8. Sonntag im Jahreskreis - Pfarrer Stefan Schäfer  Fastnachtssonntag

Datum:
So. 26. Feb. 2017
Von:
Pfr. Schäfer

8. Sonntag im Jahreskreis - Pfarrer Stefan Schäfer 

Fastnachtssonntag

Lesung: Jes 49,14-15 / Evangelium: Mt 6,25-34

 

Alles klar auf der Titanic?
Sorgt Euch nicht! Nur keine Panik!
Ich zieh´die Samthandschuhe an
und geh die Predigt sachte an.

Ich bin wie mich der Herr gemacht
nicht als Morgenmensch gedacht.
Lerchenhaft auf keinen Fall
bin ich eher eine Nachtigall
und es bereitet mir Verdruss,
wenn in der Früh´ich aufsteh´n muss.

Den frühen Vogel frisst die Katz´.
Die Mitarbeiter machen Platz.
So sehr sie ihren Chef verehren,
sind aus Erfahrung sie bestrebt,
meinen Weg erst dann zu queren,
wenn ein Kaffee mir die Stimmung hebt.

So war das. Bis vor ein paar Wochen
'ne neue Ära angebrochen.
Nichts ist mehr so wie ehedem.
Hör ich vom Dom den Gickel kräh´n,
beeil ich mich, gleich aufzusteh´n.
Auf dass mich Morgenluft erquicke,
reiß ich gleich alle Fenster auf.
Inbrunst ergreift mich und ich schicke
ein Stoßgebet zum Himmel rauf:

„Gott sei Dank ist alles da!
Die Vöglein singen, Tirila.
Und dass der Stephansturm noch steht,
zeigt, dass die Welt sich weiter dreht."

Was, wie Ihr ja alle wißt,
nicht mehr ganz selbstverständlich ist.

Am Drücker sitzt im Weißen Haus
ein Typ der da nicht hingehört,
den Namen spreche ich nicht aus:

'Nen Horrorclown, der´s Gruseln lehrt,
der reizbar ist und schnell beleidigt,
hat man als Präsident vereidigt.

Mal ist ein Journalist, der stresst,
Anlass für Frust, der an ihm nagt,
dann, dass Melania ihn nicht lässt.
Auch wenn ihn Langeweile plagt,
weil das Fernsehen nichts Rechtes zeigt,
kann´s sein, dass ihm die Galle steigt.

Dann, oder aus 'nem andern Grund,
tut er in 140 Zeichen,
die für seinen Wortschatz reichen,
der Welt das, was ihm aufstößt kund.

Hass und Gemeinheit als Gewitter
entladen sich jetzt nachts auf Twitter.
Was aber ist, ich frag ja nur,
wenn er nun statt der Tastatur,
so etwas ist schnell geschehen,
ob im Affekt, ob aus Versehen
und weil´s sein Selbstgefühl bestätigt,
einfach den roten Knopf betätigt?

Sagt nicht: „Er wird so weit nicht gehen!"

Ein Narziss, wenn ihn der Spiegel kränkt,
wird nicht bescheiden zu sich sagen:
„Manches ist anders als man denkt.
Ich muss es halt in Demut tragen,
dass ich wohl doch so toll nicht bin,
wie ich gemeint an manchen Tagen!"
Das kommt dem gar nicht in den Sinn.
Eher wird den Spiegel er zerschlagen.

Der Mann tobt wie ein trotz´ges Kind,
wenn ihm wer die Wahrheit sagt.
Ob´s Menschen oder Fakten sind -
Er ist für alles taub und blind,
was seinem Weltbild nicht behagt.

Dem, der noch drauf zu hoffen wagt,
dass mit dem Amt die Reife wächst,
sagt ich nur: „Warte bis demnächst
der Blutdruck durch die Decke jagt,
weil Kumpel Putin ihn erpresst!"

