Władysław Kożdoń wurde am 1. September 1922 als sechstes von sieben Kindern in Oberschlesien geboren. In dieser Bergwerksregion lebten, wie er immer wieder betonte, Deutsche und Polen friedlich miteinander. Kożdoń war Mitglied der patriotisch gesinnten Pfadfinder-Bewegung. Kurz nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde der erst 17-Jährige zusammen mit seinem Vater verhaftet. Beide wurden ohne Prozess und Urteil nach Buchenwald deportiert. Kożdoń, so der Vorwurf, solle verbotene Pfadfinder-Bücher versteckt haben. Im KZ Buchenwald überlebte er, weil er nicht zu schwerer Bergwerksarbeit abkommandiert wurde. Zunächst konnte er in die sog. „Polenschule" gehen, wo er deutsch lernte und als Maurer ausgebildet wurde. Später gab er sich als Frisör aus, um nicht auf die Liste der Todestransporte zu kommen, auf der sich u. a. der Name seines Vaters fand.
Fünf Jahre verbrachte Kożdoń insgesamt im Konzentrationslager. Viele Jahre konnte er nicht über seine traumatischen Erfahrungen sprechen, bis er sie schließlich Jahrzehnte später in seinem Buch „...ich kann dich nicht vergessen - Erinnerungen an Buchenwald" verarbeitete. Sein Bericht über seine Jugend in Gefangenschaft streift dramatische Geschehnisse der Lagergeschichte. Er erzählt von den Abgründen des menschlichen Handelns, von den Zufällen des Überlebens, aber auch von der Solidarität der Häftlinge. Kożdoń ermöglicht den Blick in die Nischen des Lagerlebens. Er erzählt von den deutschen politischen Häftlingen, die diese Nischen schufen und Jugendlichen wie ihm eine Chance zum Überleben gaben. Sein Werk wollte er nicht als Anklage verstanden sehen, sondern als einen Beitrag zum deutsch-polnischen Dialog.
So verstand er auch seine vielen Gespräche als Zeitzeuge. „In 15 Jahren habe ich über 50.000 jungen Menschen von meinen Erlebnissen erzählt. Ich werde es auch weiter tun, solange wie es noch möglich ist." Kożdoń tat es auf anrührende Weise - oft mit einem gütigen Lächeln, manchmal mit Tränen, wenn ihn die Erinnerungen übermannten. Immer mit seiner leisen, eindringlichen Stimme. Diese Stimme ist nun verstummt.
Wir sind traurig darüber und sehr dankbar, ihn erlebt zu haben. Unser Mitgefühl gilt vor allem seiner Witwe Władysława Kożdoń, die ihn meistens begleitete, seinen beiden Töchtern und der ganzen Familie.
Alois Bauer, Stephanie Roth, Katja Steiner (für das Team der Zeitzeugen-Besuche)