Klimakrise und Migration: Ein Weckruf von Pirmin Spiegel

Am 19. März fand im Stadtteilzentrum ZWOZWO in Bingerbrück eine Veranstaltung von churches-for-future mit dem Titel „Klima wandeln oder Migration?“ statt. Zu diesem Thema konnten die Veranstalter Pirmin Spiegel gewinnen, der durch seine langjährige Tätigkeit als Seelsorger in Brasilien und dann als Hauptgeschäftsführer beim katholischen Hilfswerk MISEREOR reiche Erfahrungen mitbrachte.
Pirmin Spiegel erzählte von konkreten Begegnungen mit Indigenen, wie innig sie mit allen Geschöpfen, mit der Mutter Erde verbunden sind. Von diesen Menschen hat er gelernt, seine eigenen Sichtweisen zu hinterfragen und Zusammenhänge neu zu sehen. Indigene in Amazonien sagen: „Erde, Bäume, Flüsse sind keine Ware, die man kaufen kann. Sie sind Leben!“ Durch Holzraub, Goldsuche, Viehzucht und Sojaanbau wird diesen Menschen das Land unter den Füßen entzogen.
Spiegel verwies darauf, dass bereits 17 % der Fläche des Amazonas-Regenwaldes zerstört sind. Bei 25 % ist nach Ansicht der Experten ein unumkehrbarer Kipppunkt erreicht. Dies hat klimatische Folgen für die gesamte Erde.
Spiegel veranschaulichte beispielhaft die Folgen des Anstiegs des Meeresspiegels durch Klimaerwärmung: in Bangladesh leben 160 Mio. Menschen auf einer Fläche der doppelten Größe Bayerns. Bis 2050 wird das Meer 60% des Landes überfluten. Jetzt schon kommen täglich 1000 Bewohner in die Hauptstadt Dhaka, wodurch die Slums rasant anwachsen. Spiegel, der mit MISEREOR zahlreiche Unterstützungsprojekte im globalen Süden besuchen konnte, zitierte dortige Partner: „Ihr (in Deutschland) stoßt 7,5 Tonnen CO² pro Person und Jahr aus, wir liegen unter einer Tonne. Die Verantwortung liegt bei Euch.“
Eindrücklich schilderte der Referent, wie er bei einer Reise auf die Fidschi-Inseln Kreuze im Meer stehen sah. „Dort liegen die Gräber unserer Ahnen“, sagte ihm ein Stammesführer, „wir verlieren den Kontakt zu ihnen, weil das Meer ansteigt, und wir werden unruhig“.
Spiegel zeigte anschaulich die derzeitige wissenschaftlich belegte Faktenlage der Klima-veränderungen. Dies bedeutet u.a., dass bei zunehmend unbewohnbaren Zonen Menschen klimabedingt migrieren müssen. Schon jetzt migrieren jährlich ca. 20 Millionen Klima-Vertriebene.
Die fast 60 Anwesenden spürten in der sich anschließenden Austauschrunde, wie engagiert und leidenschaftlich Spiegel auf politischer Ebene für die vom Klimawandel Betroffenen kämpft, zumal diese Menschen am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben. Spiegel half mit, dass fünf Häuptlinge aus dem Amazonas-Regenwald zu den Mercosur-Verhandlungen in Brüssel reisen konnten und somit die Betroffenen von der Politik direkt gehört wurden.
Spiegel nannte einige Hoffnungsansätze, so u.a. Schuldenerlass für die ärmsten Länder im globalen Süden, gemäßigten Wohlstand bei uns und unsere Solidarität mit denen, die durch unseren Wohlstand die Klimafolgen zu tragen haben. Wegweisend ist für ihn der Satz der brasilianischen Sängerin Mercedes Sosa: „Ich bitte Gott darum, dass mir der Schmerz anderer nicht gleichgültig werde“.
Barbara Göbel-Sattler von churches for future sprach aus, was viele empfanden: „Für mich ist Pirmin Spiegel ein Mensch mit einem großen Herzen!“