Schmuckband Kreuzgang

Heutige Rochuswallfahrt

Rochuswallfahrt nach dem Krieg

Die Rochuswallfahrt im Jahr 1945 stand auch im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums der Einweihung der neuen Rochuskapelle. Die Rochuskapelle hatte den Krieg heil überstanden, während die Binger Basilika hart getroffen wurde und beim Luftangriff am 10. Dezember 1944 niederbrannte mit einstürzendem Gewölbe. Am 16.05.1945 stürzte dann noch das letzte Joch des Gewölbes vor dem Hochaltar nieder. Obwohl die Trümmerbeseitigung noch in vollem Gange war, fand wieder eine Prozession statt, bei der der neue Generalvikar Domkapitular Kastell das Allerheiligste trug. Der Abt Sauer vom Jakobsberg hielt das Pontifikalamt. Der Chronist des Rupertusklosters Pater Alexander Paffendorf schreibt dazu: "Den Zeitverhältnissen entsprechend keine äußerlich glänzende Feier. Der lähmende Druck der Notzeit lastete schwer auf allen. Die Kapelle selbst prangte allerdings in schönstem Schmuck. Leuchtende Transparente mit der goldenen 50 kündeten dem Besucher draußen über dem Eingang und im Innern der Kapelle das Jubelfest an Das Wetter war am Eröffnungstag trübe und unfreundlich. Trotzdem war viel Volk auf den Berg gepilgert. Von Bingen kam erstmalig wieder seit Jahren die Prozession herauf, jedoch nicht im Glanz der früheren Jahre."

Doch im Jahr 1946 sollte die Rochuswallfahrt wieder zu ihrem alten Glanz zurückfinden. Der Besuch war so gewaltig, dass alt eingesessene Binger Leute behaupteten, niemals eine solche Menschenmenge am Berg gesehen zu haben. Man schätzte etwa 18-20.000 Pilger. Der Mainzer Bischof Dr. Albert Stohr hielt das Pontifikalamt. Eine von Pater A. Paffendorf für das Jubeljahr 1945 komponierte Festmette konnte erst jetzt uraufgeführt werden, gesungen von dem Binger Kirchen- und Knabenchor unter der Leitung des Musikdirektors Friedrich Becker.

Für das Jahr 1949 gibt es eine ausfühliche Beschreibung des Rochusfestes. Schon in der Frühe zur Rochuswallfahrt herrschte reges Leben und Treiben; gilt es doch noch die Häuser mit Blumen, Teppichen, Heiligenfiguren und Bildern zu schmücken. Ähnlich ist das Gewimmel von Menschen in der Zeltstadt auf dem Rochusberg. Das nutzten etliche, um das in der Rochuskapelle aufgestellte Goethebild näher zu betrachten.
Dann naht die endlos lang erscheinende Prozession mit Kreuz und gelben Fahnen. Eine eingespielte Reihenfolge ist gegeben. Sie beginnt mit der Schuljugend, den Jungfrauen mit Fahnen, die männliche Jugend mit Bannern, die Kirchenmusik mit dem Basilikachor, dann eine große Kerze von einem jungen Mann getragen, Es folgen die Rochuje im Pilgergewand und Stab, dann die Rochusbruderschaft mit dem Standbild des heiligen Rochus. Daran anschließend folgt der Baldachin, umgeben von weißgekleideten Mädchen, mit dem Stadtpfarrer Heberer, der das Allerheiligste trägt. Zu sehen ist dann der Bürgermeister Schäfer mit Vertretern der Behörden und dem Kirchenvorstand, dann eine gewaltige Schar von Gläubigen.
Ein Platz in der Nähe des Außenaltars zu ergattern ist für diese nicht einfach, denn viele haben dort schon mit mitgebrachten Stühlchen Platz genommen. Festprediger ist der Universitätsprofessor Dr. Karl Schmitt aus Mainz. Erst danach erscheint unter feierlichem Geleit der Mainzer Bischof Dr. Albert Stohr, der das Pontifikalamt hält, begleitet mit Gregorianischen Choralgesängen des Basilikachors unter der Leitung des Musikdirektors Becker. Die Stimmung bei strahlendem Sonnenschein ist erhaben, so dass danach mit dem Binger Frohsinn das weltliche Rochusfest ausgiebig genossen werden konnte. Es war ein schöner Tag, ein Tag für die Erinnnerung.

