Abschluss des 20. Internationalen Bischofstreffens zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land

„Ein Ort, wo jeder weg will, das ist ein Ort, wo Kirche sein muss!“

Datum:
Do. 16. Jan. 2020
Von:
dbk.de (Deutsche Bischofskonferenz)

Das 20. Bischofstreffen zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land ist heute (16. Januar 2020) zu Ende gegangen. Seit dem 11. Januar 2020 hat sich eine Delegation von 13 Bischöfen aus zehn europäischen und nordamerikanischen Bischofskonferenzen über die Situation der Christen in der Region sowie über den anhaltenden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern informiert. „Ich bin dankbar, dass ich mit den Bischöfen aus verschiedenen Ländern gemeinsam den Menschen im Heiligen Land begegnen und die Realität ihrer Lebenssituation erfahren konnte“, erklärte Weihbischof Dr. Udo Bentz (Mainz), Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche, der die Deutsche Bischofskonferenz bei dem Treffen vertreten hat.

Schwerpunkte in diesem Jahr waren Gaza, Ramallah, Jerusalem und Betanien. Dabei hat die Bischofsgruppe eine Reihe von Konflikten im Heiligen Land diskutieren können. Sie befasste sich im Besonderen mit der humanitären Situation im Gazastreifen. „Ein Ort, wo jeder weg will, wo keiner sein will: das ist ein Ort, wo Kirche sein muss!“, sagte Weihbischof Bentz. In diesem Sinn arbeiten die Priester und Schwestern mit den verbliebenen Christen. „Einige der Familien konnte ich besuchen und an ihren Lebensschicksalen teilhaben. Dadurch wurde mir bewusst, wie sehr der Lebensalltag der Menschen durch die Quasi-Gefängnissituation im Gazastreifen belastet ist: Kontakte zu Familienangehörigen außerhalb Gazas werden verunmöglicht. Auch dieses Jahr wurden kaum Visa für die weihnachtlichen Besuche in Betlehem und der Westbank gewährt.“

Die Bischofsgruppe konnte in Gaza auch an einen früheren Besuch anknüpfen. „Ich freue mich über den Aufbau eines Zentrums für Berufsqualifizierung als Frucht unseres Besuchs im Jahr 2018. Wir trafen eine Gruppe der 46 Absolventen, denen diese Maßnahmen zu einem Arbeitsverhältnis verholfen haben. Beeindruckend war die Motivation und Hoffnung, die dabei erlebbar waren“, so Weihbischof Bentz.

Dennoch zeigten sich die Mitglieder der Delegation betroffen, in welchem Maße die unannehmbare Lage im Gazastreifen „Normalität“ geworden ist. „Die Abwärtsspirale dreht sich unverändert weiter, aber die Weltöffentlichkeit nimmt kaum mehr Kenntnis davon“, so Weihbischof Bentz. Er rief die israelische Regierung und die radikalislamistische Hamas, die in Gaza regiert, dazu auf, die humanitären Belange der Bevölkerung in den Vordergrund zu rücken.

In Jerusalem wurde der Delegation eine Studie zur Situation der Jugend in Ost-Jerusalem vorgestellt, die vom lokalen Netzwerk der katholischen Hilfsorganisationen (CCAO) initiiert worden war. Die Studie macht unter anderem sichtbar, dass sich die christliche Jugend von ihrer Kirche in ihrer Lebenswirklichkeit nicht ausreichend wahrgenommen fühlt. „Die Kirchen sollten gemeinsam mit den Jugendverbänden überlegen, was zu tun ist, um das Gehör der Jugend zu finden“, so die Bewertung von Weihbischof Bentz. Die Jugendlichen erwarten auch, in Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden. „Das erleben sie nirgends, weder in der Politik, noch in der Kirche, noch in den eigenen Verbänden. Dabei könnten die Verbände einen Beitrag dazu leisten, die christliche Jugend demokratisch zu bilden.“

In Betanien, unweit Jerusalems im Westjordanland, haben die Bischöfe erneut die Comboni-Schwestern besucht, durch deren Konvent vor zehn Jahren die Trennungsmauer gezogen wurde. Weihbischof Bentz ist beeindruckt, „dass sich die Schwestern durch das Leid des Mauerbaus auf ihrem Grundstück einer neuen Mission gestellt haben: Sie haben sich entschieden, auf beiden Seiten präsent und tätig zu sein. Dadurch eröffnen sie den Menschen im Viertel einen Raum der Hoffnung“. Die Oberin der Gemeinschaft, Schwester Alicia Vacas, betonte: „Als Kirche sind wir bereit, mit allen zu arbeiten, die Brücken bauen wollen.“

