Schmuckband Kreuzgang

Die Goethe-Ruhe

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In Erinnerung an den Besuch von Wolfgang Goethe wurde um 1900 im Außenbereich an der Rheinseite in der Nähe des Kempter Eck ein Aussichtpunkt, genannt die "Goethe-Ruhe" errichtet. Das Bild zeigt die heutige "Goethe-Ruhe". Doch wer sich heute dorthin begibt, wird enttäuscht sein, der Pavillon "Goethe-Ruhe" ist verkommen und die Sicht durch die umgebenden Bäume versperrt.

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Die "Goethe-Ruhe" war ursprünlich an einem anderen Platz oberhalb des Kempter Steinbruchs (siehe Abbildung) und dürfte um 1900 errichtet worden sein. 1928 wurden dort Rutschungen durch den von der Fa. Dr. Otto und Co. betriebenen Steinbruch festgestellt. Die Stadt Bingen hatte daraufhin Verhandlungen mit der Firma aufgenommen. Diese hatte angeboten, dass sie einen Teil des Berges, der in der Binger Gemarkung liegt, zum Abbau erwerben möchte und für jede aus dem städtischen Gelände geförderte Tonne Quarzit den Betrag von RM 1.-- vergütet, wobei sie eine Mindesfördermenge von 8000 Tonnen pro Jahr garantiere, d. h. 8000 RM als Einnahme für die Stadt Bingen. Zudem verpflichtete sie sich die Kosten für Abriss und Neubau der Goethe-Ruhe an anderer Stelle zu übernehmen, was in 2 bis 3 Jahren der Fall sein dürfte. Der Vertrag soll eine Dauer von 5 Jahren haben. 1931 war es dann soweit. Der beliebte Aussichtspunkt "Goethe-Ruhe" musste wegen Gefährdung gesperrt werden. 1928 wurde schon ein Plan für den Standort der neuen "Goethe-Ruhe", etwa 100 m  von dem alten Standort enfernt, vorgelegt, der die Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung fand. Der Binger Architekt Fay reichte für den Bau der neuen "Goethe-Ruhe" einen Entwurf ein, der vom Binger Stadtbauamt genehmigt wurde. Dazu musste ein Teil des Föhrenwaldes ausgelichtet werden, damit die Sicht auf den Rheingau und das Rheintal frei war.

Der Steinbruch war vor 1900 im Besitz der Stadt Bingen. Aus ihm wurde für den Bau der neuen Rochuskapelle Baumaterial entnommen. Der Betrieb wurde aber kurz danach aus Gründen zur Erhaltung des Landschaftsbildes eingestellt. Doch 1914 konnte das Unternehmen Dr. C. Otto & Co aus Bochum den Steinbruch erwerben, wo Franz Eberhardt langjähriger Betriebsführer war und 1930 für seine  30-jährige Dienstzeit bei dieser Firma mit einem Ehrendiplom von der Industrie- und Handelskammer Bingen ausgezeichnet wurde. In diesem Steinbruch arbeiteten 70 Arbeiter in drei Schichten. 1940 wurde der Abbau von Felsquarzit eingestellt. Das gewonnene Material wurde über eine firmeneigene Seilbahn zum Rhein transportiert, dort auf Schiffe verladen und zu einer Produktionsstätte in Bochum-Dahlhausen gebracht, wo Silikat für Stahlwerköfen gewonnen wurde. Der Steinbruch ist heute nicht mehr in Betrieb und befindet sich in einem stillgelegten Zustand. 

Steinbruch-Gantenberg (c) Gantenberg
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