Der mit der neuen Rochuskapelle ebenfalls neu angelegte Kreuzweg befindet sich östlich von der Rochuskapelle. Er beginnt im unteren Bereich an der als Krypta ausgelegten Bethlehemskapelle. Der Kreuzweg nimmt dann seinen Lauf durch die parkartige Anlage über den Rücken des Rochusberges und kehrt in einem weiten Bogen zur Rochuskapelle zurück und endet am Aufbau der Bethlehemskapelle neben dem Portal der Rochuskapelle.
Vor dem 17. Jahrhundert hatten Kreuzwege nur 7 Stationen. Danach wurden sie mit vierzehn bebilderten Stationen errichtet. Sie zeigen den Leidensweg Jesu von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zur Kreuzigung und der Grablegung. Auch Bingen dürfte schon frühzitig einen Kreuzweg zur Rochuskapelle und wohl auch mit vierzehn Stationen gehabt haben.
Die älteste Karte von Bingen und Umgebung mit eingezeichneten Kreuzweg-Stationen dürfte die von 1784 sein, die schon oben gezeigt wurde. Der ursprüngliche Binger Kreuzweg des 18. Jahrhunderts war ein langer beschwerlicher Weg. Er begann an der Rochusstraße. Da war diese gesamte Strecke bis zur Rochuskapelle noch ein einfacher unbefestigter etwa 2 km langer Weg und bis zum Eintritt in den Wald gänzlich mit Weinbergen umgeben. Die ersten vier Stationen sind im Stadtplan von Herrn Keuscher aus dem Jahr 1844 noch zu erkennen; eine Station befindet sich an der Rochusstraße und die drei übrigen befinden sich längs der Rochusallee Sie haben einen Abstand von etwa 150 bis 200 m. Auf der Karte von 1784 sind bis zum Hisselbild 8 Stationen zu erkennen. Bis dahin hat man dann etwas mehr als die Hälfte des Kreuzwegs zurückgelegt. Demnach dürfte es längs des weiteren Wegs auf dem Rochusberg weitere Kreuzweg-Stationen gegeben haben.
Die unten gezeigte Skizze zeigt die heutige Rochusallee im Stadtplan von Bingen mit einer Verschneidung des von Dr. Keuscher im Jahr 1844 angefertigten Stadtplans (violetter Bereich). Er zeigt die ersten vier Kreuzwegstationen, die es zur Keuschers noch gab (nummeriert mit 1 bis 4). Die Kreuzwegstation 3 liegt an der Stelle, wo früher das Josephskapellche stand (Rochusallee 12) und Nr. 4 die Kreuzwegstation in der Rochusallee 34, wo bis 1876 das Heiligenhäuschen stand.
Dr. Ludwig Lang berichtet in seinen Erzählungen "Der heilige Rochus und die Rochuskapelle", Augsburg 1860, dass nach den Raubkriegen Ludwig XIV. im Jahr 1690 wieder ruhigere Zeiten eintraten, die Wallfahrten wieder zunahmen und aus deren Fonds die kleinen Heiligenhäuschen am Rochuswege und die Michaelskapelle bei der Rochuskapelle erbaut wurden.
Diese Lithografie von 1830 von einem anonymen Künstler zeigt eine Kreuzwegstation, wie sie für einige Stationen längs des Rochusweges ausgesehen haben könnten.
Nach einer "Oeffentlichen Erklärung über das Projekt eines Kreuzwegs in der Umgebung der Rochuskapelle" des Pfarrers Engelhardt im Binger anzeiger vom 3. März 1897 wurde dieser Kreuzweg, der entlang des öffentlichen Wegs angelegt war, im Zuge des antireligiösen Fanatismus der französischen Revolution, wie auch die Rochuskapelle, um 1795 zerstört. Als Goethe im Jahr 1814 den Rochusberg besuchte, gab es von den Stationen des Kreuzwegs nur noch Bruchstücke. Er bedauerte dies und wünschte dessen kunstgerechte Wiederherstellung. Doch dazu kam es nicht mehr, da der auf den Rochusberg führende Winzerweg in eine Chaussee ausgebaut wurde. Da konnte an eine Wiedererichtuing der Stationen an ihren alten Stellen nicht mehr gedacht werden. Erst mit der Errichtung der neuen Rochuskapelle erwuchs das Verlangen nach einem ebenbürtigen Kreuzweg in der Umgebung der Rochuskapelle.
