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Ein fester Platz für den Umweltschutz

Die Pfarrei Heilige Hildegard von Bingen, Rhein und Nahe hat sich Anfang des Jahres neu gegründet. Einen Fachausschuss wie die dortige Gruppe „Laudato si – Schöpfung, Klima, Umwelt“ gibt es nicht oft. Was treibt die Mitglieder an?
Fachausschuss „Laudato si – Schöpfung, Klima, Umwelt“ der Pfarrei Bingen
Datum:
26. Sept. 2025
Von:
Glaube und Leben | Anja Weiffen

Ein gefällter Baum auf einem Kirchengelände – Diskussionsstoff für den Umwelt-Fachausschuss. Ein Beispiel dafür, wie die Sorge um die Natur in einer Pfarrei ins Detail gehen kann. Der Baum wurde aus Sicht des Ausschusses unbegründet gefällt. „Damit so etwas nicht wieder vorkommt, gibt es uns“, sagt Norbert Weißmann. Er gehört dem Fachausschuss „Laudato si – Schöpfung, Klima und Umwelt“ in der Pfarrei Heilige Hildegard von Bingen, Rhein und Nahe, an – der im Bistum Mainz wohl der zurzeit einzige Umwelt-Fachausschuss in einer Pfarrei ist.

Aus sechs Orten kommen die acht Katholikinnen und Katholiken. Ihr gemeinsames Interesse: Sie wollen Umwelt- und Klimaschutz mit ihrem Glauben verbinden. In ihrem Konzept heißt es: „Wir möchten uns selbst und unsere Mitmenschen aus der Kraft des Glaubens heraus zu einem entschiedenen Kurswechsel hin zu einer schöpfungsverträglichen Lebensweise motivieren und gemeinsam mit unserer Pfarrei und anderen gesellschaftlichen Gruppen konkrete Schritte in eine nachhaltige Zukunft gehen.“

Bei einem Gespräch mit fünf der acht Mitglieder erzählen diese von ihrer Motivation, sich für die Umwelt einzusetzen. „Ich bin damit aufgewachsen. Mein Vater hat mir das Interesse an der Natur vermittelt“, sagt Barbara Manthe-Romberg aus Gensingen. Auch beruflich hat sie mit der Umwelt zu tun und arbeitet bei einem kommunalen Spitzenverband im Hochwasserschutz. Norbert Weißmann und seine Frau Michaele haben sich viele Jahre für Menschen in Entwicklungsländern eingesetzt, zuletzt für Menschen auf den Philippinen. „Zunehmend interessierte uns auch das Thema Nachhaltigkeit“, sagt Weißmann. Als Biologe hat er sich unter anderem für die Reduzierung von Tierversuchen eingesetzt und 2024 zusammen mit zwei Wissenschaftlern ein Buch geschrieben, das sich mit Strategien zur Bewältigung der Klimakrise auseinandersetzt. Mit Solaranlage und Elektroauto will das Ehepaar aus Hackenheim auch im Alltag einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Martin Grüger und Matthias Mandel sind auch bei der Binger Churches for Future-Bewegung aktiv. Mandel kann sein ehrenamtliches Engagement gut mit seinem Beruf als Heilpraktiker verbinden. Grüger treibt die Frage um: „Was sage ich einmal meinen Enkelkindern, wenn die Erderwärmung fortgeschritten ist. Sie werden mich fragen: Was hast Du damals gemacht?“ Die Pfarrei-Neugründung brachte die Aktiven zusammen, daraus entstand Anfang des Jahres der Fachausschuss. Kirchliches und umweltbewegtes Engagement gehören für die Mitglieder zusammen. In ihrem Konzept betonen sie: „Schöpfungsglaube ist Kernbestandteil des christlichen Glaubens.“

Bei der Familienwallfahrt des Bistums zum Heiligen Jahr hatte die Gruppe einen öffentlichen Auftritt: An ihrem Stand liegen Bücher zum Thema Nachhaltigkeit parat, Mitglieder stehen zum Gespräch bereit. Eine Kerze mit Schöpfungsmotiven wie Baum und Regenbogen kann mitgestaltet werden. Ein Flyer mit dem Titel „Gib deinen Sachen ein weiteres Leben!“ regt zum Handeln an. Michaele Weißmann hat ihn zusammengestellt. Die Laudato-si-Engagierte, von Beruf Religions- und Biologielehrerin, hat darauf Flohmärkte, Secondhandläden und Repair-Cafés in der Region aufgelistet. Darüber hinaus hatte der Fachausschuss an dem Tag zu einer Pilgerwanderung eingeladen. Eine Installation, die die Gruppe zusammen mit dem Institut für Spiritualität ausgearbeitet hat, ist in der Klosterkirche auf dem Jakobsberg noch bis Anfang 2026 zu sehen.

Um konkretes Handeln geht es dem Ausschuss, genauso wie um Spiritualität. Sie wird als wichtiger Faktor für den Erhalt der Natur empfunden. Dafür haben die Engagierten mit Pfarrei-Patronin Hildegard eine Galionsfigur. Rückenwind kommt von der Amtskirche durch die päpstliche Enzyklika „Laudato si“. Mit Romano Guardini haben sie eine weitere kirchliche Stimme für sich entdeckt, die sie in ihrem Konzept zitieren. „Wir sind wieder bedroht von allen Seiten, freilich durch ein Chaos, das unserem eigenen Schaffen entsprungen ist“, schrieb der Theologe in „Briefe vom Comer See“ vor 100 Jahren und deutete die Umweltzerstörung an. Getragen von solchen Grundlagen wollen die Ehrenamtlichen vor Ort für die Schöpfung einstehen. Wichtig ist ihnen, dass der Ausschuss existiert, „somit kann das Thema in der Pfarrei nicht einfach übergangen werden“, so Mandel. Unterstützung bekommen sie vor allem von einzelnen Personen. So hat der vorherige Kaplan Benjamin Weiß ihr Engagement sehr gefördert.

In der öffentlichen Wahrnehmung überlagern aktuell Kriege und politische Krisen die Bedeutung des Umweltschutzes. Wie ist die Stimmung im Fachausschuss? Martin Grüger antwortet mit einem Zitat von Václav Havel: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.“ Norbert Weißmann findet: „Wir wissen uns verbunden mit Millionen von Menschen rund um den Globus, die sich für den Erhalt der Schöpfung einsetzen – jetzt erst recht!“