Dass es gescheh´n wird, steht wohl fest.
Das „Wann" steht lediglich in Frage.
Und drum versteht man, wenn ich sage:

Seit jener Inauguration
versetzt mich schon der Klingelton
meines Weckers in Ekstase.
Ich fass mir schnell noch an die Nase:
Es ist kein Traum, ich bin erwacht.
Armageddon ist verschoben.
Es hat heut Nacht noch nicht gekracht!
Wie könnt ich da den Tag nicht loben
und ihm, samt allen seinen Plagen,
nicht fröhlich „guten Morgen" sagen!

Wie sich halt immer wieder zeigt,
hat alles Schlechte auch sein Gutes.
Ich jedenfalls bin guten Mutes
und einem Scherz nicht abgeneigt:

Wie wär´s? Wir schicken ihm ein Schreiben:

„Verehrter Präsident,
lest, oder lasst es bleiben.
Weil von der Welt Ihr nicht viel kennt
und, wie es immer wieder heißt,
man sich ja bildet, wenn man reist,
laden wir Euch herzlich ein:
Groß sind die Statten, mag schon sein,
doch gibt´s da eine Stadt am Rhein,
die hat, that´s true, nicht zu bestreiten,
von vornherein 5 (!) Jahreszeiten!
Dann wächst die Fleischwurst hier auf Bäumen
und unsre Altstadtgassen säumen
nur schöne Frau´n , die Margit heißen.
No fake! Wir können das beweisen!
Noch mehr staunt Ihr, wenn Ihr erst seht,
wie hier bei uns der Zug abgeht:
Man sieht dann Cowboys und Indianer,
dies Jahr auch manchen Mexikaner,
gut gelaunt und ausgelassen,
die sich, wie sonderbar, zudem
auch noch ganz wunderbar versteh´n,
it´s really great, in Menschenmassen,
wie sie vor´s Kapitol nicht passen.
So was habt Ihr noch nicht geseh´n!
Und Ihr, first, Ihr dürft ganz vorne steh´n:
Vor Frau Babbisch und dem andern Zores
als größter Schwellkopp und Matschores.
Ihr müsstet, was soll´n wir noch sagen,
dafür nicht mal 'ne Maske tragen!
Für Euch ist uns hier nichts zu viel!
Was denkt Ihr? Das ist doch ein Deal!
In echter Freundschaft tief verbunden,
die wir hier aufrichtig bekunden,
grüßt Sie und Ihre liebe Frau
die Zugleitung vom MCV."

5 Smilys noch und Daumen rauf.
Dann kommt 'ne Briefmarke noch drauf,
damit, weil mangelhaft frankiert,
die Depesche nicht zum Kriegsgrund wird.
Ist alles schon mal dagewesen!
Doch keine Angst: Er wird´s nicht lesen!

Und überhaupt: es ist nicht angebracht,
dass man sich zu viel Sorgen macht:

Wenn viele sich ein Beispiel nehmen
und so wie ich jetzt früh aufsteh´n
und, statt sich zurückzulehnen,
wachsam sind und widersteh´n,
kann mancher Spuk vorübergeh´n.

mit Donald Trump Perücke:

Er ist schon mächtig, das ist wahr,
hält sich für prächtig, föhnt sei Haar,
damit darin sein Vogel brütet
zum Nest über der Stirn der flachen,
die keinerlei Geheimnis hütet.
Wär´s nicht so traurig, könnt´man lachen :
Er ist letztendlich einfach nur
banal und eine Witzfigur.

Und damit ist in dieser Predigt
Das Thema erst einmal erledigt.

Trump-Perücke ab.
Prediger sitzt jetzt an einem Tisch
und verwandelt sich mittels Perücke in
Pippi Langstrumpf, als die er beginnt Dekrete zu erlassen.

Ich seh´jetzt alles, das ist praktisch,
nicht post-, sondern stets kontrafaktisch:
Es mag ja sein: manches läuft schief,
ich setz´das in den Konjunktiv
und frag als wahrer Realist
nicht nur nach dem, was „Sache ist",
sondern, bevor ich mich beschwere,
zuerst danach, was möglich wäre.