Rochuswallfahrt 1949 (c) Slg Stadtarchiv

Aufstellung an der Basilika zur Rochuswallfahrt 1949 mit den Rochusje und der Rochusbruderschaft

Auch in den folgenden Jahren werden im Kirchenkalender die Rochuswallfahrten als gut besucht bezeichnet, wie auch im Jahr 1952. Das Bild zeigt die Prozession auf dem Rückweg durch die Schlossbergstraße.

1952-Rochuswallfahrt (c) Foto: Sammlg Gundlach

Das Jahr 1954 und 200 Jahre Rochusbruderschaft

Im Jahr 1954 feierte die Rochusbruderschaft ihr 200-jähriges Bestehen. Obwohl es am Rochusfest stark regnete, war auch diese Rochuswallfahrt gut besucht. Und so ist auch für die folgenden Jahren festzustellen, die Binger Rochuswallfahrt hat von ihrem ehemaligen Reiz bis heute nichts eingebüßt. Sie ist immer noch die größte Rochuswallfahrt in Europa. Und so pilgern während der Rochusoktav, die mit dem ersten Sonntag nach Maria Himmelfahrt in der zweiten Augusthälfte beginnt,  alljährlich an die 15.000 Wallfahrer zur Rochuskapelle, um den hl. Rochus zu ehren und ihn um seine Fürsprache bei Gott zu bitten, aber auch um das Gemeinschaftsgefühl der Prozession und des Gottesdienstes mit zu erleben, das besonders dann einen erhabenen Glanz ausstrahlt, wenn die Rochusfeier am Außenaltar durchgeführt werden kann.

Kardinal Dr. Volk auf dem letzten Teil der Pilgerstrecke zur Rochusapelle (c) unbekannt
Kardinal Dr. Volk auf dem letzten Teil der Pilgerstrecke zur Rochusapelle

Das Jahr 1974 mit Kardinal Hermann Volk

Wieder hat sich eine nach Tausend zählende gläubige Pilgerschar auf dem Rochusberg eingefunden, um mit dem Mainzer Bischof und Kardinal Dr. Hermann Volk das Pontifikalamt am Außenaltar zu feiern, assistiert von Stadtpfarrer Frösch und dem Geistlichen Studienrat Müller. Die Liturgie wurde festlich umrahmt mit den Katholischen Kirchenchören Bingen, Büdesheim, Kempten, Bingerbrück und Trechtingshausen unter der Leitung des Studienrats Josef Bredel.

Das Jahr 1985 - 90 Jahre neue Rochuskapelle

Im Jahr 1985 nahm zum ersten Mal der Mainzer Diözesanbischof Karl Lehmann an der Rochuswallfahrt teil. Die Stadt war fahnengeschmückt, die Rochusstatue wurde wieder auf den Schultern der Malteser mitgeführt. Begleitet von dem Geläut der Glocken und den feierlichen Klängen der Kirchenmusik wurden die altbekannten Wallfahrtslieder gesungen. An der Josefkapelle mit dem herrlichen unverbauten Blick ins Rheintal sprach der Bischof den Wettersegen. Immer neue Wallfahrtsgruppen schlossen sich dem mächtigen  Zug zum Rochusberg an, wo weitere Pilgergruppen die Prozession erwarteten. Dekan Hermann-Josef Herd konnte dort zum festlichen Pontifikalamt die Pilgergruppen aus Mainz, Limburg, Trier, Köln und eine große Gruppe der Schlesier aus Groß-Döbern mit ihren Seelsorgern begrüßen. Die Pilgerschar war so groß, dass Pfarrer Herd an die größte Rochuswallfahrt aller Zeiten mit 8 Bischöfen und 25.000 Pilgern vor 90 Jahren zur Einweihung der Rochuskapelle erinnerte.

Das Jahr 1988 - 250 Jahre Rochusstatue

Tausende fanden wieder den Weg zum Rochusberg. Leitwort dieser Wallfahrt war "Wege der Barmherzigkeit". Die wieder mitgeführte rochusstatue wurde genau 250 jahre alt und hochgetragen von de Maltesern, begleitet von Weihbischof Wolfgang Rolly, Monsignore Günther Dufrer und Dekan Hermann-Josef Herd. Und wieder konnte Dekan Herd unter der riesigen Pilgerschar die Pilger aus Schlesien mit den geistlichen Mitbrüdern aus Oppeln begrüßen.

Jahr 1989 - Goethe vor 175 Jahren auf dem Rochusberg

Zu erwähnen bleibt auch, dass ein Jahr später, nachdem Goethe vor 175 Jahren das in der Weltliteratur eingegange Werk seines Besuches der Rochnuswallfahrt im Jahr 1814  beschrieben hatte, 60 Personen der Darmstädter Goethe-Gesellschaft das Binger Rochusfest besuchten, um so auf den Spuren Goethes zu wandeln.

