Glossar zum Pastoralen Weg

Die Begriffe, die in diesem Glossar verwendet werden, beziehen sich auf die Phasen II und III des Pastoralen Wegs. Sie stellen den aktuellen Stand der Diskussion dar und werden ggf. noch weiterentwickelt.

Der Dienst für die Menschen in allen Lebenssituationen ist elementarer Sendungsauftrag der Kirche. In ihm realisiert sich Nachfolge Jesu Christi. Die Untrennbarkeit von Glauben, Verkündigung und Handeln wird im caritativen Wirken der Kirche konkret erfahrbar. Es ist Ausdruck der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe. In diesem Dienst konkretisiert sich die Weltzugewandtheit von Christeninnen und Christen, die zu einer Solidarität führt mit den notleidenden, hilfebedürftigen und marginalisierten Menschen, die zugleich eine ökumenische Dimension hat.

Biblische Begründung
Die Gründe sind der Glaube selbst, der sich in den neutestamentlichen Zeugnissen der Urgemeinde als zentrale Lebensäußerung der Kirche und des einzelnen Christen findet.
Glaube und Liebe bilden eine Wirkeinheit (1Tim.1,4; 2Tim. 1,13).
Die Untrennbarkeit von Glauben, Verkündigung und Handeln wird im caritativen Wirken der Kirche konkret erfahrbar. 

II. Vatikanisches Konzil
Die engste Verbundenheit der Kirche mit der ganzen Menschheitsfamilie
Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. (…)  
Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden. (Gaudium et spes 1)

Diakonische Pastoral als Entwicklung
Wo die Caritas der Gemeinde mit den diakonischen Herausforderungen des Sozialraums und mit den benachbarten Aktivitäten der organisierten Caritas neu in Kontakt tritt, wo sich andererseits wohlfahrtsverbandliche Caritasarbeit auf Wechselbeziehungen zu den Ortsgemeinden und zu ihrer Caritasarbeit einlässt, dort sind doppelte Entwicklungsprozesse zu erkennen. 
Kirche wird durch Caritas: Gemeinden gewinnen durch Diakonie, hier durch entschiedenes sozialraumorientiertes und politisch-anwaltschaftliches Handeln, neu an Lebendigkeit und Überzeugungskraft (vor sich selbst und vor anderen) und beginnen, sich, auch im Netzwerk von Gemeinden und anderen Kirchorten, Schritt für Schritt diakonisch zu transformieren. Auf der anderen Seite: 
Kirche wird in Caritas. Das heißt: Caritaseinrichtungen oder kirchliche Sozialprojekte gewinnen neu an pastoralem Profil, wo sie sich auf einen originären Kirchen- und Pastoralbezug einlassen. 

Literatur: 

  • Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et spes“. Zitiert nach: Rahner, Karl / Vorgrimler, Herbert: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanums, Freiburg – Basel – Wien 261994, 449ff.
  • Krokauer, Rainer, Diakonische Pastoral 3.0, in: feinschwarz.net, Theologisches Feuilleton, URL:   https://www.feinschwarz.net/diakonische-pastoral-3-0/  (abgerufen am 17.03.2022).

Begriffsdefinition erarbeitet im TPT 1 Sozialraumorientierung und Sozialpastoral (04.03.2020).

Gemeinden sind [Teil-]Gemeinschaften von Gläubigen innerhalb der Pfarrei, die sich um Jesus Christus versammeln. Sie haben den Auftrag, in enger Verbundenheit untereinander und in Zusammenarbeit mit der gesamten Pfarrei die Grunddimensionen kirchlichen Lebens zu verwirklichen: die Praxis der gelebten Nächstenliebe (Diakonia), die Bezeugung des Glaubens in Verkündigung und Katechese (Martyria) und die Feier des Glaubens im Gottesdienst (Liturgia) sowie dadurch und dabei den Aufbau und die Vertiefung der Gemeinschaft mit Christus und untereinander (Koinonia).

Die nähere Umschreibung dieser Teilgemeinschaften erfolgt in der Regel nach territorialen Gesichtspunkten, in anderen Fällen (z. B. Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache, Hochschulgemeinden) auch nach personalen oder anderen Gesichtspunkten.

