. Dann war er auch schon am Hotel Rochusberg angelangt, wo er eine kurze Rast einlegte und von wo er noch einige Gegenstände mitnahm, die für den Gottesdienst gebraucht wurden.

Als erstes ging es in die Sakristei, einem Anbau der Rochuskapelle und das Stübchen darüber, um die Fensterläden zu öffnen. In der Sakristei wurde alles für den Priester hergerichtet und in der kleinen Küche, durch einen Vorhang von der Sakristei getrennt, der Mokka zubereitet, der mit Backwerk nach der heiligen Messe gereicht wurde. Er war mit vielen Priestern befreundet. Besonders treu waren ihm die Priester aus Bingen und Umgebung.

Auf das Reinigen und Schmücken legte er großen Wert und man arbeitete gerne mit ihm zusammen. Er hatte sich sozusagen einen Stab von Personen aus Bingen, Büdesheim und Kempten herangezogen, die ihm hierbei halfen und die notwendigen Blumen heranschafften. So hatte er insbesondere an Feiertagen viele Hilfskräfte, die ihm halfen, die Rochuskapelle feierlich herauszuputzen. Fahnen schmückten dann die Kirche und den Turm. Die Helfer wurden dann mit Dank entlassen und die Rochusglocke im Dachreiter konnte die Besucher willkommen heißen.

Jung war Küster in der Rochuskapelle, wie man ihn nur wünschen kann. Er fand aber auch viele Wohltäter, um die Ausstattung der Kapelle immer weiter zu verschönern.

Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Kapelle im Jahr 1889 gründlich renoviert und stilgerecht ausgemalt wurde. Der bekannte Maler Martin aus Kiedrich konnte dazu gewonnen werden. Die Arbeiten konnten kurz vor der anstehenden Rochwallfahrt beendet werden. Nur noch wenige Arbeiten standen an den Altären an.

Doch dann kam der verhängnisvolle Tag, an dem sich alles ändern sollte. Als die Arbeiter frühmorgens am 12. Juli zur Kapelle kamen, um die restlichen Arbeiten zu erledigen, ahnten diese noch nichts von dem, was sich oberhalb von ihnen im Dachstuhl abspielte. Dort hatte der Blitz in der Nacht eingeschlagen und das Gebälk begann zu kokeln. Hätten diese dies sofort bemerkt, wäre die Kapelle wahrscheinlich noch zu retten gewesen.

Ebenso ahnungslos war Jung, als er an diesem Tag wie üblich zur Rochuskapelle aufstieg, im Hotel Rochusberg einkehrte, um aus dem Schrank noch einiges herauszuholen, als er vom Fenster aus Rauchwolken aus dem Turm der Rochuskapelle aufsteigen sei. Er meinte, schneller habe er die Kapelle wohl nie erreicht als nach dieser Wahrnehmung. Doch als er ankam, stand die Kapelle schon in Flammen. Der Luftzug durch die geöffnete Haupttür hatte das Feuer erst richtig angefacht. Auch Kempter Wingertsleute bemerkten dieses Szenario und so stürzten auch die alarmierten Kempter zur Rochkapelle. Doch da war die Kapelle nicht mehr zu retten und man begann in aller Eile das schnell Erreichbare herauszuschaffen. Als Jung ankam, wurde gerade unter Anleitung des Kempter Pfarrers Heiermann die Statue des Rochus von einigen Männern herausgetragen. Sie hatten die Tür gerade erreicht, als die Decke einstürzte und weitere Rettungsaktionen unmöglich wurden. Das ganze ehemalige Inventar der Eibinger Klosterkirche, das im Jahr 1814 die Schiffer in die Rochuskapelle geschafft hatten, wurden ein Raub der Flammen. Nur die Bilder der beiden Nebenaltäre, die der heiligen Hildegard und des heiligen Rupertus, sowie zwei andere große Gemälde wie auch das von Goethe gestiftete Bild konnten gerettet werden, da diese wegen der Malerarbeiten in der Kapelle von ihren Plätzen abgenommen waren und an einer günstigen Stelle in der Kapelle aufbewahrt wurden.

Unzählige Binger eilten zur Kapelle, doch es gab nichts mehr zu tun. Alle waren geschockt. Für alle war klar, die Rochuskapelle muss wieder aufgebaut werden. Auch bei den daran anschließenden Neubaumaßnahmen war Jung unermüdlich, um durch Werbung Wohltäter zu Geldspenden zu animieren. Insbesondere sorgte er dafür, dass mit Fortschreiten des Baus auch die Ausstattung der Kapelle vorankam. Gleichzeitig konnte auch der Architekt Meckel sich in vielerlei Hinsicht auf Jung abstützen. Eines lag ihm besonders am Herzen, die Ausführung des Kreuzwegs, der, als er im Jahr 1899 starb, gerade mit den Stationen 1, 12, 13 und 14 vollendet war.

Auch Jung ist einer von vielen, dessen Namen in Vergessenheit geraten ist.

(Entnommen: Katholischer Kirchenkalender der Pfarreien des Dekanats Bingen 1947)