Glaubenszeugnis – Lebenszeugnis

Zeitzeugengespräch mit Monsignore Klaus Mayer

Monsignore Klaus Mayer
Monsignore Klaus Mayer
Datum:
Mi. 2. März 2016
Von:
Christoph Stillemunkes
„Ältere und Jüngere müssen mehr miteinander ins Gespräch kommen, damit die Erfahrungen der älteren Generation fruchtbar werden können“, das war der Wunsch von Monsignore Klaus Mayer am Ende eines interessanten Gesprächsnachmittags am 28. Februar in der Mensa des Willigis-Gymnasiums.

Vor zahlreichen Gästen befragte die Theologin Dr. Regina Heyder den 93-Jährigen zu wichtigen Stationen seines Lebens. Anlass dafür waren das 65-jährige Priesterjubiläum Mayers sowie der 50. Jahrestag seines Amtsantritts als Pfarrer von St. Stephan (1965 – 1991), beides  im Jahr 2015. Zu Beginn ging es um den Angriff auf Mainz am 27. Februar 1945, den Klaus Mayer und seine Mutter erlebten. „Es waren die längsten 20 Minuten meines Lebens“, hatte er in der morgendlichen Predigt geschildert. Seine Mutter traf er vor der in Flammen stehenden Wohnung. Von ihrem außerordentlichen Gottvertrauen und Lebensmut zeugen ihre Worte (aus dem Buch Ijob): „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.“ Es folgten die Jahre im Seminar und an der Universität, in ungeheizten Räumen, in die es hineinregnete, unter großen Entbehrungen und mit dem Hunger als ständiger Begleiter, aber getragen von der Freude an Friede und Freiheit. Mit großer Dankbarkeit gedachte er der verschiedenen internationalen Initiativen, von denen wirksame Unterstützung kam. „Die Kapläne waren seine Knechte“, so beschrieb er einen der Pfarrer, bei denen er seine Kaplanszeit zu absolvieren hatte. Die Ansprüche waren offenbar hoch, denn auf die Frage in einem Visitationsfragebogen, wo die Kapläne ihre Freizeit verbrächten, hatte der Pfarrer geantwortet: „Sie haben keine (Freizeit).“ Mit ähnlichen Anekdoten würzte Monsignore Mayer seine Ausführungen, die großes Interesse fanden. Dr. Regina Heyder führte das Gespräch dann zu den Umbruchjahren nach dem Konzil und den damit verbundenen Neuerungen; Klaus Mayer berichtete, dass es außer bei Einzelnen keine besonderen Widerstände gegeben habe. Natürlich nahmen auch die Vorgeschichte der Chagall-Fenster und die Kontakte zu Marc Chagall und seiner Frau, deren Bedeutung Mayer mehrfach unterstrich, eine große Rolle ein. Im Zusammenhang mit der baulichen Sanierung des Ostchors stellte sich auch die Frage nach geeigneten Fenstern. Vorbilder aus Jerusalem und Zürich festigten bei Mayer die Überzeugung, dass Chagall der richtige Künstler ist, um diese Herausforderung zu bewältigen. In dem damaligen Ministerpräsidenten Helmut Kohl und dem damaligen Oberbürgermeister Jockel Fuchs fand er (auch finanzielle) Förderer. Chagalls erste Reaktion auf Mayers briefliche Anfrage war glücklicherweise keine Ablehnung, sondern ließ den berühmten Spalt in der Tür offen, der es ihm erlaubte, durch zahlreiche Kontakte geduldig an dessen weiterer Öffnung zu arbeiten, was bekanntlich auch gelang. Viele hatten es nicht für möglich gehalten, aber es zeigte sich, was Engagement und Leidenschaft vermögen. Und am Schluss waren es weit mehr Fenster des Künstlers bzw. aus seiner Werkstatt als nur die ursprünglich beabsichtigten drei Mittelfenster, die St. Stephan schmücken und zu einem Kleinod machen. Besonders berührend auch die Schilderung vom Begräbnis Vava Chagalls, das Klaus Mayer nur wenige Tage nach einer Operation auf Wunsch der Verstorbenen gestaltete. Die Gäste beteiligten sich rege mit weiteren Fragen. Ein gelungener Nachmittag!

 

Literaturempfehlungen:
Klaus Mayer: Wie ich überlebte. Die Jahre 1933 bis 1945, Würzburg (Echter) 2007

Stefan Schmitz (Herausgeber): St. Stephan in Mainz – Krone der Stadt. Eine Gemeinde im Wandel, Mainz (Bonewitz) 2013