Die bisherigen „Pfarrgemeinden“ lösen sich also nicht einfach in der neuen größeren Pfarrei auf, sondern sie bleiben lebendige Gemeinden innerhalb der größeren Struktur einer neuen Pfarrei. Es ist also ein ausdrückliches Anliegen im Rahmen des Pastoralen Weges, dass Glaube und Kirche weiterhin in Gemeinden vor Ort gelebt und erlebt werden können.

Die Pastoralraumkonferenz benennt in Phase II die Gemeinden des Pastoralraums. Grundsätzlich gilt, dass die bisherigen Pfarreien, die Gemeinden anderer Muttersprache und die Hochschulgemeinden solche Gemeinden sind. Abweichungen von diesem Grundsatz können sinnvoll sein, wenn sich in bisherigen Pfarrgruppen oder -verbünden eine gute Zusammenarbeit etabliert hat, sich bei sehr großen bisherigen Pfarreien die Benennung mehrerer Gemeinden anbietet oder neue Gemeinden entstehen.

Die Pastoralraumkonferenz legt die Benennung der Gemeinden im Rahmen des Pastoralkonzeptes dem Bischof zur Genehmigung vor. Diese Auflistung der Gemeinden kann durch den Pfarreirat später in Abstimmung mit dem Bischof angepasst werden.

Es können nur Gemeinden benannt werden, für die gilt:

  • Sie bieten die Gewähr der Dauer, indem sie einen genügend großen und stabilen Kreis von Mitgliedern aufweisen,
  • sie gewährleisten im Zusammenwirken mit der Pfarrei einen organisierten und dauerhaften Vollzug der kirchlichen Grundvollzüge,
  • es gibt einen Personenkreis, der bereit ist, für diese Gemeinde als Gemeindeausschuss und/oder Gemeindeteam Verantwortung zu übernehmen.

Für die Erfüllung von Aufgaben für die einzelne Gemeinde können vom Pfarreirat Gemeindeausschüsse eingesetzt werden. Der Pfarreirat beauftragt die Gemeindeausschüsse und nimmt in regelmäßigen Abständen deren Berichte entgegen.

Langfristig wird angestrebt, Gemeindeteams zu bilden, die mit der Verantwortung für die Seelsorge in den Gemeinden beauftragt werden und Anteil an der Leitung der Gemeinde haben.

Das Gemeindeteam ist eine Gruppe von Gläubigen, das vom Pfarrer beauftragt wird, bestimmte Funktionen aus dem Aufgabenbereich der pfarrlichen Seelsorge für den Bereich der jeweiligen Gemeinde ehrenamtlich wahrzunehmen. Das Gemeindeteam hat eine praktisch seelsorgliche Funktion. (Ehrenamtliches Seelsorgeteam vor Ort).

Der Kirchenverwaltungsrat (KVR) wird vom Pfarreirat gewählt. Er vertritt die Pfarrei im Hinblick auf Vermögen, Gebäude und Personal.

Als „Kirchort“ werden im Bistum Mainz alle Einrichtungen und Gruppierungen bezeichnet, die ihren Teil zur Verwirklichung des kirchlichen Auftrags einbringen. Ihr Wirken ist nicht nur vorübergehend und wird öffentlich wahrgenommen und angenommen.

Kirchorte sind wichtige Erfahrungsorte von Kirche [Erfahrungsorte gelebter Nächstenliebe und Orte von Kirche], weil sie die Gemeinschaft der Menschen untereinander und mit Gott ausdrücken und stärken wollen. Mit dem im Bistum Mainz noch recht neuen Begriff des Kirchorts soll die Vielfalt kirchlichen Lebens in den Blick genommen werden. Das Ziel ist dabei eine zunehmende Vernetzung der Gemeinden und Kirchorte im Pastoralraum.

Mit Kirchort wird also ausdrücklich nicht nur ein Ort bezeichnet, an dem ein kirchliches Gebäude, wie z. B. eine Kirche oder Kapelle steht, sondern gemeint sind Orte, an denen sich kirchliches Leben in sehr unterschiedlichen Ausprägungen entfaltet. Es geht auch nicht nur um Orte im engeren Sinne, sondern z.B. auch um Gruppierungen, Angebote oder virtuelle „Orte“.

Gemeinden sind Kirchorte, aber auch andere kirchliche Einrichtungen, Felder kategorialer Seelsorge, Verbände, geistliche Gemeinschaften und christliche Initiativen sowie der Religionsunterricht sind Kirchorte.

