4. Sonntag der Osterzeit - Pfr. Stefan Schäfer

Datum:
So. 21. Apr. 2013
Von:
Pfr. Stefan Schäfer

4. Sonntag der Osterzeit - Pfr. Stefan Schäfer

Liebe Schwestern und Brüder,

Unverwechselbar und völlig einmalig wie ein Fingerabdruck ist die Stimme eines jeden Menschen. Man kann versuchen sie zu verstellen, und doch bleibt sie die eigene Stimme. Sie verändert sich in ihrem Klang und gibt, ohne dass wir es wirklich steuern und beeinflussen könnten, etwas von unserem Innersten preis. Sie hat ihre eigene Färbung, wenn wir zornig sind und eine andere, wenn wir uns ängstigen. Man hört ihr an, wenn wir dem anderen etwas vormachen.
Sie ist ein Ausdruck unseres innersten Wesens. Immer schwingt etwas von uns selbst in unserer Stimme mit und davon, wie wir zu dem stehen, was wir da sagen und zu dem, dem wir es sagen.
Das gilt so sehr, dass man das Wort  „Person" aus dem Lateinischen vielleicht sogar so herleiten könnte: als zusammengesetzt aus „per": durch, hindurch, und „sonare": klingen. „Person" das wäre dann geradezu ein „Hindurchklingen", in dem die Wahrheit eines Menschen,  was ihn trägt und bewegt, das,  was ihn ausmacht, in den Schwingungen und Bewegungen seines Lebens durchklingt, sich ausdrückt und zur Darstellung kommt. Und ein ganz unmittelbarer Ausdruck in dem uns eine „Person" begegnet, sind dann eben der Klang und die Farbe, die Schwingungen seiner Stimme.

Unsere Stimme. Und der Klang der Stimme Jesu.
Von ihr heißt es im heutigen Evangelium: „Ich bin der gute Hirt. Meine Schafe hören auf meine Stimme."
Sie hat ihren eigenen, ganz unverwechselbaren Klang. In ihr klingt durch, wer Gott von Anbeginn für den Menschen ist: Die Liebe, die uns ins Dasein ruft. Das Erbarmen, das uns aufleben lässt und uns einen neuen Anfang schenkt. Jesus, der gute Hirte, ist in seiner Person das „Hindurchklingen", das „Per-sonare" der Wahrheit Gottes über uns Menschen, die in ihm zusammenklingt mit seiner Liebe zu uns.
„Und das Wort ist Fleisch geworden", heißt es im Prolog des Johannesevangeliums. Das Wort, das uns ins Leben ruft, Gott in seiner Liebe zur Welt und zum Menschen: im guten Hirten Jesus begegnet uns dieses Wort in Person.

Erkennen wir ihn am Klang seiner Stimme, wenn wir das Evangelium lesen? Spüren wir, dass da einer spricht, der uns nicht täuscht, der nicht mit verstellter Stimme spricht, weil er etwas von uns will, sondern der wirklich uns meint und uns zu uns selbst ruft, wenn er uns beim Namen ruft? Dass uns hier eine Wahrheit begegnet, der wir vertrauen können?

Keines der kostbaren Worte Jesu, die uns überliefert sind, lässt sich anders hören als so, dass er selbst sich ganz in das hineingelegt hat, was er uns sagt:
„Liebt einander, wie ich euch geliebt habe."
„Erlasst einander die Schuld."
„Gebt, dann wird euch gegeben."
„Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen."

Im Laufe unseres Lebens wird die Stimme des guten Hirten uns immer wieder neu und immer wieder anders ansprechen: Sie klingt anders für ein Kind oder einen Jugendlichen als für den Erwachsenen oder einen alten Menschen. Sie wird unterschiedliche Färbungen annehmen und anderes wird uns ansprechen wenn wir traurig sind und enttäuscht oder voller Hoffnung, glücklich und zuversichtlich. Sie erreicht uns in unterschiedlichen Tönungen und Unterschiedliches wird in uns in Schwingung kommen.

„Gut sollten wir", schreibt der heilige Augustinus, „ diese Stimme kennenlernen, diese glücklich singende, diese stöhnende, diese in Hoffnung aufjubelnde (. . . (oder)) seufzende Stimme. Gut sollten wir sie kennenlernen, sie innerlich vernehmen und sie uns zu eigen machen."

Denn darum soll es uns in unserem Leben als Christen gehen:
Diese Stimme in unser Inneres aufzunehmen, uns von ihr leiten zu lassen, dass sie in uns zum Klingen kommt und wir, von ihr geführt, mit- und füreinander so zu leben versuchen, dass sie durch uns hindurch weiter klingt als die Stimme des guten Hirten, der uns und alle ins Leben ruft !

Amen.