Wiederum zog eine große Menschenmenge zusammen nit dem Speyerer Bischof Anton Schlembach auf den Rochusberg, um dort am Außenaltar das Pontifkalamt zu feiern und der Predigt des Bischofs über das Thema "Verlebendigung des Christums" zu lauschen, so wie Goethe vor 175 Jahren.

Rochuswallfahrt mit dem Mainzer Weihbischof Wolfgang Rolly (c) Gundlach
Rochuswallfahrt mit dem Mainzer Weihbischof Wolfgang Rolly

Rochuswallfahrt 1988 - 250 Jahre Rochusstatue,
getragen von den  Maltesern zur Rochuskapelle

1988-Rochuswallfahrt (c) Gundlach

Mit diesem Jahr konnte der fünfte Renovierungsabschnitt der Rochuskapelle abgeschlossen werden und gleichzeitig die Endphase der Innenrenovierung für das Jubiläumsjahr 1995 begonnen werden, Dazu wurde die Rochuskapelle nach dem Rochsfest mit einem Innengerüst ausgestattet. Trotzdem blieb die Rocchuskapelle weiterhin für Gottesdienste geöffnet.

Das Jahr 1990

Wieder fand eine stattliche Rochuswallfahrt bei schönstem Wetter statt, an der der Limburger Diözesanbischof Dr. Kamphaus teilnahm. Dekan und Geistlicher Rat Herd zeigte sich beim Anblick der riesigen Pilgerschar hocherfreut. Auch wenn das Pontifikalamt wieder am Außenaltar zelebriert werden konnte, war es für die Teilnehmer doch ein Genuss das völlig neugestaltete Innern der Rochuskapelle bewundern zu können. Für die musikalische Gestaltung sorgten neben den Bläsern der Katholischen Kirchenmusik Bingen, die Musikgesellschaft "Minerva" aus Ferden im Lötschental des schweizerischen Kantons Wallis und ein Blasorchester aus Oberschlesien. Die Festpredigt stand unter dem Motto "Dein Glaube hat dich geheilt".

 

Rochuswallfahrt 1989 mit dem Speyerer Bischof Anton Schlembach (c) Gundlach
Rochuswallfahrt 1989 mit dem Speyerer Bischof Anton Schlembach
Weihbischot  Norbert Werbs (c) Gundlach
Weihbischot Norbert Werbs

Das Jahr 1991 - die 325. Rochuswallfahrt

Ein Jahr später war es der Mainzer Bischof Karl Lehmann, der die 325. Rochuswallfahrt begleitete und und seine Predigt im Pontifikalamt vor vielen Tausend Pilgern unter dem Motto "Alles ist Gnade", die Botschaft der unbezahlbaren Heiligen, stellte. Das Wetter war wieder großartig und die altbekannten Pilgern aus Großdöbern nutzten diese Gelegenheit zu einem Treffen der Oberschlesier und einem frohen Wiedersehen. Zwei Jahre später hielt zum ersten Mal ein Bischof aus den neuen Bundesländern, der Weihbischof Norbert Werbs aus Schwerin, das Pontifikalamt. Pater Ivanhoe Charles Allies aus Südafrika sprach in der Rochus-Oktav zum Thema  "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen".

1990-Rochuswallfahrt-Bischof Kamphaus (c) Gundlach

Rochuswallfahrt 1990 mit dem Limburger Diözesanbischof Dr. Kamphaus

1991-Rochuswallfahrt-Bischof Lehmann (c) Gundlach

Rochuswallfahrt 1991 mit dem Mainzer Bischof Lehmann

Das Jahr 1995 - 100 Jahre neue Rochuskapelle

Auftakt der Rochuswallfahrt am Sonntag, den 20. August, war die Prozession von der Basilikakirche zur Rochuskapelle, wo um 10 Uhr das Pontifikalamt mit dem Mainzer Bischof Karl Lehmann stattfand. Die Rochusoktav stand unter dem Motto "Muschel - Hineinhorchen in das Geheimnis Gottes".  Das abschließende Pontifalamt am 27. August wurde mit dem Bischof Josef Shikongo aus Namibia begangen. Ein Höhepunkkt war die Uraufführung des Binger Rochusoratoriums abends am Außenaltar mit bengalischer Beleuchtung

Die heutigen Wallfahrten

Die Wallfahrt beginnt wie seit alters her mit einer feierlichen Prozession, in der die Statue des hl. Rochus von der Basilika St. Martin bis zur Rochuskapelle getragen wird. Sie wird angeführt von Messdienern, der katholischen Musikkapelle und der Rochusbruderschaft in ihrem Ornat; es folgen die Rochusje, Kinder in Pilgertracht mit Pilgerstab und Pilgermuschel, die von vier Männern getragene Rochus-Statue, dann die Geistlichkeit, der Binger Stadtrat mit dem Oberbürgermeister, dem sich dann die zahlreichen Pilger anschließen.