Ich mach mir jetzt die Welt
wittewitte wie sie mir gefällt.
Und damit das schneller geht,
entscheid ich einfach per Dekret
und geb´ als Pippilotta kund:

ICH WÜNSCHE SIE MIR KUNTERBUNT
UND ZWAR AM BESTEN ÜBERALL
UND HIER IN MAINZ AUF JEDEN FALL.

Will man hier in 'ne Weinstubb geh´n,
soll keiner lang allein rumsteh´n.
Der Fremde wird herbeigewunke´,
auf dass auch er die Bretzel dunke
in den Spundekäs am Tisch,
an dem man schnell zusammenrückt.
Und dann unterhält man sich
in einer Sprache, die entzückt:

„Babbelnd" Mainzer sich verbreiten,
was wohl von „Babel" herzuleiten,
wo, weil die Menschen sich verirrten,
einst alle Sprachen sich verwirrten
und Völker auseinanderstoben.

Im „Gebabbel" ist das aufgehoben:
Man weiß nicht immer worum´s geht,
spürt aber, dass man sich versteht.

Und wenn die Unterhaltung stockt,
vielleicht weil da ein Hesse hockt,
wird Riesling an den Tisch gebracht,
weil sauer schließlich lustig macht.

So läuft das hier! So soll´s auch bleiben!
Und deshalb wird laut diesem Schreiben
im Gewölbekeller Weisenau
das Licht erst wieder eingeschaltet,
wenn in diesem tristen Bau
ein andrer Geist als bisher waltet.
Was dies Dekret hiermit erlässt:

BIS MAN DORT NICHT ZUM ZUCKERFEST
EINLÄDT UND DANACH DEN GEWINN,
WAS DEN BOYKOTT VIELLEICHT BEENDET,
GERNE DER FLÜCHTLIGSHILFE SPENDET
GEHT MIR DA KEINER VON EUCH HIN!

Frauke, hör die Signale,
ist es Dir auch nicht recht:
Eure Internationale,
derer, die wieder „völkisch" denken,
die kommt hier ganz schlecht!

Wenn wir in Mainz schon Fahnen schwenken,
dann sind die bunt und es muss echt
unser Lebensgefühl kränken,
wenn Ihr von Volk und Reinheit sprecht!

Wir war´n hier Europäer schon
lang vor der Gründung der Union
und, wenn ich das richtig seh´,
bei Zuckmayer ist´s nachzulesen,
so etwas wie ein Cuvée,
in dem sich die Aromen mischen,
der Völker, die mal hier gewesen.

„Geht", sagen wir der AfD,
„doch anderswo im Trüben fischen,
statt uns Parolen aufzutischen,
die, weil sie Vorurteile schüren,
auch das ist hier noch unvergessen,
niemals zum Guten, unterdessen
gerad´wegs in den Abgrund führen.

Drum geht jetzt dies Dekret noch raus:

PACKT EUCH UND DIE MIT EUCH VERBÜNDET!
WERFT EUER NETZ WOANDERS AUS!
SO IST´S BESCHLOSSEN UND VERKÜNDET
UND MEHR ALS HINREICHEND BEGRÜNDET
UND GILT FÜR JETZT UND ALLEWEIL!

Ich wünsch von hier noch: „Petry Heil!"

Das läuft doch alles wie geschmiert!
Manches wär´noch zu unterschreiben.
Doch weil man sich nicht amüsiert,
wenn ein Vortrag immer länger wird,
beherrsch ich mich und lass es bleiben.
Ich will Euch ja die Zeit vertreiben
und halt´Euch nicht mehr lange auf.

Es folgt jetzt noch ein Schnelldurchlauf:

Es quietscht bei uns die Mainzelbahn
und es rumort im Vatikan.

