Foto Christina Schalle (c) Christina Schalle

"Ich brauche den anderen, um ich selbst sein zu können"

Foto Christina Schalle
Datum:
Mi. 29. Juli 2020
Von:
Doris Gensler

Der Prozess des Pastoralen Wegs wird in den Dekanaten von Projektteams geplant und gesteuert. Im Dekanat Dieburg wird das Team von zwei ehrenamtlichen Frauen moderiert. Eine von ihnen ist Christina Schalle, wir haben mit ihr über ihre Arbeit, Motivation und ihre Ideen und Ziele gesprochen.

Liebe Frau Schalle, wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?

C. Schalle:  In der Zeit als Vorsitzende des Pfarrgemeinderats war ich Mitglied der Dekanatsversammlung und habe so vom pastoralen Weg und vom Dekanatsprojektteam erfahren. Nach meinem Ausscheiden aus dem Pfarrgemeinderat hat mich Andreas Reifenberg gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Mitglied im Dekanatsprojektteam zu werden und nach der Wahl wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte die Moderation des Projektteams zu übernehmen. Nach der langjährigen Arbeit im PGR hatte ich Lust auf neue Aufgaben und habe spontan zugesagt.

Was bringen Sie mit?

Ich gehe ganz offen an die neue Aufgabe heran. Ich bringe meine Wertvorstellungen und meinen Glauben mit und will Menschen durch meine Art, meine „Herzenskommunikation“ vom Glauben und der Sache begeistern.

Was sind Ihre Aufgaben?

Gemeinsam mit meiner Kollegin Martina Meyer-Almes lade ich zu den Sitzungen ein und erstelle die Agenda. Im Team erarbeiten wir die Entwürfe zu den Prozessfragen, das bedeutet für mich, Diskussionen zu leiten, Beiträge zusammenzufassen und auch Aufgaben zu verteilen.

Empfinden Sie es als Herausforderung, ein solches Team ehrenamtlich zu moderieren?

Das ist schon eine Herausforderung, man braucht dazu viel ehrenamtliche Courage. Für mich war das ein Sprung ins kalte Wasser. Ich bekomme in meiner neuen Rolle sehr viel Unterstützung und Zuspruch von unseren Prozessberatern, die mich sehr bestärken, ebenso von unserem Dekanatsreferenten. Ich fühle mich aber auch vom gesamten Team getragen, ich erlebe viel Anerkennung und Wertschätzung und man darf auch Fehler machen.

Sie sind nicht nur Moderation im Dekanatsprojektteam sondern arbeiten auch in der thematischen Gruppe „Glaube teilen“ mit?

Wir sind eine sehr aktive Gruppe von Ehrenamtlichen aus vielen Pfarreien des Dekanats. Als Themenbereiche haben wir Perspektiven für Gottesdienste, Sakramente und Glaubensweitergabe auf der Agenda. Es gibt Überlegungen für Firm- und Erstkommunionkatechese auf Dekanatsebene, außerdem versuchen wir Laien zu finden für die Ausbildung zur Übernahme von Wortgottesdiensten. Nach den Ferien wird es dann richtig konkret.

Welche Ziele verbinden Sie mit dem Pastoralen Weg?

Ich sehe im Pastoralen Weg eine riesige Chance für das Ehrenamt: Ehrenamtliche werden in ihrer Tätigkeit geschätzt, ich erlebe echte Beteiligung und Übernahme von Verantwortung. Im Pastoralen Weg lösen sich hierarchische Strukturen auf. Hauptamtliche begreifen ihre künftige Rolle darin, Ehrenamtliche zu unterstützen.

Und ich will gerade Frauen Mut machen, entscheidende Rollen in Kirche zu übernehmen. Ich komme selbst aus einer sehr katholischen Familie, in meiner Kindheit und Jugend trat man Pfarrern und gar einem Dekan sehr ehrerbietig gegenüber: Und heute diskutiere ich – Frau und ehrenamtlich –  kontrovers und gleichberechtigt mit Pfarrern und unseren Dekanen im Dekanatsprojektteam.

Welche Herausforderungen sehen Sie im Pastoralen Weg?

Ich glaube, dass wir noch ganz am Anfang des Prozesses stehen. Die echten Herausforderungen und Kontroversen werden noch kommen, dann, wenn klar wird, was wir alles nicht mehr aufrechterhalten können und was künftig nicht mehr von Hauptamtlichen geleistet werden kann.

Wann ist der Prozess aus Ihrer Sicht gelungen?

Der Prozess ist gelungen, wenn die Begegnung im Vordergrund steht, wenn die Menschen in den Gemeinden und den anderen Kirchorten gemeinsam wirken. Ich sehe in der Zusammenarbeit über die Pfarreigrenzen hinweg eine große Chance, es muss nicht jeder alles machen, man kann sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten. Das ist für mich weniger eine Frage von konkreten Angeboten als vielmehr eine Haltung: ein gelingender Prozess bedeutet, ich brauche den anderen um ich selbst sein zu können.

 

Christina Schalle ist ehrenamtliche Moderatorin des Dekanatsprojektteams in Dieburg. Zusammen mit Martina Meyer-Almes trägt sie die Verantwortung für den Teamprozess.

Schalle war zuvor acht Jahre lang im Pfarrgemeinderat in Reinheim aktiv, davon vier Jahre lang als Vorsitzende. Im Hauptberuf arbeitet sie als Pädagogin und Sprachtherapeutin in einer Kita