Jerzy Kucharski wurde am 6. Februar 1929 geboren. Als 15-Jähriger wurde er in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Gezeichnet von Hunger und Krankheit kehrte er nach der Befreiung nach Polen zurück.
Herr Kucharski erzählt:
"Mein Vater, Roch Kucharski, war Inspektor der polnischen Polizei und bis 1939 in der polnischen Schutzgarde des Präsidenten der Polnischen Republik, Ignacy Maścicki. Meine Mutter Maria hat nicht gearbeitet. Meine Schwester Krystyna kam 1925 zur Welt. Vater wurde 1944 wegen der Beteiligung an der konspirativen Heimatarmee von der Gestapo an einem unbekannten Ort ermordet - bis heute weiß ich nicht wo.
Meine Mutter und meine Schwester überlebten den Warschauer Aufstand im August 1944. Dagegen wurden aus der Familie meine Mutter während des Warschauer Aufstands ihre Mutter, ihre Brüder und Tanten mit Männern und Söhnen ermordet. Ein Bruder meiner Mutter wurde in Katyń ermordet. Von der Familie meins Vaters überlebten zwei Schwestern.
Ich wurde am 2. September 1944 verhaftet. Am 4. September kam ich nach Auschwitz und erhielt die Nummer 194866. Dort blieb ich bis zum 21. Oktober 1944. Anschließend wurde ich in das KZ Flossenbürg deportiert. Ich bekam die Nummer 30990 und blieb dort bis zur Befreiung am 23. April 1945. In Flossenbürg arbeitete ich in Fabrikhallen in der Produktion von Flugzeugteilen für Messerschmitt. Ab Februar 1945 wurde ich zur Arbeit im Steinbruch strafversetzt.
Wir arbeiteten im Dreischichtsystem und bekamen nur Hungerrationen an Lebensmitteln. Es gab keine medizinische Versorgung, keine Reinigungsmittel, die Kleidung war verlaust. Es herrschten Wund- und Fleckfieber und Skorbut und es brach Typhus aus, mit dem ich mich bis zur Befreiung am 23. April 1945 ansteckte. Das Lager wurde von der US-Armee befreit. Ich erinnere mich weder an den Tag noch an den Moment der Befreiung, denn ich war an Typhus erkrankt, mehr tot als lebendig und hatte seitdem das Lager für den Todesmarsch ins KZ Dachau evakuiert worden war, viele Tage nichts gegessen.
Am 30. Juni 1946 kehrte ich nach Polen zurück. Nach der Rückkehr fand ich meine Familie wieder: meine Mutter und meine Schwester. Ich absolvierte die Handelsschule. Im Jahre 1949 heiratete ich. Wir haben zwei Söhne, geboren 1951 und 1953, drei Enkel und drei Urenkel. Wir sind seit 67 Jahren verheiratet und immer noch zusammen. In meiner Freizeit engagiere ich mich ehrenamtlich im Verband der ehemaligen Häftlinge sowie im Verband der ehemaligen (minderjährigen) Soldaten, die in der Untergrundarmee gegen die deutschen Okkupanten gekämpft und die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Mein Hobby ist die Philatelie."
Jerzy Kucharski kam im Sommer 2016 als Zeitzeuge ins Bistum Mainz. Er verstarb 2016.