Alfred Delp – Jesuitenpater und aktiv im Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Vor 80 Jahren wurde er hingerichtet. Seit Januar trägt eine neue Pfarrei im Bistum Mainz seinen Namen.
Nur zwei Zeilen lang ist sein letzter Notizzettel aus der Todeszelle: „Beten und glauben. Danke.“ Alle Gnadengesuche sind gescheitert. Bis zuletzt hatte Alfred Delp gehofft, dass das Hitler-Regime noch vor Vollstreckung des Todesurteils zusammenbricht. Umsonst.
Am Nachmittag des 2. Februar 1945 wird Delp – mit 37 Jahren – in Berlin-Plötzensee hingerichtet: gehängt, verbrannt, seine Asche über Rieselfeldern verstreut. Nichts sollte an Widerständler wie ihn erinnern.
Alfred Delp (1907-1945) gilt als eine der prominentesten Persönlichkeiten, die sich aus christlichem Glauben heraus der Nazi-Herrschaft nicht gebeugt und dafür mit dem Leben bezahlt haben. Eine Chance, dem Tod zu entgehen, schlug Delp aus: Trotz Angebot des Straferlasses, wenn er den Orden verlassen würde, blieb der Jesuit standhaft. Im Gefängnis legte er sogar noch die ewigen Ordensgelübde ab. Nationalsozialismus und christlicher Glaube – für ihn unvereinbar.
Delps Jugend ist eng mit dem Bistum Mainz verbunden. Seit Januar trägt nun eine der neu gegründeten Pfarreien im Bistum seinen Namen. Zur Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried gehören elf frühere Gemeinden rund um die Orte Lampertheim, Bürstadt und Biblis mit 17 800 Katholiken. Es ist bisher wohl das einzige Patrozinium mit Delps Namen. Denn er gilt in der katholischen Kirche zwar als Märtyrer, heilig- oder seliggesprochen ist er nicht. Seine frühe Kindheit verbrachte Alfred Delp im Lampertheimer Ortsteil Hüttenfeld. Mit sieben Jahren zogen seine Eltern mit ihm nach Lampertheim. St. Andreas gilt als seine Heimatgemeinde, dort feierte er als junger Priester seine Primiz. Seit 1965 erinnert dort die Alfred-Delp-Kapelle an ihn. Der Anbau aus Backsteinen wirkt bedrückend neben der weißgetünchten Kirche. „Die Kapelle ist dem Kerker nachempfunden, in dem Alfred Delp saß“, erklärt Birgit Bongiorno, Koordinatorin der neuen Pfarrei. Christian Rauch, leitender Pfarrer, erläutert die Gestaltung des Innenraums. „Die Wände haben keine Fenster. Licht kommt nur von oben. Das Blau der Glasfenster symbolisiert den Himmel.“ Die Kunstwerke in der Kapelle, so Rauch, stammen von Künstlern, die Delp persönlich kannten.
Als ein Namenspatron für die neue Pfarrei gesucht wurde, fiel die Wahl mit großem Abstand zu anderen Vorschlägen auf Alfred Delp. Für Pfarrer Rauch ist dieses Patrozinium ein Herzensanliegen. „Alfred Delp ist ein großer Theologe und Glaubenszeuge“, betont er. „Sein Lebenswerk begeistert. Es ist eine reiche Fundgrube, die wir fruchtbar machen wollen.“ Delp stelle „zu den aktuellen Angriffen auf die Freiheit in Europa ein Gegenbild dar“.
Durch seine publizistische Tätigkeit, Ansprachen und Predigten redete Alfred Delp gegen die Nazi-Ideologie an. Ab 1942 arbeitete er imKreisauer Kreis mit, einer Gruppe von Widerständlern, die Pläne für eine Gesellschaftsordnung nach Hitler schmiedeten. Vor allem sozialphilosophische Fragen und das Menschenbild beschäftigten Delp. Einer seiner zentralen Gedanken: „Alle Bemühungen um den gegenwärtigen und kommenden Menschen müssen dahin gehen, ihn wieder gottes- somit religionsfähig zu machen.“ Sein tiefer Glaube zeigt sich in den Schriften aus dem Gefängnis – geschrieben mit gefesselten Händen. „Mich persönlich berührt Alfred Delp jedes Mal, wenn ich seine Texte lese“, sagt Pfarrer Rauch. „Zwar kenne ich den Klang seiner Stimme nicht, aber beim Lesen ist es so, als würde er lebendig zu mir sprechen. Ich liebe seine theologischen Aussagen. Sie sind so tief und zu Herzen gehend. Seine Sicht auf die Lage der Kirche damals lässt sich gut auf heute übertragen.“
Delps Vorbild bewegt die Menschen in der neuen Pfarrei. „Mich hat die Lebensgeschichte von Delp, die mir mein Großvater häufig erzählte, schon als Kind tief beeindruckt“, schreibt etwa Michael Koch aus Lampertheim. „Dass unsere Pfarrei nun seinen Namen trägt, finde ich persönlich wundervoll, sein Vermächtnis wird nun auch für viele Menschen, insbesondere unsere Kinder, präsent.“ Waltraud Olf aus Groß-Rohrheim verweist auf ein Zitat von Delp: „Lasst uns dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern Gott es mit uns lebt.“ Geschrieben in der Todeszelle. „Was für eine hoffnungsvolle Zusage gerade in der heutigen Zeit, in der Hass, Hetze, Gewalt und menschenverachtende Parolen an der Tagesordnung sind“, findet sie. Für den scheidenden Pfarrgemeinderatsvorsitzenden in Hüttenfeld, Rainer Brauksiepe, ist Delp ein „Rebell im Glauben“.
Am 2. Februar, an Delps 80. Todestag, feiert die Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried ihren Gründungsgottesdienst. Eine Nachricht wird in diesen Tagen wohl große Freude auslösen: Der Seligsprechungsprozess Delps, so haben es Pfarrer Rauch und Koordinatorin Bongiorno erfahren, soll bald beginnen. l
Der Jesuit Alfred Delp gilt in der Kirche als Märtyrer im NS-Widerstand.
Die Alfred-Delp-Kapelle in Lampertheim: Die Kunstwerke im Innenraum stammen von Künstlern, die Delp persönlich kannten.
» Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt. «