Die Mauer trage dazu bei, so Vertreter der Organisation Ir Amin (Stadt der Völker), dass 76 Prozent der Menschen in Ost-Jerusalem unterhalb der Armutsgrenze leben. Sie kritisierten vor allem die Siedlungen, die sich beiderseits der Mauer wie ein Ring um Ost-Jerusalem legen. Die Organisation Ir Amin setzt sich für die Gleichberechtigung der beiden Völker in Jerusalem ein.

Die Siedlungspolitik Israels im Westjordanland schaffe weiterhin schleichend Fakten, die letztendlich eine Zweistaatenlösung mit einer gemeinsamen Hauptstadt Jerusalem immer unwahrscheinlicher machen, so die Einschätzung von Weihbischof Bentz. Dies gelte umso mehr angesichts der von israelischer Seite lancierten Annexionspläne. Er zeigte Verständnis für die israelischen Sicherheitsinteressen. Diese müssten jedoch in Übereinstimmung mit dem Recht des palästinensischen Volkes, friedlich und frei in einem souveränen Staat zu leben, verwirklicht werden. „Die Machtgebärde der Mauer ist letztlich ein Ausdruck der Hilflosigkeit“, so der Weihbischof, eine gute Zukunft für die beiden Völker könne daraus nicht erwachsen.

Die schwierigen Bedingungen des palästinensischen Staatsaufbaus waren Gegenstand der Gespräche mit dem stellvertretenden palästinensischen Premierminister, Ziad Abu-Amr, und dem langjährigen Regierungsmitglied Hanan Ashrawi, heute Präsidentenberaterin in Religionsangelegenheiten. Beide appellierten an die Europäische Union, sich stärker als bisher dafür einzusetzen, dass internationales Recht gewahrt und an der Zweistaatenlösung festgehalten werde. Diese Perspektive hat der Heilige Stuhl durch die Anerkennung des Staates Palästina nachdrücklich bestätigt.

An der Delegationsreise haben neben Weihbischof Dr. Udo Bentz folgende Bischöfe teilgenommen: Erzbischof Timothy Broglio (Militärseelsorge der Bischofskonferenz der USA); Bischof em. Pierre Bürcher (Rejkjavik, Skandinavische Bischofskonferenz); Bischof Rodolfo Cetoloni (Grosseto, Italienische Bischofskonferenz); Erzbischof Richard Gagnon (Winnipeg, Kanadische Bischofskonferenz); Weihbischof Nicholas Hudson (London, Bischofskonferenz von England und Wales); Weihbischof William Kenney CP (Birmingham, Bischofskonferenz von England und Wales); Bischof Declan Lang (Clifton, Bischofskonferenz von England und Wales); Bischof Alan McGuckian (Raphoe, Irische Bischofskonferenz); Bischof William Nolan (Galloway, Schottische Bischofskonferenz); Bischof Marc Stenger (Troyes, Französische Bischofskonferenz); Bischof Noel Treanor (Down and Connor, Irische Bischofskonferenz) und Erzbischof Joan Enric Vives Sicilia (Urgell, Spanische Bischofskonferenz). Darüber hinaus waren Repräsentanten des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) an der Veranstaltung beteiligt.

 

Hintergrund

Das Internationale Bischofstreffen verfolgt das Ziel, Christen und Kirchen im Heiligen Land in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Verständigung zwischen den Völkern und Religionsgemeinschaften zu stärken und die Verbindung der Weltkirche mit ihnen zu festigen. Die Bischöfe besuchen während ihres Treffens als Pilger die Heiligen Stätten im Land und feiern dort Gottesdienste. So sollen auch die Gläubigen in ihren Heimatländern zu Pilgerreisen ermutigt werden.

Hinweis:

Die Abschlusserklärung des 20. Internationalen Bischofstreffens ist als pdf-Datei unter www.dbk.de zu finden.

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller (Erz-)Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 69 Mitglieder (Stand: Januar 2020) aus den 27 deutschen (Erz-)Bistümern an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.

Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz 006 vom 16.01.2020