  • Mit dem Begriff Kirchort bezeichnen wir kirchliche Einrichtungen wie Ordensgemeinschaften, katholische Kindertagesstätten, katholische Schulen und Bildungseinrichtungen wie Bildungshäuser, Familienbildungsstätten und die Büchereiarbeit sowie Einrichtungen und Fachverbände der Caritas und der korporativen Mitglieder der Caritasverbände.
    Hier ist insbesondere an Einrichtungen der Altenhilfe, der Kinder- und Jugendhilfe, der Wohnungslosenhilfe, der Behindertenhilfe und an die Caritaszentren und Beratungsstellen zu denken.
  • Kirchorte sind außerdem alle Felder der kategorialen Seelsorge, die ihrem Selbstverständnis nach nicht zu einer konkreten Pfarrei gehören, an denen aber Christen haupt- und / oder ehrenamtlich in der Seelsorge wirken. Dies sind die Jugend-, Schul- und Hochschulseelsorge, die Krankenhaus- und Psychiatrieseelsorge, die Seelsorge in Einrichtungen der Altenhilfe und der Palliativmedizin sowie in Hospizen, die Cityseelsorge, die Notfallseelsorge, die Betriebsseelsorge, die Gefängnisseelsorge, die Polizeiseelsorge, die Behindertenseelsorge, die Telefonseelsorge und die Digitalpastoral.
  • Die Jugendverbände des BDKJ und die anderen kirchlichen Verbände, die Orden und anderen geistlichen Gemeinschaften sowie christliche Initiativen sind Orte kirchlichen Lebens und damit Kirchorte.
  • Auch im Religionsunterricht und in den Einrichtungen der theologischen Forschung und Lehre erfüllt sich die kirchliche Sendung; sie bilden daher in einem meist nicht-kirchlich geprägtem Umfeld ebenfalls einen Kirchort.

Natürlich können im Rahmen der jeweiligen Zielsetzung auch Personen, die nicht der katholischen Kirche angehören, in diesen Initiativen, Projekten, Vereinigungen und Einrichtungen mitarbeiten.

Der Begriff „Kirchort“ kann sehr weit gefasst werden und dann auch „Orte“ wie einzelne Familien, Haus- und Gebetskreise, Gruppen und Gremien bezeichnen. Solche „Orte“, die aber wiederum Teil eines anderen Kirchorts sind, sollen im Bistum Mainz nicht als eigene Kirchorte bezeichnet werden. Denn so wäre es kaum noch möglich, einen Überblick über die Kirchorte eines Pastoralraums zu gewinnen, der die Vernetzung untereinander befördern kann. Solche Orte könnte man als Zellen kirchlichen Lebens innerhalb der Gemeinden und Kirchorte bezeichnen.

Die Pfarrei bzw. der Pastoralraum werden von einem Pfarrer geleitet. Ihm zur Seite wird ein(e) Koordinator(in) für den Pastoralraum bzw. die Pfarrei stehen. Für die Verwaltung der Pfarrei gibt es im Vorfeld der Phase III eine(n) Verwaltungsleiter/(in) (beide hauptberufllich, in Stellenanteilen abhängig von der Größe der Pfarrei).

Die Option für die Armen stellt die materiell armen Menschen in den Mittelpunkt. Die lateinamerikanische Befreiungstheologie, in der die Option für die Armen zuerst formuliert wurde, betont, dass Armut mit ihrem täglichen Leid die Zerstörung von Menschen, Familien und Völkern und damit letztlich Tod bedeute. Sie widerspricht damit dem biblischen Gott des Lebens, der in der gesamten Heiligen Schrift eine Vorliebe für die Missachteten und Schwachen hat und sich ihnen in Liebe zuwendet. Die Kirche hat den Auftrag, diese von Gott getroffene Option fortzuführen: „Diese göttliche Vorliebe hat Konsequenzen im Glaubensleben aller Christen“, schreibt Papst Franziskus in Evangelii gaudium (198).