Dann war da noch der Erdogan
und Lyrik von Jan Böhmermann.
Nach Ankara schreibt der Imam

Mit Pietro fängt Sarah nichts mehr an.
Bei Bret Pit ist oft der Anwalt dran.
Und ruft aus München Horstl an,
fragt sich Frau Merkel und guckt bleiern:
„Vielleicht wär´doch noch irgenwann
eine Obergrenze dran
und zwar für das Geschwätz aus Bayern!"

So könnt´ich lange fort noch fahr´n,
weil viel geschieht so über´s Jahr.

And´res bleibt freilich, wie es war:

Wenn diese Jahr zum Zug ich geh´,
verkleid´ich mich als ECE,
als Einkaufszentrum, das macht Sinn,
damit ich nicht gleich fertig bin!

Ihr habt´s verstanden?
? ? ?
Dann passt auf:
Ich setze gleich noch einen drauf!

Frage:
Warum sah an den tollen Tagen
noch niemand je 'nen Fastnachtswagen
mit Eminenz an Eminenz
der Deutschen Bischofskonferenz?

Antwort:
Es gab dort oftmals zu viel Narren,
die auf dem status quo beharren.
„'Ne Neuerung? Wir sind dagegen!"
Und wenn sie doch mal einig war´n,
sich ein klein wenig zu bewegen,
dann war der Zug längst abgefahr´n .

Ob´s nicht den Kirchenfrust vermehre,
wenn man auch weiterhin all denen,
die einen Neuanfang ersehnen,
stur die Kommunion verwehre.
Viel schöner sei´s doch, wenn man teile,
fragte mittels Hirtenwort
Bischof Lehmann vor 'ner Weile.

Er musste gleichdrauf zum Rapport.

Das ist jetzt 30 Jahre her!
Gut Ding verträgt halt keine Eile.
Inzwischen, sagt, was will man mehr,
stimmen, alles ruft „Juhu!"
die ander´n Bischöfe ihm zu.

Mich persönlich freut das sehr.
Ansonsten juckt´s kaum einen mehr.

Der Geist, der stets unfehlbar weht,
wirkt vielleicht manchmal etwas spät.

Auf den Geist will weiterhin gerne vertrauen,
auf die Weisheit der Kurie aber lieber nicht bauen
und erlass deshalb sicherheitshalber doch noch ein letztes Dekret:

Es ist, wie hinreichend bekannt,
der Bischofsstuhl in Mainz vakant.
Mancher Mitbruder schläft schon seit Wochen mit offenem Fenster,
damit er den Ruf, wenn er kommt, keinesfalls überhört
und durch die Zeitungen geistern Gespenster,
weil man munkelt, wer wohl auf die Liste gehört.

Mir ist das gleich. Was gibt´s für ein größeres Ziel noch auf Erden,
als Pfarrer In St. Stephan und Ignaz zu werden!

Drum hab ich nur einen einzigen Wunsch, einen frommen:
WER AUCH IMMER ES WIRD, ER MÖG´AUS FINTHEN NICHT KOMMEN!

Perücke wird abgelegt. Schlussteil wieder vom Ambo aus.

Manchmal wird man in der Nacht
von Sorgen um den Schlaf gebracht.
Dann wieder ahnt man eine Macht,
die doch über uns und allen
und über das Leben wacht
und spürt, dass einer diese Welt
und auch uns selber, wenn wir fallen,
sanft in seinen Händen hält.

Manchmal verzieht sich die Angst vor dem Morgen
und man lernt zu vertrauen und man fühlt sich geborgen
und spürt, nennt es Glauben, irgendwo ganz tief drinnen:

Auch wenn immer wieder die Falschen gewinnen,
gibt es doch für die keinen Grund zu verzagen,
die sich auf den Weg der Gerechtigkeit wagen:
Wer sich selbst verliert, gewinnt am Ende das Leben
und wer es wagt zu teilen, gar sich selbst hinzugeben,
der wird dabei von einer Wahrheit getragen,
die, gleich was sämtliche Lügner auch sagen,
schon manchmal aufleuchtet in unsrer Zeit.

Und einmal dann in Ewigkeit,
Amen.