Wladyslaw Kozdon

aus Breslau/Polen

Kozdon Wladyslaw (c) KNA
Datum:
Di. 21. Mai 2019
Von:
Christoph Kulessa/Alois Bauer

Nachruf: Trauer um Władysław Kożdoń

Anfang August 2017 verstarb in Breslau Herr Władysław Kożdoń im Alter von fast 95 Jahren. Kożdoń kam von 2008 bis 2015 viele Male als Zeitzeuge ins Bistum Mainz, um über seine Erlebnisse während der deutschen Besatzung Polens zu berichten.

Władysław Kożdoń wurde am 1. September 1922 als sechstes von sieben Kindern in Oberschlesien geboren. Mit 17 Jahren wurde er 1939 in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo er insgesamt fünf Jahre verbrachte.

Kozdon Wladyslaw

Vor dem Krieg lebten in der Bergwerksregion in Oberschlesien Deutsche und Polen friedlich miteinander, wie Władysław Kożdoń immer wieder betonte. Dies änderte sich mit Kriegsausbruch am 1. September 1939.

Kożdoń war Mitglied der patriotisch gesinnten Pfadfinder-Bewegung. Kurz nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde der erst 17-Jährige zusammen mit seinem Vater verhaftet. Beide wurden ohne Prozess und Urteil nach Buchenwald deportiert. Kożdoń, so der Vorwurf, solle verbotene Pfadfinder-Bücher versteckt haben. Im KZ Buchenwald überlebte er, weil er nicht zu schwerer Bergwerksarbeit abkommandiert wurde. Zunächst konnte er in die sog. „Polenschule" gehen, wo er deutsch lernte und als Maurer ausgebildet wurde. Später gab er sich als Frisör aus, um nicht auf die Liste der Todestransporte zu kommen, auf der sich u. a. der Name seines Vaters fand.

Fünf Jahre verbrachte Kożdoń insgesamt im Konzentrationslager. Viele Jahre konnte er nicht über seine traumatischen Erfahrungen sprechen, bis er sie schließlich Jahrzehnte später in seinem Buch „...ich kann dich nicht vergessen – Erinnerungen an Buchenwald" verarbeitete. Sein Bericht über seine Jugend in Gefangenschaft streift dramatische Geschehnisse der Lagergeschichte. Er erzählt von den Abgründen des menschlichen Handelns, von den Zufällen des Überlebens, aber auch von der Solidarität der Häftlinge. Kożdoń ermöglicht den Blick in die Nischen des Lagerlebens. Er erzählt von den deutschen politischen Häftlingen, die diese Nischen schufen und Jugendlichen wie ihm eine Chance zum Überleben gaben. Sein Werk wollte er nicht als Anklage verstanden sehen, sondern als einen Beitrag zum deutsch-polnischen Dialog.

So verstand er auch seine vielen Gespräche als Zeitzeuge. „In 15 Jahren habe ich über 50.000 jungen Menschen von meinen Erlebnissen erzählt. Ich werde es auch weiter tun, solange wie es noch möglich ist." Kożdoń tat es auf anrührende Weise – oft mit einem gütigen Lächeln, manchmal mit Tränen, wenn ihn die Erinnerungen übermannten. Immer mit seiner leisen, eindringlichen  Stimme. Diese Stimme ist nun verstummt.

Wir sind traurig darüber und sehr dankbar, ihn erlebt zu haben. Unser Mitgefühl gilt vor allem seiner Witwe Władysława Kożdoń, die ihn meistens begleitete, seinen beiden Töchtern und der ganzen Familie.

Alois Bauer

 

 

 

Buchcover
Bibliografischer Hinweis:

Władysław Kożdoń: „...ich kann dich nicht vergessen". Erinnerungen an Buchenwald. Herausgegeben von Rohnstock Biografien, Berlin 2006, bearbeitet von Stefan Kappner. Wallstein Verlag GmbH 2007, 126 Seiten, ISBN 978-3-8353-0210-5.