aus der aktuellen Ausgabe (Nummer 14 | 6. Juli 2025) des Magazins „Glaube und Leben“:200 Quadratmeter Zukunft

Kann man mit einem unscheinbaren Innenhof einen Blumentopf gewinnen? Man kann. Viel mehr sogar. Vielleicht die Zukunft. Auf jeden Fall einen Umweltpreis. Mit einem Gelände zwischen Pfarrhaus und Pfarrheim hatte sich die katholische Kirchengemeinde St. Josef in Darmstadt-Eberstadt im vergangenen Jahr für den Umweltpreis des Bistums Mainz beworben. Das Thema des Wettbewerbs hieß „Klimafolgenanpassung“. Mit ihrem Projekt „grüner Begegnungsraum“ hat die Gemeinde St. Josef die Jury überzeugt.
Rund 200 Quadratmeter mit Walnussbaum, Bambus, Kirschlorbeer und zwei Terrassenflächen – das war die Ausgangssituation. „Nach dem Auszug des damaligen Pfarrers geriet die Fläche aus dem Blick“, erläutert Michael Augenstein, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats. „Das Grundstück war ein geschützter und zugleich verlorener Raum.“ Die Gemeinde plante, die Fläche wieder zu nutzen und einladend zu gestalten. „Dann flatterte der Aufruf zum Umweltpreis ins Haus“, sagt Augenstein. Die Idee zu dieser Umgestaltung des Innenhofs sei dann von Claudia Ehry, Vorsitzende des Fördervereins Katholisch Leben Eberstadt, gekommen.
Doch wie funktioniert Klimafolgenanpassung? Auf rund 200 Quadratmeter? Die Gemeinde machte sich für ihr Projekt viele Gedanken. „Die Tatsache, dass wir mit Lars Albermann einen Diplom-Biologen im Pfarrgemeinderat haben, hat das Projekt sehr unterstützt“, sagt Augenstein. Auch dass die Stadt Darmstadt im vergangenen Jahr viele Aktionen zu dem Thema durchführte, habe das Anliegen beflügelt. „Schatten, Wasser, Biodiversität, Standortgerechtigkeit – das sind die Stichworte des Konzepts“, erklärt Augenstein. Der Walnussbaum sollte als Schattenspender erhalten bleiben. Ebenso ein Feigenbaum. Darüber hinaus ist eine Weinranke geplant. Denn künftig muss als Folge der Erderwärmung mit mehr Hitzetagen gerechnet werden. Vor allem Städte müssen sich davor wappnen. Damit demnächst verschiedene Gruppen der Kirchengemeinde und die Mitarbeitenden des künftigen Verwaltungszentrums den begrünten Innenhof im Sommer nutzen können, ist Schatten sehr wichtig.
Begrünung bringt insgesamt mehr Kühle. Aber nicht jede Pflanze ist an jedem Platz sinnvoll. „Das ist mit standortgerecht gemeint“, erläutert Michael Augenstein. Für das Klima-Konzept galt es, Pflanzen auszuwählen, die zu Eberstadts Sandboden passen. So wurden Salweide, Wolliger Schneeball und Kornelkirsche gepflanzt. Wuchernde Arten wie etwa der Bambus sollten weichen. „Beim Bambus musste fast der Bagger anrollen“, erinnert sich der Verwaltungsrat. Doch es ging gerade noch mit der Spitzhacke und mit der Hilfe von Mitgliedern der Katholischen jungen Gemeinde (KjG).
Zur Hitze gesellt sich in Zeiten der Erderwärmung oft Starkregen. Flächen zu entsiegeln, beugt Überflutungen vor. So kann Regenwasser im Erdboden versickern, statt die Kanalisation zu fluten. Also mussten die Bodenplatten einer der beiden Terrassen weg. Augenstein: „An fünf Samstagen haben wir uns mit jeweils zehn Mithelfenden an die Arbeit gemacht. Mit vielen Leuten ist das machbar.“ Insgesamt 25 Menschen beteiligten sich an den Gartenarbeiten, sagt Augenstein. „Bisher haben wir rund 200 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet. Das hat Spaß gemacht.“ Zusätzlich wurde ein Fachbetrieb für die Pflasterarbeiten engagiert, um Sickerrinnen anzulegen. Ein Teil des Wassers vom Dach des Pfarrheims wird durch diese Rinnen dem Walnussbaum und einer Pflanzfläche zugeführt.
Wichtig war der Kirchengemeinde, den Innenhof pflegeleicht zu gestalten. Michael Augenstein spricht von einem Mentalitätswandel. „Da gibt es immer noch Bilder von französischen Parks und englischem Rasen in den Köpfen. Wir wollten die Bepflanzung so verändern, dass sie ökologisch sinnvoll ist und von selbst wächst.“ Für die wenige übrige Arbeit, so hofft er, finden sich einige helfende Hände.