Schmuckband Kreuzgang

Rochusbruderschaft - nach dem Verbot im Jahr 1802

Einige Mitglieder der Rochusbruderschaft vor dem geretteten Goethe-Bild um 1892 (c) Foto: Rochusbruderschaft
Einige Mitglieder der Rochusbruderschaft vor dem geretteten Goethe-Bild um 1892

 

1814 - Rochusbruderschaft wieder aktiv

Die Rochusbruderschaft wurde nach der französischen Herrschaft sofort wieder aktiv und war die treibende Kraft beim Wiederaufbau der Rochuskapelle. Die Rochuskapelle konnte dann mit großer Unterstützung der gesamten Binger Bevölkerung in der kurzen Zeit von Februar bis August 1814 wieder aufgebaut werden, so dass dann am 16. August 1814 viele Pilgerströme aus den Dörfern des Umlands von Bingen und die gewaltige Hauptwallfahrts-Prozession aus Bingen sich in Richtung Rochusberg bewegen konnten. Die Anzahl der Wallfahrer wurde auf 10.000 Teilnehmer geschätzt. Von dieser Wallfahrt gibt es einen hochprominenten Zeugen, den Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der von diesem Rochusfest so beeindruckt war, dass er darüber ausführlich in einem Aufsatz berichtet (siehe Rochuswallfahrt 1814) und den Bingern zudem noch das berühmte von ihm in Auftrag gegebene Rochusbild schenkte.

Am 27. Februar 1815 haben die Rochusbrüder ein singendes Traueramt mit der Orgel gehalten für die verstorbenen Schwestern und Brüder der Bruderschaft.

Von der St. Rochusbruderschaft erfahren wir ab dem Jahr 1802 wieder mehr aus den vorhandenen Rechnungen über Einnahmen und Ausgaben.

Eine Einnahmequelle bildeten die Leichenbegängnisse, denen die Brüder auf Verlangen gegen eine Vergütung mit Fahne und Kerzen beiwohnten. Aus den jährlich heraus gegebenen Bruderschaftsbüchleinen zogen sie auch einen kleinen Gewinn. Ebenso gehörte bis zum Jahr 1829 der Ertrag des Klingelbeutels an den Bruderschaftsfesten der Bruderschaft, doch von da ab flossen diese Opfergelder laut Verordnung der Großherzogl. Provinzialdirektion in den Kirchenfond. Ferner musste jeder Bruder Eintrittsgeld und einen jährlichen Beitrag zahlen (Eintrittsgel bis zum Jahr 1806 2 Gulden 24 Kreuzer, danach 5 Gulden 24 Kreuzer, wenn auch schwankend zwischen 3 und 6 Gulden; im Jahr 1880 waren es 8 Mark). Die Jahresbeiträge schwankten je nach den Bedürfnissen der Bruderschaft.

Größere Ausgaben waren die Anschaffung der Wachskerzen (auch „Flambinen“ genannt), die bei den Prozessionen und Leichenbegängnissen gebraucht wurden. In der Zeit von 1803 bis 1830 lagen diese jährlichen Ausgaben bei etwa 23 Gulden. Die Bruderschaft hatte auch einen Bruderschaftsdiener aus der Reihe der Brüder, der jährlich etwa 11 Gulden erhielt.

Alljährlich ließ die Bruderschaft 5 heilige Messen lesen, die aber nach und nach weniger wurden. Besonders großen Wert legte sie darauf, die beiden St. Rochusfeste hochfeierlich zu begehen. Musik und Schießen gehörten dazu, wie auch eine mehrpfündige Kerze. Auch die Bekleidung der Rochusstatue musste öfters renoviert werden. Die Kleidungsstücke und Goldspitzen waren bezüglich Aussehen, Material und Farbe genau vorgegeben und die Muscheln an der Statue mussten aus Silber sein.

Im Jahr 1822 wurde von der Großherzogl. Regierung zu Mainz verfügt, dass das Rochusfest nur noch am Sonntag nach Maria Himmelfahrt zu feiern ist. Trotz etlicher Bitteingaben vom Bürgermeister Georg Geromont, Pfarrer und fast der gesamten Binger Bevölkerung blieb es dabei.

Im Jahr 1827 wurde eine Bruderschaftsfahne für 191 Gulden und im Jahr 1874 eine neue Fahne für 145 Gulden angeschafft. Im Jahr 1845 gab es dann 4 neue Standarten für 88 Gulden.

Die Rochusbruderschaft erlebte ab dem Jahr 1850 einen neuen Aufschwung durch die hinreißende Festpredigt des Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler. Schon kurz nach seiner Ernennung zum Bischof erschien er am 18. August 1850 als Festprediger zum Rochusfest.

Nach 26 Jahren wieder ein Bischof auf dem Rochusfest, das sprach sich rasch herum, und so strömten von überall her Menschenmengen zum Rochusfest. Ein Augenzeuge berichtete darüber.

Seine Festpredigt am Rochusfest im Jahr 1853 widmete er der Rochusbruderschaft, wo er es verstand die Vorteile und Vorzüge der Rochusbruderschaft eindrucksvoll überzubringen. Aber auch Pfarrer Gardt verstand es in gleicher Weise in seinen Predigten die Gläubigen zu überzeugen. Und so gab es in der Folge 30 Beitritte.

