1. Adventssonntag  - Pfr. Stefan Schäfer

Datum:
So. 1. Dez. 2013
Von:
Pfr. Stefan Schäfer

1. Adventssonntag  - Pfr. Stefan Schäfer

 

Liebe Schwestern und Brüder,


das Mathäusevangelium, das uns in diesem Jahr in den Advent hineinführt, hat wenig mit dem zu tun, was uns landauf, landab sonst in diesen Wochen geboten wird:
kein Glühwein und keine Goldsterne, kein tröstlicher Konsum und keine LED- Lichterketten, wie sie, energiesparend und mit warmem Licht, uns seit letzter Woche in der Augustinerstrasse auf unserer Suche nach Geschenken heimleuchten.

Apokalyptisch-unheimlich sind vielmehr die Worte Jesu an seine Jünger. Sie sprechen von Erschütterungen, Nöten, kosmischen Katastrophen:
„ . . . nach den Tagen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen, die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden."

Während wir, mehr oder weniger freudig, versuchen, es uns und unseren Lieben im „Alle Jahre wieder" des Advent und seiner Bräuche ein wenig heimelig und gemütlich zu machen, spricht das Evangelium in bedrohlichen Bildern vom großen Ladenschluss und davon, dass diese Erde und alles, was wir Menschen auf ihr inszenieren, unweigerlich und unerbittlich einmal an ein Ende kommen wird.

Warum? Um uns in Angst und Schrecken zu versetzen?

Das „Zeichen des Menschensohns" wird am Himmel erscheinen und man wird „den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen".
Die Bilder vom Untergang werden nicht aufgelöst, wohl aber überboten durch ein anderes uraltes Bild, durch ein Symbol der Hoffnung:
In einer Wolke hatte Gott sein Volk auf dem Weg durch die Wüste beschattet, von der Wolke Gottes ist Jesus umfangen und den Blicken der Jünger entzogen worden. Von dieser Gotteswolke getragen, wird er wiederkommen, wenn die Erde mit ihrem Latein am Ende ist, um Gottes Maßstab und seine rettende Macht auf ihr zur Geltung zu bringen. Unerreichbar für das Chaos ringsum, erscheint der Menschensohn auf den Wolken des Himmels.

Das ist der Grund, weshalb die Bibel sich nicht scheut, das Ende in den Blick zu nehmen. Das Ende der Zeit, das Ende unseres Lebens und das der Menschheitsgeschichte, das Ende des Fortschritts. Nicht um ein Spiel mit unseren Ängsten zu treiben. Sondern, weil sie auch das Ende von allem noch in der Hand Gottes weiß. Er wird das letzte Wort haben. Sie richtet unsere Hoffnung auf das, was endlich beginnen kann, wenn wir am Ende sind und auf den, der gerade dort auf uns zukommt, wo es von uns aus nicht weitergeht.

Klarer als Menschen früherer Zeiten könnte, wenn wir es nicht immer wieder verdrängen würden, uns vor Augen stehen, dass unsere Welt endlich ist, ihre Ressourcen nicht unerschöpflich sind und dass wir, mit unserer Art zu leben, ihren Untergang geradezu betreiben. Ein Blick in die Zeitung genügt, um die biblischen Bilder von Chaos und Untergang immer wieder in ein aktuelles Licht zu rücken.
Und auch in unserer kleinen persönlichen und privaten Lebenswelt bringen diese Wochen vor Weihnachten mit all ihren falschen Verheißungen einer heilen Welt in bürgerlicher Gemütlichkeit bei manchen die Brüche im eigenen Leben und die Abgründe, über denen wir balancieren nur deutlicher zu Bewusstsein. Nicht wenige gehen mit durchaus gemischten Gefühlen auf Weihnachten zu. Und mancher wünscht im Stillen, es wäre schon alles vorbei.

In all das hinein, was uns von außen und von innen bedrängt und ängstigt, wird uns heute am Beginn des Advent ein anspruchsvolles Evangelium verkündet, eine frohe Botschaft, die an den Erschütterungen des Lebens gerade nicht vorbeigeht:
Sie fordert uns auf, in dem Gewirr dieser Welt auf den Menschensohn ausgerichtet zu bleiben, in allem nach ihm Ausschau zu halten, der alles zum Guten führen wird. Und im Licht dieser Verheißung bis er kommt, d.h. in der kurzen Zeit unseres Lebens, unsere Wege zu gehen: „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe."
Orientierung und Halt gibt uns sein Wort, das nicht vergehen wird. Von ihm geleitet, sollen wir, in dem schönen Bild des Apostels, Christus „anlegen" wie ein neues Gewand, d.h. den Herrn, der da kommen soll und der unsere Hoffnung ist, jetzt schon für die anderen leben und aufscheinen lassen.
In seinen Tag hinein aufbrechen als Friedenstifter und Barmherzige, als Menschen der Lauterkeit und der Armut des Herzens, als solche, die mit anderen trauern können in einer manchmal trostlosen Welt, im Hunger und Durst nach Gerechtigkeit.
Als Zeugen einer größeren Hoffnung, die über uns selbst und unser Vermögen hinausweist.

Amen