Die Befreiungstheologie analysiert die Ursachen der Armut und scheut sich nicht davor, wie die biblischen Propheten, soziale Ungerechtigkeit und unterdrückende sozioökonomische Strukturen zu benennen. Die Armen sind dabei nicht Objekt einer paternalistisch agierenden Kirche, sondern selbst tragende, aktive Subjekte. Sie tragen ein „evangelisatorisches Potential“ (Puebla 1147) in sich, denn sie „kennen ... dank ihrer eigenen Leiden den leidenden Christus“ (EG 198). Es geht in der Option für die Armen nicht um „ein zusätzliches soziales ‚Arbeitsfeld’ ..., es geht ihr vielmehr um den tragenden Grund, das verbindende und bestimmende ‚Vorzeichen’ vor allen kirchlichen Selbstvollzügen“ (Medard Kehl). Sie konkretisiert sich im alltäglichen Handeln, aber auch in der Symbolik und Kraft des liturgischen Geschehens: in der Feier von Abendmahl und Eucharistie als Erinnerung und Vergegenwärtigung der unbedingten Solidarität Christi mit den Armen und Leidtragenden.

Die „vorrangige Option für die Armen“ ist in den 60er- und 70er-Jahren in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie entstanden. Impulsgebend war die Forderung nach der „Kirche der Armen“, die Johannes XXIII. vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingebracht und von einer Gruppe von Konzilsvätern verfolgt wurde (aufgegriffen am stärksten in LG 8), sowie dann der vom Konzil geforderte Blick auf die im Licht des Evangeliums zu deutenden „Zeichen der Zeit“ (GS 4). Die Zeichen der Zeit wurden in Lateinamerika in der Armut, im Elend der Massen erkannt. Die lateinamerikanischen Bischöfe sprachen bei ihrer Konferenz in Medellín (1968) von einem „Vorrang“ der Armen. In den folgenden Jahren setzte sich in der Befreiungstheologie der Begriff der „vorrangigen Option für die Armen“ durch, den die Bischöfe dann in Puebla (1979) aufgriffen.

Die Option für die Armen bezieht sich auf die „reale Armut“ breiter Massen in Lateinamerika. Diese Armut zeigt sich in täglichem Leid, sie zerstört Menschen, Familien und Völker – letztlich bedeutet sie Tod. Sie widerspricht dem biblischen Gott des Lebens und wird deshalb als „strukturelle Sünde“ bezeichnet. Diesen Armen gilt der „Vorrang“. Die Bevorzugung der Armen hat nichts mit Exklusivität zu tun, sondern möchte betonen, wer in der Solidarität Gottes und in seiner Nachfolge der Kirche an erster Stelle steht. Erzbischof Oscar Romero formuliert: „Wenn sie von den Armen ausgeht, wird es der Kirche gelingen, für alle da zu sein“ (zitiert nach Gutiérrez, 298). Der Begriff „Option“ möchte den einerseits freiwilligen, gleichzeitig aber auch verpflichtenden Charakter einer Entscheidung hervorheben: Die Entscheidung muss jede*r einzelne aus freien Stücken selbst treffen. Es handelt sich aber nicht um eine beliebige Entscheidung, so wie auch die Liebe nichts Beliebiges ist – sondern um eine Option für Gott, der, wie sich in der gesamten Heiligen Schrift zeigt, eine Vorliebe für die Missachteten und Schwachen zeigt und sich ihnen in frei geschenkter Liebe zuwendet. Die vorrangige Option für die Armen ist daher eine „theozentrische und prophetische Option“ (Gutiérrez, 299). „Der Arme wird bevorzugt nicht etwa, weil er notwendigerweise moralisch oder religiös besser wäre als andere, sondern weil Gott Gott ist; ... und für ihn sind ‚die Letzten die Ersten’“ (Gutiérrez, 300).

Die lateinamerikanische Kirche hat die Armut im Licht des Evangeliums gedeutet und als dem Gott des Lebens widersprechend und damit als Herausforderung für christliches Engagement (die Befreiungstheologie betont den Primat der Praxis) und theologische Reflexion erkannt. Es geht in der Option für die Armen nicht um „ein zusätzliches soziales ‚Arbeitsfeld’ ..., es geht ihr vielmehr um den tragenden Grund, das verbindende und bestimmende ‚Vorzeichen’ vor allen kirchlichen Selbstvollzügen. ... Die zentralen Glaubensgehalte und -vollzüge werden grundsätzlich mit der konkreten gesellschaftlichen Situation der Armen verbunden. ... Ihre Perspektive und Erfahrung, ihre Hoffnung auf Heil und Befreiung gelten als Maßstab allen authentisch christlichen Sprechens und Handelns“ (Kehl, 244).