100-jähriges Bestehen der Rochusbruderschaft

Zum 100jährigen Bestehen der Rochusbruderschaft veranlasste Pfarrer Gardt beim bischöflichen Ordinariat, dass die von Papst Benedict XIV. der Bruderschaft verliehenen Ablässe durch Papst Pius IX. am 23. November 1854 erneuert wurden. Doch diese hatten zur Folge, da mehrere Ablässe nur in der St. Rochuskapelle und genau am Titulartag des hl. Rochus erteilt werden durften, dass die meisten Gläubigen nicht in deren Gebrauch kommen konnten, weil seit 1822 das Rochusfest nur noch am Sonntag nach Maria Himmelfahrt gefeiert werden durfte. Dieses Missgeschick wurde durch ein neuerliches Bittgesuch des Bischofs durch die modifizierten und bewilligten Ablässe von Papst Pius IX. am 30. Mai 1856 beseitigt.

Diese Erneuerung der Bruderschaft hatte einen so günstigen Erfolg, dass noch im nämlichen Jahr 1856 sich nahezu 200 Personen in die Bruderschaft einschreiben ließen, von denen natürlich die meisten Mitglieder im weiteren Sinne waren.

Statuten und Regeln der Bruderschaft im engeren Sinne im Jahr 1862

Bisher schienen die Statuten und Regeln der Bruderschaft im engeren Sinne nur mündlich weitergegeben worden zu sein, während für alle Mitglieder ohne Ausnahme die im Bruderbüchlein gedruckten Regeln galten.

Erst im Jahr 1862 setzte der Pfarrer Wagner in eine Vorstandssitzung am 10. Juli für die Mitglieder im engeren Sinne, d. h. für die eigentliche Männerbruderschaft vom hl. Rochus, die sich verpflichten, mit brennenden Kerzen den Prozessionen und gewissen Leichenbegängnissen beizuwohnen, folgende Statuten fest:

Der Vorstand erkennt in dem Pfarrer den von selbst gegebenen Präses der Bruderschaft, der auch in Zukunft die Quartal-Versammlungen leitet.

Der Vorstand erkennt die Zulässigkeit der außerordentlichen Mitglieder an, welche für die Einhändigung ihres Aufnahmescheines einen Beitrag von 30 Kreuzer zu leisten haben. Die ordentlichen Mitglieder zahlen wegen Anspruch auf Begleitung bei der Beerdigung 3 fl. (Gulden) 30 Kreuzer.

Die aufzunehmenden ordentlichen Mitglieder können beim Pfarrer oder bei einem Mitglied des Vorstandes angemeldet werden; jedoch geschieht die Aufnahme durch den Gesamtvorstand.

Die Bruderschaftsmessen sollen am Morgen eines jeden Quartalfestes gehalten werden, wobei die Mitglieder erscheinen sollen. Der Vorstand begleitet bei diesen heiligen Messen und bei den Bruderschaftsandachten den Priester mit zwei Flambeaux zum Altar.

Zugleich wurde beschlossen, dass sämtliche Statuten und Gewohnheiten der Bruderschaft genau revidiert und gedruckt werden sollten. Dieser Beschluss kam aber erst am 26. Dezember 1867 zur Ausführung, indem die damaligen Statuten von der Männerbruderschaft angenommen wurden.

Rituale bei der Aufnahme eines Rochusbruder-Mitglieds

Die Aufnahme neuer Mitglieder umgab Wagner mit einer gewissen religiösen Feierlichkeit. Dieselben bestanden in Folgendem:

Gebet zum hl. Geist; darauf zum hl. Rochus: „L. u. b. Sei uns gnädig, o Herr, und wende die Geißel deines Zornes, welche wir für unsere Sünden verdient haben, durch die Verdienste und Fürbitte des hl. Rochus gnädig von uns ab. Durch Christum ec.“

Vorlesung der Regeln und Statuten, verbunden mit einer entsprechenden Ansprache.

Fragen an die Aufzunehmenden: a) Wollt ihr die Regeln nach Kräften halten? B) Wollt ihr auch die Statuten befolgen? C) Wollt ihr in die Bruderschaft aufgenommen werden?

Alle beten gemeinsam mit brennenden Kerzen in den Händen das apostolische Glaubensbekenntnis und das Vater unser.

Der Präses spricht feierlich eine Aufnahmeformel, überreicht den Aufgenommenen die von ihm unterschriebenen Statuten und schreibt deren Namen in’s Bruderschaftsbuch.

Der Pfarrer Wagner, Mitglied und Präsident der Rochusbruderschaft, tat viel für die allgemeine und lebendigere Verehrung des hl. Rochus und der Rochuskapelle. Er verstand es die Feste der katholischen Kirche prächtig und großartig zu feiern. Für die Rochuskapelle legte er eine bestimmte Gottesdienstordnung fest, dabei legte er auch 2 Termine für das Treffen der Rochusbruderschaft fest, nämlich am 3. Sonntag nach Ostern und am Sonntag nach Peter und Paul. Auf seine Anordnung hin wurden wöchentlich zwei heilige Messen gelesen, indem er weiterhin die Bruderschaftsandachten der St. Rochusbruderschaft, sowie das Amt am St. Michaelsfest in der Kapelle mit Predigten abhielt. Er ist es auch, der im Jahr 1864 das Fest der hl. Hildegard in der Kapelle einführte, wo dann jeweils am 17. September morgens um 9 Uhr in der Rochuskapelle Amt und Predigt gehalten wurden.

Vom Papst bewilligte Ablässe im Jahr 1856

Papst Pius IX. bewilligte am 30. Mai 1856 die Ablässe für die Binger St. Rochusbruderschaft

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Statuten der Rochusbruder-schaft im Jahr 1867

Pfarrer Wagner legte im Jahr 1862 fest, dass sämtliche Statuten und Gewohnheiten der Bruderschaft genau revidiert und gedruckt werden sollten.