Ein erster Halt erfolgt vor dem Binger Heilig-Geist-Hospital, um für die dortigen Kranken zu beten. Dann schlängelt sich die Prozession den Berg hinauf. Im 19. Jahrhundert passierte die Prozession  auf der Höhe des damaligen Schützenhauses (Rochusallee 35) ein Heiligenhäuschen, welches sich in der Weinbergsmauer befand, wo dann bei der jährlichen Rochuswallfahrt der Heilige Segen gegeben wurde.

Kurz hinter dieser Stelle des ehemaligen Heiligenhäuschens biegt dann die Prozession auf einen links und parallel zur Rochusallee verlaufenden Seitenweg ab. Dort stehen zehn Bildstöcke, die im Jahr 1995 anlässlich des Jubiläums des 100-jährigen Bestehens der Rochuskapelle errichtet wurden. Wiederum war herrliches  Sommerwetter, und so zog wieder eine große Schar von Menschen zusammen mit dem Speyerer Bischof Anton Schlembach auf den Rochusberg, um dort am Außenaltar das Pontifkalamt mitzufeiern und der Predigt des Bischofs über das Thema "Verlebendigung des Christentums" zu lauschen, so wie Goethe vor 175 Jahren.

Am Ende dieses Weges steht die Josefskapelle am Beginn des Rochusbergwaldes. Hier erfolgt ein zweiter Halt, um auch den hl. Josef  um seine Fürsprache zu bitten. Sie wurde am 19. März 1988 eingeweiht.

Danach setzt die Rochusprozession ihren Weg Richtung Rochskapelle weiter fort. Sie passiert dabei eine rechts im Wald versteckt gelegene Kapelle, ein kleines Marienkapellchen, welches im Volksmund Hisselbild (Hißle-Bild) genannt wird und wo einst die Prozession innehielt (siehe Hissel-Bild). Doch auch das ist vorbei. Heute muss man sich zum Kapellchen einen Weg durch das Gestrüpp bahnen und findet ab und zu dort noch ein brennendes Lichtlein.

Dafür entschädigt die heutigen Pilger das helle Läuten der kleinen Glocke am Hildegardishaus der Kreuzschwestern beim Vorbeigehen der Rochusprozession, denn dann weiß man, den beschwerlichen Weg hinter sich gebracht zu haben. Und schon erkennt man die Rochuskapelle in nicht mehr weiter Ferne, die die Pilger mit einem vielstimmigen Glockengeläut begrüßt.

Jetzt ist es Zeit sich einen guten Sitzplatz zu sichern, um der Eucharistiefeier im Rahmen eines Pontifikalamtes, zelebriert von einer großen Anzahl von Geistlichen, beiwohnen zu können. Höhepunkt ist die Predigt, die von einem Gastgeistlichen gehalten wird, meistens vom Bischof von Mainz oder von einem Geistlicher aus einem Bistum, der sich mit der Binger Rochuswallfahrt verbunden fühlt. Wenn diese Zeremonie –wie fast immer – am Außenaltar in der freien Natur weit oberhalb von Bingen von statten geht, ist dies ein erhabenes Gefühl wie bei einer Bergmesse. Und wenn dann das Te Deum erklingt, schallt dieses weit ins Land und dies ist auch das Zeichen für die Ständebetreiber sich auf den Ansturm der hungrigen Pilger vorzubereiten.

Pontifikalamt am Außenaltar im Jahr 2017 (c) Foto: Rochusbruderschaft
Pontifikalamt am Außenaltar im Jahr 2017
1995-Kardinal Lehmann (c) Slg. STA Bingen

1995 Bischof Lehmann  von Mainz, der spätere Kardinal, mit Rochuskrug

2016-Bruderschaft-Rochusallee (c) Foto: Rochusbruderschaft

Rochusfest 2016: Die Rochusbruderschaft auf dem Pilgerweg kurz vor der Josefskapelle