„TikTokisierung“ des Extremismus

Mit welchen Strategien wenden sich rechtsextremistische Netzwerke an Jugendliche?
Rechtsextremisten versuchen ihre menschenfeindlichen Inhalte und Erzählungen in der Mehrheitsgesellschaft zu etablieren und zu normalisieren. Dazu begehen sie Tabubrüche im öffentlichen Raum und bringen rechtsextremistische Positionen in den politischen Diskurs ein. Durch diese Vorgehensweise soll sich die Mehrheitsgesellschaft an rechtsextremistische Aussagen gewöhnen, damit diese enttabuisiert und normalisiert werden. Stück für Stück sollen durch diese Kommunikationsstrategie die Grenzen des Sagbaren um rechtsextremistische Positionen erweitert werden. Das Ziel: die Deutungshoheit in der Mehrheitsgesellschaft über die politischen Themen zu erringen.
Wie und wo kommen Jugendliche am meisten mit Rechtsextremismus in Kontakt?
Dieser „Kampf um die Köpfe“ wird fokussiert über soziale Medien ausgetragen, um junge Menschen dort anzusprechen, wo sie sich in ihrer Lebenswelt bewegen. Extremisten haben sich stark auf soziale Medien spezialisiert und ihre dortigen Auftritte professionalisiert. Wir sprechen mittlerweile von einer „TikTokisierung“ des Extremismus. Algorithmen begünstigen extremistische Inhalte und Strategien, indem sie beispielsweise provokante oder skandalöse Inhalte bevorzugen, die Emotionen auslösen. Extremisten nutzen soziale Medien gezielt als Sprachrohr, um jungen Menschen menschenfeindliche Inhalte bereitzustellen und sie für ihre extremistischen Ziele zu radikalisieren. Dabei gehen sie häufig subtil vor, indem sie ihre Ideologie bewusst durch unterhaltende Formate in einer vermeintlich harmlosen Hülle vermitteln. Dabei setzen sie auf Humor und Sarkasmus in Form von Memes und Kurzvideos. Auch bei scheinbar harmlosen Lifestyle-Videos wird rechtsextremistischer Inhalt beiläufig transportiert.
Was bedeutet es, wenn Eltern beispielsweise auf dem Smartphone ihres Kindes rechtsextremistische Inhalte entdecken? Was sollen Eltern tun?
Eltern sollten ihre Kinder bei der Nutzung sozialer Medien und des Internets beispielsweise auf dem Smartphone unterstützend begleiten und mit ihnen darüber sprechen. Beim Thema Medienkompetenz und Extremismusprävention sind insbesondere Eltern in der Verantwortung. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, sich in solchen Situationen bei entsprechenden Fachstellen, wie Rote Linie, Beratungsnetzwerk Hessen oder KOREX im Landesamt für Verfassungsschutz Hessen, beraten zu lassen.
// Interview: Anja Weiffen