Die Befreiungstheologie analysierte die Ursachen der Armut und scheute sich nicht davor, wie die biblischen Propheten, die Ausbeutung durch die Mächtigen, die soziale Ungerechtigkeit und unterdrückende sozioökonomische Strukturen zu benennen –die Bischöfe sprachen schon in Medellín von einer „institutionalisierten Gewalt“. Die Option für die Armen fordert die aktive Begleitung des Volks im Kampf für die Menschenrechte. Sie hat daher gewaltige Widerstände unter den Mächtigen hervorgerufen; viele lateinamerikanische Christen bezahlten ihren Einsatz mit dem Tod. Allerdings: „Die wirkliche Verfolgung richtet sich gegen das arme Volk, das heute der Leib Christi in der Geschichte ist. Es ist das gekreuzigte Volk“ (O. Romero, zitiert nach: Kehl, 246).

Die Option für die Armen bedeutet, dass die Armen nicht länger Objekt einer paternalistisch agierenden Kirche sind, sondern selbst tragende, aktive Subjekte sind. Sie organisieren sich, um ihren Glauben zu leben und zu artikulieren und aus dem Glauben sowie dem Blick auf die Wirklichkeit entstehende Handlungsoptionen zu leben und sich für die Befreiung einzusetzen. Insbesondere die Erfahrungen der Basisgemeinden haben der lateinamerikanischen Kirche geholfen, das „evangelisatorische Potential der Armen zu entdecken“ (Puebla 1147). Ihnen gilt die Botschaft vom Reich Gottes in besonderer Form, daher sind sie auch besonderer Träger dieser Botschaft. Die Klugen und Weisen müssen in ihre Schule gehen.

Literatur:

  • Gutiérrez, Gustavo: Die Armen und die Grundoption, in: Ellacuría, Ignacio/Sobrino, Jon (Hg.): Mysterium liberationis. Grundbegriffe der Theologie der Befreiung, Band 1, Luzern 1995, 293-311.
  • Kehl, Medard: Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie, Würzburg 42011, 240-246.
  • Kohlgraf, Peter: Nur eine dienende Kirche dient der Welt. Yves Congars Beitrag für  eine glaubwürdige Kirche, Ostfildern 22015, 126-132.

Begriffsdefinition erarbeitet im TPT 1 Sozialrauorientierung und Sozialpastoral (04.03.2020).

Jeder Pastoralraum entwickelt ein Pastoralkonzept. Darin beschrieben sind u.a. eine gemeinsame Gottesdienstordnung, Sakramentenkatechese und Sozialpastoral.

Der Begriff Pastoralraum beschreibt die enge Zusammenarbeit mehrerer bisheriger Pfarreien und Kirchorte. Diese bereiten sich (in Phase II) darauf vor, dass sie neue Pfarreien werden – also Netzwerke von Gemeinden und Kirchorten.

Die Pastoralraumkonferenz ist das zentrale Beteiligungsgremium in den neuen Pastoralräumen. In ihr sind alle Priester und Diakone, Pastoral- und Gemeindereferent(inn)en und viele weitere kirchliche Mitarbeiter(innen) Mitglied. Alle

Pfarrgemeinderäte, Gemeinderäte anderer Muttersprache und Kirchenverwaltungsräte sind vertreten. Hinzu kommen Vertreter(innen) der Caritas-Einrichtungen, der Kindertageseinrichtungen und katholischen Schulen, der Ordensgemeinschaften und katholischen Verbände sowie weiterer Kirchorte.

In jeder Pfarrei arbeitet ein hauptberufliches Pastoralteam (leitender Pfarrer, Pfarrvikare, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferent/innen). Die Mitarbeitenden sind Ansprechpartner für die Gemeinden und haben damit einen lokalen Schwerpunkt. Ihre Aufgabe ist hierbei die Begleitung der ehrenamtlichen Mitarbeitenden und die Einbindung der Gemeinden in die Gesamtpfarrei. Zudem haben die Mitarbeitenden funktionale Schwerpunkte, dies sind beispielsweise Sakramentenkatechese, Sozialpastoral, Koordinierung der liturgischen Vollzüge/ Kirchenmusik). Desweiteren soll innovative Projektschwerpunkte geben.

Die Pfarrei ist eine Gemeinschaft von Gemeinden (den bisherigen Pfarrgemeinden und den Gemeinden anderer Muttersprachen) und weiteren Kirchorten (wie bspw. Kitas, Einrichtungen der Caritas, Schulen).

