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„Es gibt Hoffnung – auch in schwierigen Zeiten“ –:Wie gemeinsames Singen im Advent Herzen öffnet und Gemeinschaft stiftet

Gerade im Advent suchen viele Menschen nach Momenten der Ruhe, der Hoffnung und des Miteinanders. In der Reihe „Die Frohe Botschaft“ erzählen Menschen aus dem Bistum Mainz davon, wo sie mitten im Alltag Zeichen von Zuversicht, Gemeinschaft und Glauben entdecken. Für Lutz Brenner ist Musik ein solcher Ort: Beim gemeinsamen Singen im Advent wird Hoffnung hörbar – und erfahrbar. Im Interview spricht der Diözesankirchenmusikdirektor darüber, warum Adventslieder mehr sind als Tradition, wie Musik Brücken baut und weshalb ein Lied manchmal mehr sagen kann als viele Worte.
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Datum:
18. Dez. 2025
Von:
Interview: Alexander Stein& Lutz Brenner

Herr Brenner, was bedeutet Ihnen als Diözesankirchenmusikdirektor das gemeinsame Singen im Advent – und welche „frohe Botschaft“ steckt für Sie persönlich in dieser Form gelebter Gemeinschaft? 

Singen ist zu jeder Zeit des Kirchenjahres gemeinschaftsstiftend, gesund – das haben sogar medizinische Studien belegt – und einfach wohltuend. Die Botschaft der Adventslieder lautet: Es gibt Hoffnung, auch in unseren friedlosen und schwierigen Zeiten. Diese Hoffnung wird in Texten und Melodien hör- und spürbar.

Viele Menschen sagen, dass Musik Herzen öffnet. Was erleben Sie, wenn Menschen unterschiedlichster Herkunft und musikalischer Erfahrung gemeinsam Adventslieder singen?

Musik verbindet – über gesellschaftliche, kulturelle und ethnische Grenzen hinweg. Ihre Sprache versteht jede und jeder, sie berührt unmittelbar. Selbst wer zunächst nur zuhört, ist Teil der Gemeinschaft. Nicht wenige, die vorher sagten: „Ich kann nicht singen“, erzählen nachher, dass sie sich doch getraut haben. Gemeinsam ist man mutiger und stärker.

Welche spirituelle Tiefe liegt aus Ihrer Sicht in traditionellen Advents- und Weihnachtsliedern – und wie vermitteln sie Hoffnung, Erwartung und Licht mitten im Alltag?

Viele Texte unserer Adventslieder stammen aus unterschiedlichen Jahrhunderten und von bedeutenden Dichterinnen und Dichtern. Zwei Beispiele sind Friedrich von Spee mit „O Heiland, reiß die Himmel auf“ oder Jochen Klepper mit „Die Nacht ist vorgedrungen“. Besonders die Hoffnung und der unerschütterliche Glaube, die aus Kleppers Texten sprechen, berühren mich jedes Jahr neu. In einer Zeit größter persönlicher Bedrängnis entstanden Glaubenszeugnisse, die bis heute Hoffnung in unsere Zeit hineintragen.

Inwiefern kann ein Mitsing-Abend Menschen erreichen, die sich sonst weniger von kirchlichen Formen angesprochen fühlen? Welche Rolle spielt die Musik hier als Brücke?

Für viele Menschen – auch für jene, denen die Weihnachtsbotschaft nicht viel sagt – gehören Advents- und Weihnachtslieder einfach zu dieser Zeit dazu. Mit Mitsing-Abenden haben wir die Chance, die Inhalte der Lieder Menschen nahe zu bringen, die sonst nicht in unsere Kirchen kommen. Wenn Texte und Melodien erklärt werden, entsteht ein Zugang, der über Musik hinausweist. Musik kann hier eine echte Türöffnerin sein – hinein in die Erfahrbarkeit des Glaubens.

Sicher bekommen Sie viele Rückmeldungen aus den Gemeinden: Wo erleben Sie besondere Momente oder kleine „frohe Botschaften“, die durch Mitsingen im Advent entstehen?

Ein Blick in die Gesichter der Teilnehmenden nach den Veranstaltungen sagt oft alles: Musik macht glücklich, Singen befreit. Diese Erfahrung machen Woche für Woche rund 9.000 Sängerinnen und Sänger, die sich ehrenamtlich in den Chören unseres Bistums engagieren – und ebenso alle, die an einem Adventsliedersingen teilnehmen.

Wie wählen Sie das Liedgut für solche Abende aus, damit es sowohl beliebt und mitsingbar ist als auch geistlich trägt?

Eine gute Liedauswahl ist entscheidend. Bekanntheitsgrad, Textaussage und musikalische Qualität spielen dabei eine Rolle. Manche Lieder gehören einfach zur Adventszeit dazu. Gleichzeitig haben wir die Chance, auch weniger bekannte Stücke vorzustellen und so neue Zugänge zu eröffnen.

Musik kann Glauben vertiefen, aber auch Glaubenswege neu öffnen. Kann ein Lied manchmal mehr bewirken als viele Worte?

Im Singen begegnen wir unseren Emotionen. Dem heiligen Augustinus wird der Satz „Cantare amantis est“ zugeschrieben – wer singt, begegnet der Liebe in sich selbst. Aus dieser Erfahrung heraus kann Glaube im Singen sehr intensiv erfahrbar werden, oft tiefer als durch das bloße Lesen oder Sprechen eines Textes.

Was wünschen Sie sich für die Initiative „Mitsingen im Advent“ in den kommenden Jahren?

Die Rückmeldungen zeigen, dass die Adventsliedersingen sehr gut angenommen werden. In anderen Bistümern gibt es große zentrale Veranstaltungen, teils sogar in Stadien, organisiert gemeinsam mit Kommunen, Chören und Vereinen. Etwas Ähnliches könnte ich mir auch für Mainz gut vorstellen.

Gibt es ein Erlebnis aus Ihrer kirchenmusikalischen Arbeit, das für Sie selbst zur „frohen Botschaft“ wurde?

Solche Momente erleben Musikerinnen und Musiker immer wieder. Besonders in Erinnerung ist mir ein Lichterkonzert in Bad Ems: Ein neunjähriger Chorsänger fragte mich nach dem Konzert, warum so viele Zuhörer geweint hätten – ob der Chor schlecht gesungen habe. Als ich ihm erklärte, dass die Menschen aus Rührung und Freude geweint hätten, wurde greifbar, was Musik bewirken kann: bei den Zuhörenden – und bei denen, die singen.

 

Die Reihe „Die Frohe Botschaft“ erzählt von Hoffnung, Glauben und Zuversicht im Alltag.
Weitere Beiträge finden Sie unter:
https://bistummainz.de/glaube/frohe-botschaft/

Themenvorschläge und Anregungen können Sie gerne senden an:
📧 DieFroheBotschaft@bistum-mainz.de