Liebe Schwestern und Brüder,
zu wissen, wohin man gehört, glauben können, dass man erwartet wird, dass es einen Ort gibt, an dem man Zuflucht findet und das Visier hochklappen kann - das ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Wir sehnen uns danach, irgendwo zuhause zu sein, angenommen und angekommen. Nach einem Dach über dem Kopf und mehr noch nach einem Obdach für unsere Seele.
Dann könnten wir Vertrauen fassen und ohne Angst uns dem Leben, seinen Aufgaben und Herausforderungen stellen.
„Meister, wo wohnst du?" Die Frage der ersten beiden Jünger zielt nicht auf Hausnummer und Adresse. Wo Jesus wohnt, ist die Frage nach seiner wahren Heimat, nach dem Mittelpunkt seines Lebens. Zu wem gehört Jesus? Woher stammt er? Worin findet er den Grund des Vertrauens? Woraus lebt er? Vor allem aber zielt die Frage der beiden darauf, ob in dem, worin Jesus zuhause ist, auch sie Raum finden für ihr Leben, ob sie in seiner Nähe geborgen sind und aufleben können.
Und Jesus lädt sie ein: „Kommt und seht!"
Es heißt dann, dass sie mitgingen und lange bei ihm blieben. Offensichtlich ist bei ihm gut wohnen. Als sie von Jesus wieder weggehen und andere treffen, sagen sie ihnen: „Wir haben den Messias gefunden!" Das heißt: Wir haben die Wohnung Gottes unter den Menschen gefunden. Sie hat einen Namen. Sie heißt Jesus von Nazareth.
Machen wir uns die Frage der Jünger zu eigen: „Meister, wo wohnst du?" „Kommt und seht!" sagt er auch uns und gibt mit seinem ganzen Leben die Antwort, worin er zuhause ist und wo wir unser Leben bergen dürfen.
Es ist seltsam: Die Frage richtet sich an den, der von sich sagen wird: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester. Der Menschensohn aber hat nichts, wohin er sein Haupt legen könnte." Er wohnt in Gott und Gott wohnt in ihm. Die Liebe Gottes, in der er zuhause ist, macht ihn zum Wanderer ohne festen Wohnsitz, treibt ihn an, die zu suchen, die sich verloren haben, die irgendwie heimatlos geworden sind in ihrem eigenen Leben, die draußen stehen. Er will ihr „Draußen" in ein „Drinnen" verwandeln, ihre Verlorenheit in Heimat und Geborgenheit: Denen, die nicht mehr glauben können, dass irgendjemand sich für sie interessiere, zeigt er, wie unendlich wertvoll sie in den Augen Gottes sind. Er lädt ein, Zuflucht zu suchen, Wohnung zu nehmen in der Liebe Gottes, wie er sie erschließt.
„Kommt und seht!" Durch sein ganzes Leben zeigt Jesus uns einen Gott, der auf der Suche nach dem Menschen ist, uns zu suchen, zu retten und heimzuholen. In unserem Schmerz in unserer Traurigkeit, in unserer Schuld, in allem, worin wir manchmal wie Fremde in unserem eigenen Leben sind, will er uns nahe sein. Wie an die Tür zum Haus des Zöllners Zachäus klopft er auch an unsere Türen, wenn wir uns im falschen Leben eingerichtet haben: „Bei dir muss ich heute zu Gast sein!" Wer diesen Gast einlässt, kann lernen, wieder bei sich selbst zuhause zu sein. Dem macht er Mut, groß von der Liebe Gottes zu denken und dem Geheimnis am Grund unseres Lebens neu auf die Spur zu kommen: dass er da ist, in uns daheim, auch wenn wir uns oft wie in der Fremde fühlen.
Dadurch, dass er uns sucht und nahe kommt, verwandelt sich unsere Fremde in Heimat.
„Seht das Lamm Gottes, das die Schuld und Sünde, das eure Verlorenheit trägt und hinweg nimmt."
Das Gebet, mit dem uns die Liturgie antworten lässt, könnte zum Gebet unseres Lebens werden:
„Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund."
Amen