Zofia Wareluk

Warschau/Polen

Wareluk Zofia
Datum:
Di. 21. Mai 2019
Von:
Christoph Kulessa/Alois Bauer

Zofia Wareluk, geb. Chylkiewicz, wurde am 03. Januar 1945 im Konzentrationslager Auschwitz geboren. Ihre Eltern wurden während des Warschauer Aufstands 1944 verhaftet und in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert.

Frau Wareluk erzählt:

"Meine Eltern heirateten vor dem Warschauer Aufstand. Mein Vater war von Beruf Schlosser-Mechaniker, meine Mutter Schneiderin. Als meine Mutter inhaftiert wurde, war sie im vierten Monat schwanger. Meine Eltern wurden verhaftet und im Übergangslager Pruszków inhaftiert. Am 12. August 1944 wurden sie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurde ich am 03. Januar 1945 geboren.

Mit meinen Eltern wurde auch die Schwester meines Vaters mit Sohn und Tochter nach Auschwitz gebracht. Der Bruder meiner Mutter kam nach Dachau, wo er umgekommen ist. Mein Großvater kam in das Lager Reichenberg. Er starb im KZ Kochendorf am 8. Januar 1945. Mein Vater kam am 24. August 1944 als politischer Häftling mit der Nr. 191092 in das KZ Natzweiler und anschließend in das KZ Dachau. Er überlebte den Krieg, aber schaffte es nicht, nach Hause zurückzukehren. Er starb kurz nach Kriegsende und ist auf einem Friedhof in München begraben.

Meine Großmutter wurde mit ihrer Schwiegertochter nach Solingen zur Zwangsarbeit verschleppt. Die Schwiegertochter war schwanger und gebar dort einen Sohn, der aber starb.

Das, was ich durchlebt habe, haben mir meine Mutter, die 1984 starb, sowie meine Patentante Apolonia Dolinska übermittelt, die mich im Lager mit Wasser taufte aus Angst, dass ich nicht überlebe. Sie ist heute 97 Jahre alt. Bei meiner Geburt wog ich 1,5 Kilogramm, war verschrumpelt und eigentlich nicht lebensfähig. Meine Mutter erkrankte an den Augen, überstand Typhus und Verbrühungen mit heißem Wasser. Ich verdanke mein Leben nur der Tatsache, dass Auschwitz am 27. Januar 1945 befreit worden ist. Ab dem Moment der Befreiung kamen wir in die Obhut des Polnischen Roten Kreuzes.

Am 11. Februar 1945 wurde ich in Brzeszcz offiziell getauft. Anschließend kehrte meine Mutter mit mir nach Warschau zurück, wo sie eine kleine einfache Wohnung bezog. Auch meine Großmutter und meine Tante kehrten aus dem Lager zurück. Als ich drei Jahre alt war, heiratete meine Mutter erneut, und es kam ein Schwesterchen auf die Welt. Ich kam in die Kinderkrippe, den Kindergarten und in die Schule. Das Lernen bereitete mir Schwierigkeiten. Darum ging ich nur zur Berufsschule und machte meinen Abschluss als Monteurin für Elektrolampen.

1963 heiratete ich. 1965 bekam ich einen Sohn und 1973 den zweiten. Nach 11 Ehejahren ließ ich mich 1974 scheiden und erzog von da an meine Kinder als allein erziehende Mutter. Ich habe nicht wieder geheiratet. Von meinem älteren Sohn habe ich eine Enkelin und zwei Urenkelinnen, von meinem jüngeren Sohn eine Enkelin. Heute helfe ich meinen Kindern im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Ich war 46 Jahre als Kassiererin in einer Apotheke beschäftigt. Im Jahre 2009 habe ich nach einer Knieoperation aufgehört zu arbeiten.

Ehrenamtlich engagiere ich mich im Verein der Überlebenden von Auschwitz-Birkenau. Ich bin Mitglied im Verband der ehemaligen Kinderhäftlinge Hitlerischer Konzentrationslager und dort als Schatzmeisterin tätig. Ich habe an Zeitzeugenbefragungen im Museum des Warschauer Aufstands und im Museum Auschwitz sowie an zahlreichen Interviews in Deutschland teilgenommen.

Heute bin ich eine glückliche Mutter, Großmutter und Urgroßmutter."

Zofia Wareluk, April 2016

Zofia Wareluk kam 2016 als Zeitzeugin ins Bistum Mainz.