Der Pfarreirat berät und beschließt die pastorale Arbeit der Pfarrei (zusammen mit dem leitenden Pfarrer und dem Pastoralteam). Er wird von den Mitgliedern der Pfarrei gewählt. Der Pfarreirat kann Gemeindeausschüsse und Fachausschüsse bilden.

Die Pfarrei wird von einem Pfarrer geleitet. Er ist Pastor i.S. can 519ff und verantwortlich für die Seelsorge im umfassenden Sinn can 529 § 1.

Der leitende Pfarrer ist kraft seines Amtes Mitglied im Pfarreirat und  Vorsitzender des KVR. Er ist der Vorgesetzte aller zugewiesenen und angestellten Mitarbeitenden.

Als Leiter der Pfarrei trägt er Sorge für Katechese, Gottesdienste, Sakramentenspendung, die diakonischen Dienste und den Begräbnisdienst. Der leitende Pfarrer kann Aufgaben an die pastoralen Mitarbeitenden bzw. den Verwaltungsleiter delegieren.

In Phase II des Pastoralen Wegs heißt der/die künftige Pfarrkoordinator/in zunächst Koordinator/in des Pastoralraums. Er/sie hat die operative Prozessleitung im Rahmen des Pfarreiwerdungsprozesses. In beiden Phasen ist er/sie zuständig für die inhaltliche Mitgestaltung, Begleitung und Administration der Gremien, Organisation von Qualifizierungen für Haupt- und Ehrenamtliche,  Kontaktarbeit zu kategorialen Aufgabenfeldern, Öffentlichkeitsarbeit, Management von thematischen Schwerpunkten und anfallenden Projekten und Netzwerkarbeit.

Pfarrvikare sind mitarbeitende Pfarrer und arbeiten im Team zusammen mit allen anderen Seelsorger/innen im Hinblick auf lokale oder funktionale Schwerpunkte. Sie erhalten mit ihrem bischöflichen Dekret gem. can 548 ggf. eine spezielle Delegation in Bezug auf die Vertretung des leitenden Pfarrers.

Zu den folgende Themen werden in Phase II Projektgruppen in den Pastoralräumen eingerichtet:

  • Neugründung
  • Verwaltungsbüro
  • Gottesdienste
  • Katechese
  • Sozialpastoral

Projektgruppen zu weiteren Themen im Pastoralraum sind möglich.

 

Das Bistum Mainz wird künftig in vier Regionen untergliedert. Die Regionalebene fördert die Zusammenarbeit und Vernetzung, unterstützt die haupt- und ehrenamtlich Handelnden in den Pfarreien und ergänzt deren Arbeit. Die Regionalebene soll eher eine koordinierende Funktion haben. Schwerpunkte sind pastorale Innovationsförderung, Ehrenamtsförderung durch Qualifizierung von ehrenamtlichen Diensten in den Pfarreien, Begleitung und Unterstützung von hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter(innen), Unterstützung von Kooperation der Kategorialen Seelsorge untereinander und mit den Pfarreien und Katechumenat und Glaubenskommunikation mit (jungen) Erwachsenen. In jeder Region gibt es einen hauptberuflichen Regionalkoordinator/Regionalreferenten.

Sozialpastoral ist das Bemühen, die Option für die Armen in allen Bereichen des kirchlichen Handelns zur Geltung zu bringen.
(Eine Kirche die teilt. Handreichung für die erste Phase des Pastoralen Weges in den Dekanaten, 6.)

Mit dem Begriff der Sozialpastoral versuchten Vertreter der praktischen Theologie in Deutschland, insbesondere Hermann Steinkamp und Norbert Mette, die Impulse der Befreiungstheologie auf Deutschland zu übertragen.

Die ersten Ansätze einer von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie inspirierten veränderten Pastoral fanden sich insbesondere an der „kirchlichen Peripherie“, in diakonischen Projekten sowie in Basisgemeinden. Doch der Graben hin zum „Zentrum, der Pastoral“ (Mette/Steinkamp, 16) war zu tief, die „Tagesordnung“ (ebd.) zu unterschiedlich, als dass die Impulse der Peripherie im Zentrum aufgenommen worden wären. Immerhin half die Rezeption der Befreiungstheologie dabei, dass die Diakonie als eine der kirchlichen Grunddimensionen stärker in den Blick genommen wurde.

Letztlich führte die Rezeption der Befreiungstheologie in Deutschland zum Gedanken, sich der Theorie der praktischen Theologie insgesamt neu zu vergewissern. Norbert Mette bescheinigte dabei der bisherigen Pastoral, einem „Säkularisierungsparadigma“ (Mette/Steinkamp, 18) verhaftet zu sein: Zentral sei der Gegensatz Glaube – Unglaube, denn die Sorge um den Verlust des Glaubens spiele die dominierende Rolle. Mette schlägt demgegenüber das „Evangelisierungsparadigma“ (ebd.) vor: Das zentrale Gegensatzpaar sei (wie in der Befreiungstheologie) das von Leben und Tod, es gehe darum, die Götzen des Todes zu bekämpfen und zum Gott des Lebens zu führen.

Aus diesen Überlegungen erarbeiteten Mette und Steinkamp das Konzept der Sozialpastoral. Es geht ihnen dabei sehr radikal darum, das bisherige Paradigma kirchlicher Pastoral durch ein neues zu ersetzen. Mette und Steinkamp grenzen die Sozialpastoral dabei auch von der diakonischen Pastoral deutlich ab, denn diese sei dem alten Denkschema verhaftet.

Die Sozialpastoral möchte die prophetischen und messianischen Implikationen des Glaubens in den Mittelpunkt rücken und helfen, das Reich Gottes aufzubauen. Deshalb ist die „gesellschaftliche Transformation auf mehr Gerechtigkeit hin“ (Mette/Steinkamp, 19) das Ziel. Zentrales Instrument ist zunächst die politische Bewusstseinsbildung: Sozialpastoral fängt mit der aufmerksamen Wahrnehmung von Nöten an sowie der Entdeckung von Zusammenhängen und Verflechtungen zwischen Notlagen und gesellschaftlichem Handeln. Daraus werden die politischen Ungerechtigkeiten ersichtlich. Entscheidend für die Sozialpastoral ist dann die Subjektwerdung der Betroffenen, die „Anstiftung der Betroffenen zur Solidarität“ (Steinkamp/Reininger, 16); hier, in der Solidarität der Betroffenen, ist „ein Mehr ... an Heilsnähe zu vermuten“ (Steinkamp/Reininger, 15). Gerade in diesem Punkt grenzen sich die Autoren von der bisherigen „Betreuungs- und Mitgliedschaftspastoral“ (Mette/Steinkamp, 19) ab, denn diese verhindere mit ihren vielen Angeboten die Subjektwerdung der Menschen. Letztlich liegt der Primat auf der konkreten Praxis, die „als Befreiung aus Verstrickungen und Abhängigkeiten und Befähigung zu Mündigkeit und Verantwortung verstanden wird“ (Mette/Steinkamp, 21). In der Sozialpastoral geht es um eine „radikale Umkehr“ (die „Bekehrung durch die Armen und zu den Armen“, Helder Camara, zitiert nach Steinkamp/Reininger, 22); Sozialpastoral müsse „auch an der Veränderung herrschender Bewusstseinsformen zu hautnaher, weltweiter Compassion“ (ebd.) mitwirken.

Peter Kohlgraf spricht in seinem Buch „Nur eine dienende Kirche dient der Welt“ mit Hochachtung von dem Konzept der Sozialpastoral, stellt aber auch fest, „dass die ... Sozialpastoral seit den 70er Jahren in Deutschland nur schwer rezipiert wurde“ (Kohlgraf, 142). „Es scheint realistisch, dass Projekte der Sozialpastoral nicht flächendeckend, sondern von kleinen Gruppen rezipiert werden. ... Es ist jedoch viel gewonnen, wenn derartige Bemühungen gewollt und unterstützt werden“ (Kohlgraf, 142). Näher an den volkskirchlichen Zentren der Gemeinden sei die diakonische Pastoral, stärker an der Peripherie die Sozialpastoral eher möglich. „Auf Dauer wäre eine Vernetzung notwendig, und es wäre unerlässlich, den volkskirchlichen Gemeinden bewusst zu machen, dass sie mit den Menschen am Rande das eine Volk Gottes bilden“ (Kohlgraf, 142).

