Genowefa Makara

aus Świdnik/Polen

Makara Genowefa
Makara Genowefa
Datum:
Di. 21. Mai 2019
Von:
Christoph Kulessa/Alois Bauer

Genowefa Makara wurde am 20. August 1940 geboren. Nachdem ihr Vater im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek ermordet worden war, wurden 1943 auch die Mutter und Kinder dorthin deportiert. Nach der Rettung aus dem KZ durch Jan Zamojski war die Familie völlig verarmt und auf sich gestellt.

Frau Makara erzählt:

"Ich bin in Wywłoczka in der Region Zamość geboren und hatte eine zwei Jahre ältere Schwester Maria. Meine Eltern hatten eine Bauernwirtschaft. Obwohl Krieg war, hatte ich beide Eltern, ein Haus und im Grunde eine glückliche Kindheit.

Die Tragödie meiner Eltern begann im Herbst 1942, als mein Vater Jan Wolanin von den Deutschen verhaftet und in das KZ Majdanek deportiert wurde. Er erhielt die Lagernummer 6424. Am 29. Dezember 1942 kam er ums Leben. Wir blieben mit meiner Mutter und meiner Schwester allein, aber wir hatten noch unser Haus. Das Schlimmste ereignete sich am 31. März 1943. Die Deutschen trieben alle Bewohner unseres Dorfes zusammen und deportierten uns in das Übergangslager Zwierzyniec. Wir wurden um 5 Uhr früh aus den Betten geworfen und bekamen 15 Minuten Zeit, unser Haus zu verlassen. Unsere verstörte Mutter ließ uns nicht richtig anziehen und nur wenige Sachen mitnehmen, denn die Deutschen warteten mit Gewehr im Anschlag vor der Tür. Als meine Mutter zurück ins Haus wollte, um wichtige Dokumente des Vaters zu holen, wäre sie fast erschossen worden. Schließlich wurde das ganze Dorf niedergebrannt. Dann wurden wir in einem mehrstündigen Marsch nach Zwierzyniec eskortiert. Die Alten, die nicht mehr laufen konnten, wurden auf der Stelle erschossen. 

In Zwierzyniec erwartete uns die Verlegung nach Majdanek. In Majdanek blieben wir bis zum 16. April. Ein Adliger, Graf Jan Zamojski, hat uns aus dem KZ gerettet. Er hatte die Möglichkeit, nach Absprache mit den Deutschen, Häftlingen zu helfen. Er hat Kinder gerettet im Rahmen der RGO (Rada Główna Opiekuńcza). Im überfüllten Lager gab es keinen Platz, wir saßen auf dem nackten Fußboden. Es gab kein Essen und kein Wasser. Wir wurden von Ungeziefer geplagt, waren krank und hatten Angst um unser Leben. 

Nach der Befreiung aus dem Lager hatten wir nichts, wohin wir zurückkehren konnten. Wir waren verstört, krank, hungrig und ohne Dach über dem Kopf. Mutter trug alles, was wir besaßen, in einem Sack. Mutter ging über die Dörfer und sammelte Brot. Später arbeitete sie hart bei Leuten für unseren Unterhalt. Sie war sehr nervös und schreckhaft. Nach den traumatischen Erlebnissen im Lager erzählte sie jedem ohne Pause von ihren Erlebnissen. Daran erinnere ich mich. Das Leben im Lager und die Armut nach der Rückkehr hatten Einfluss auf meine Gesundheit. Ich schreckte nachts auf, erschrak mich bei Schreien, und ich hatte Albträume. Ich hatte ständig Angst vor irgendetwas, als ob eine Verletzung in mir zurückgeblieben war. Ich hatte keine Kindheit, musste früher erwachsen werden, und schon als kleines Kind musste ich Geld verdienen für meine Kleidung und Schulbücher. Nur mit Mühe beendete ich die Grundschule, obwohl ich sehr gerne lernte. Doch niemand half mir.

Später beendete ich das pädagogische Gymnasium. Dann fing ich an, als Lehrerin zu arbeiten. Ich ging täglich 7 Kilometer zu Fuß zur Arbeit, fünf Jahre lang. In dieser Zeit absolvierte ich berufsbegleitend mein Pädagogikstudium.

Ich habe geheiratet und bekam drei Kinder und Enkel. Seit 10 Jahren bin ich verwitwet. Als „Zamość-Kind“ gehöre ich dem Verein der Zamość-Kinder an und bin dort ehrenamtlich aktiv. Zur Vereinsarbeit gehören auch Begegnungen und Zeitzeugengespräche mit polnischen und deutschen Schülerinnen und Schülern. Darüber hinaus kümmern wir uns um unsere kranken Kolleginnen und Kollegen und helfen ihnen in allen Lebenslagen."

Genowefa Makara (Juni 2018, Zusammenfassung und Übersetzung aus dem Polnischen: Christoph Kulessa)

Genowefa Makara kommt seit 2018 als Zeitzeugin ins Bistum Mainz.