Pfarrer Engelhadt reichte im Mai 1895 ein Gesuch zur Errichtung eines neuen Kreuzwegs auf dem Rochusberg beim Mainzer Bischöflichen Ordinariat ein. Schon 3 Tage später erfolgte die Genehmigung. Am 9. Juni 1895 konnte der Kreuzweg bereits feierlich eingeweiht werden, Die Stationen waren mit provisorischen Holzkreuzen bezeichnet, die dann durch kunstgerechte Skulpturen ersetzt werden sollten. Doch es solte noch dauern.
Dieser neue Kreuzweg war wieder meisterlich durchdacht und weist eine kunstvolle Mannigfaltigkeit auf. Die üblichen Kreuzwege, insbesondere wenn sie sich in Kirchen befinden, weisen eine gewisse Einförmigkeit in der Gestaltung auf. Es sind meistens 14 Bilder oder Reliefs in derselben Größe. Auch diejenigen außerhalb der Kirche weisen einheitlich gestaltete Bilderstöcke auf, doch nicht so der Kreuzweg auf dem Rochusberg.
Diese Stationen bestehen teilweise aus Reliefs, teils aus Vollfiguren, teils aus Bilderstöckchen oder sind sogar integriert in den Außenbereich der Rochuskapelle bzw. der Bethlehemkapelle. Die Kreuzigungsgruppe, 12. Station des Kreuzwegs, ist Bestandteil des Außenchores, eine Augenweide, was seinesgleichen sucht.
Die 13. Station ist eine zwischen den Strebpfeilern der Rochuskapelle neben der Kreuzigungsgruppe, in die Außenwand eingelassene Reliefgruppe mit Figuren in Lebensgröße. Sie zeigt die Abnahme Jesu vom Kreuz. Die 14. Station ist Teil der Bethlehemskapelle, wieder ein architektonisches Meisterwerk im baulichen Gesamtkonzept. Es zeigt eine steinerne Reliefgruppe mit der Grablegung Jesu, integriert im großen Lichtschacht der steinernen Riesenlaterne der Bethlehemskapelle, links neben dem Portal der Rochuskapelle.
Die Kreuzigungsgruppe wurde erst im Jahr 1898 als 12. Kreuzwegstation wie auch die Grablegungsgruppe oben in der Bethlehemskapelle (14. Station) fertiggestellt. Die Errichtung der Kreuzwegstation 1 neben der Bethlehemskapelle erfolgte im Jahr 1902. Die 13. Station (Jesus wird vom Kreuz genommen), die sich zwischen zwei Außenstreben neben der Kreuzigungsgruppe befindet, wurde erst im Jahr 1910 fertiggestellt. Die restlichen Kreuzwegstationen konnten erst im Jahr 1961 in Form einfacher Mosaikbilder in der Parkanlage ergänzt werden.
Die Errichtung eines Kreuzwegs bedarf der Genehmigung des Bischöflichen Ordinats und ist an Bedingungen geknüpft.
Der Kreuzweg ist nach den hierfür vorgeschriebenen Gebräuchen und Zeremonien von einem kirchlichen Würdenträger, der vom heil. apostolischen Stuhle die notwendige Vollmacht erhalten hat, einzuweihen und kanonisch zu errichten.
Hierüber wird eine Urkunde erstellt.
Kreuzweg 1. Station:
Verurteilung Jesu durch Pontius Pilatus
Kreuweg 2. Station:
Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schulten
Kreuzweg 3. Station:
Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz
Kreuzweg 4. Station:
Jesus begegnet seiner Mutter
Kreuzweg 5. Station:
Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen
Kreuzweg 6. Station:
Veronika reicht Jesus das Schweißtuch
Kreuzweg 7. Station:
Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz
Kreuzweg 8. Station:
Jesus begegnet den weinenden Frauen
Kreuzweg 9. Station:
Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz
Kreuzweg - 10. Station:
Jesus wird seiner Kleider beraubt
Kreuzweg 11. Station:
Jesus wird ans Kreuz genagelt
Kreuzweg 12. Station:
Kreuzigungsgruppe - Jesus stirbt am Kreuz
Kreuzweg 13. Station:
Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt
Kreuzweg 14. Station:
Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt