Jadwiga Teresa Wakulska

aus Lublin/Polen

Wakulska Jadwiga (c) KNA
Datum:
Di. 21. Mai 2019
Von:
Christoph Kulessa/Alois Bauer

Jadwiga Wakulska wurde am 14. September 1944 im Konzentrationslager Auschwitz geboren. Nach dem Krieg wurde sie von ihrer Mutter getrennt und von einer Familie adoptiert. Erst nach 30 Jahren fand sie ihre leibliche Mutter wieder.

Frau Wakulska erzählt:

"Meine Mutter, Karolina Pająk, und mein Vater, Józef Pająk, wurden während der Pazifikationen der Region um Zamość durch die deutschen Besatzer aus ihrer Landwirtschaft vertrieben und in das Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek deportiert. Von dort wurde meine Mutter in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht und später nach Auschwitz überstellt, wo ich am 15. September 1944 zur Welt kam. Auf meinem Bein ist die Häftlingsnummer 87239 eintätowiert.

Mein Vater verstarb während des Transports von Majdanek nach Buchenwald.

Nach der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz im Januar 1945 durch die Rote Armee kam meine Mutter zusammen mit mir nach Lublin. Dort hat sie mich in einer Kinderkrippe gelassen und ist nach Modryń (Kreis Hrubieszów) gefahren, um ihre Familie zu suchen. Da sie mich nicht wieder abgeholt hat, galt ich als Waisenkind und wurde im Juni 1946 adoptiert. Meine Adoptiveltern haben mich großgezogen und mir eine Ausbildung ermöglicht.

Als Kind war ich oft krank und sehr ängstlich. Meine Adoptiveltern waren liebevoll, obwohl es sicher schwierig für sie war, mich zu erziehen. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie mich als ihr Kind angenommen haben, denn ich weiß nicht, wie mein Leben ohne sie verlaufen wäre.

Fast 30 Jahre war ich auf der Suche nach meiner Mutter. Eine von zahlreichen Zeitungsanzeigen brachte uns wieder zusammen. Die Zeitung "Kurier Lubelski" vom 4. Oktober 1974 berichtete: "Ein sensationelles Finale der Suche nach der Mutter, Gefangene von Auschwitz. Gestern, nach fast 30 Jahren der Trennung und der gegenseitigen und völligen Unkenntnis über ihr Schicksal, gab es eine rührende Szene des Wiedersehens von Teresa Pająk, geboren in Auschwitz, mit ihrer restlichen Familie: ihrer Mutter, dem Bruder und der Schwester. Eine Szene, die unmöglich war, mit trockenem Auge zu beobachten.“

Meine Mutter war völlig überrascht, dass ich lebe. Von ihr erfuhr ich von unserem Schicksal im Lager. Beide wurden wir in Auschwitz zur Tötung ins Krematorium geführt. Ich hatte blaue Augen und blonde Haare. Mein „nordisches Aussehen“ hat uns beide gerettet. Meine Mutter trug mich auf den Armen. Kurz vor dem Krematorium sagte ein SS-Mann zu ihr, dass sie mit mir auf die andere Seite gehen soll.

Mit 22 Jahren habe ich geheiratet. Ich habe zwei Kinder (einen Sohn und eine Tochter) und zwei Enkelkinder. Ich interessiere mich für Kunst, Musik und Literatur. Ehrenamtlich engagiere ich mich im Verband der ehemaligen Häftlinge von Majdanek sowie als Vertrauensperson des Maximilian-Kolbe-Werks in der Stadt und Region Lublin."

Jadwiga Wakulska, 2018

Jadwiga Wakulska kommt seit 2018 als Zeitzeugin ins Bistum Mainz.