Literatur:

  • Kohlgraf, Peter: Nur eine dienende Kirche dient der Welt. Yves Congars Beitrag für eine glaubwürdige Kirche, Ostfildern 22015, 139-143.
  • Mette, Norbert/Steinkamp, Hermann: (Kreative) Rezeption der Befreiungstheologie in der praktischen Theologie, in: Fornet-Betancourt, Raoul (Hg.): Befreiungstheologie: Kritischer Rückblick und Perspektiven für die Zukunft. Band 3: Die Rezeption im deutschsprachigen Raum, Mainz 1997, 9-25.
  • Steinkamp, Hermann/Reininger, Winfried: Sozialpastoral: Plädoyer für einen Perspektivenwechsel, in: Reidt, Ingrid/Reininger, Winfried (Hg.): Kirche an der Seite der Armen. Ein Praxisbuch zur Sozialpastoral, Freiburg i. Br. 2013, 13-22.

Begriffsdefinition erarbeitet im TPT 1 Sozialraumorientierung und Sozialpastoral (04.03.2020).

Sozialraumorientierung (SRO) ist die Bezeichnung für eine konzeptionelle Ausrichtung Sozialer Arbeit. Diesem Fachkonzept geht es über die herkömmliche Einzelfallhilfe hinaus darum, die Lebensbedingungen für Menschen in ihren jeweiligen sozialen Räumen gemeinsam mit ihnen so zu gestalten, dass sie auch in schwierigen Lebenssituationen besser zurechtkommen.

Sozialräumliche Arbeit analysiert die materiellen, kommunikativen und institutionellen Bedingungen im sozialen Nahraum und versucht diese unter Berücksichtigung der Wahrnehmungen und Erfahrungen der dort lebenden Menschen mit ihnen gemeinsam zu verändern oder immer wieder neu zu gestalten.

So wird das Konzept der Sozialraumorientierung auch bedeutsam für die pastorale Arbeit, weil es den Blick weitet über die binnenkirchliche Perspektive hinaus auf den gesamten Raum und die Bezüge, in denen Menschen an einem bestimmten Ort zusammenleben und so dazu anregt, Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Außerdem nimmt der sozialräumliche Ansatz auch stärker die Ressourcen, die Charismen und den Willen der Beteiligten in den Blick.

In der Sozialraumorientierung geht es nicht darum, Menschen mit pädagogischer Absicht zu verändern, sondern darum, Lebenswelten zu gestalten und Bedingungen zu schaffen, die dazu beitragen, dass Menschen auch in schwierigen Lebenssituationen zurechtkommen.

Folgende Prinzipien sind dabei von Bedeutung:

  1. Ausgangspunkt jeglicher Arbeit sind der Wille bzw. die Interessen der Menschen.
  2. Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe hat immer Vorrang vor betreuender Tätigkeit.
  3. Bei der Gestaltung der Aktivitäten und Hilfen spielen personale und sozialräumliche Ressourcen eine wesentliche Rolle.
  4. Aktivitäten sind immer zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt.
  5. Koordinierte Zusammenarbeit und Integration der verschiedenen sozialen Dienste sind Grundlage für funktionierende Einzelhilfen.

Erklärfilm auf www.caritas.de/sozialraumorientierung 

Begriffsdefinition erarbeitet im TPT 1 Sozialraumorientierung und Sozialpastoral (04.03.2020).

Die Pastoralraumkonferenz wird von einer Steuerungsgruppe geleitet. Der leitende Pfarrer leitet die Steuerungsgruppe.

In der neuen Pfarrei wird die allgemeine Verwaltung gebündelt. Es gibt einen zentralen Ort als Sitz der Verwaltung. Es ist ein Ort mit einem Frontoffice mit ausgedehnter Öffnungszeit und guter Erreichbarkeit und mit davon räumlich getrennten Arbeitsplätzen im Backoffice.

Zudem gibt es dezentrale Orte „Außenstellen, Gemeindebüros“ mit sehr eingeschränkter Öffnungszeit im Sinne eines Frontoffice. Hier wird keine Arbeit des Backoffice geleistet.

 

Der/die Verwaltungsleiter/in leitet und organisiert die Verwaltung der Pfarrei. Er/sie unterstützt den Kirchenverwaltungsrat und den leitenden Pfarrer in der  Koordination der allgemeinen Pfarrverwaltung, der Führung des bei der Kirchengemeinde angestellten Personals, in der Verantwortung für die Erstellung und Kontrolle des Haushaltplans, in der Verantwortung für die Umsetzung beschlossener Aktivitäten im Bereich Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten, Beschaffungs- und Vertragsmanagement und in der Sorge um die Einhaltung von gesetzlichen und BO-Vorgaben in bspw. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Datenschutz und Archivierung. Der Stellenumfang ist abhängig von der Größe der Pfarrei.