Ernte.Dank

Gedanken zum Sonntag

Erntedank (c) drubig-photo | stock.adobe.com
Erntedank
Datum:
Mo. 27. Sep. 2021
Von:
Sr. Maria Magdalena Hörter OSB, Abtei Kloster Engelthal

Am ersten Sonntag im Oktober, mancherorts auch am letzten Septembersonntag, wird in den Kirchen das Erntedankfest gefeiert. In manchen Gemeinden ist es mit viel Brauchtum ausgeschmückt, sogar mit Festumzügen. Erntedank ist ein altes Fest, das es in allen Kulturen gibt, wohl schon seitdem die Menschen sesshaft geworden sind und ihre Nahrung nicht mehr nur erjagen oder sammeln, sondern selbst anbauen und Ackerbau betreiben.

Harte und mühsame Arbeit war notwendig, damit im Herbst eine Ernte eingebracht werden konnte.Dennoch erfuhren die Menschen zugleich, dass der eigentliche Erfolg ihrer Arbeit, dass ihr Überleben und Leben nicht allein von ihnen selbst abhängt. Da gab es Kräfte und Mächte, über die sie nicht verfügten, die größer waren als sie selbst, von denen sie nur hoffen konnten, dass sie ihnen wohl gesonnen sind.

So sehr anders ist es heute eigentlich nicht, auch wenn unsere Technik und Medizin weit fortgeschritten ist und viel mehr ermöglichen, als je einer Generation vor uns. Genug zum Leben zu haben, sich des Lebens freuen zu können, feiern zu dürfen, das ist Geschenk, Gabe, eigentlich sogar Zugabe. In jedem Fall ist es mehr, als ich planen, machen oder herstellen kann. Immer wenn mir bewusst wird, wie reich ich bin, immer, wenn mir bewusst wird, wieviel mehr ich bekomme, als ich eingesetzt habe, dann ist da „Ernte“.

Ernten ist etwas anderes als Herstellen, Machen oder LeistenDenn sie hat mit Früchten zu tun, nicht mit Produkten. In der Bibel ist viel von Früchten die Rede, von Fruchtbarkeit und vom Frucht-bringen, aber nicht vom Leisten. Die Grenzlinie von Fruchtbarkeit und Leistung ist schmal, denn beide erfordern Disziplin, Einsatz, harte Arbeit und Mühe. Doch es gibt auch entscheidende Unterschiede:

Damit Frucht wachsen kann, braucht es zuvor Kontakt und Begegnung, Besamung und Empfänglichkeit, Be-fruchtung. Das Wachsen selbst geschieht dann in einem Raum von Geheimnis, dem ich mich bei aller arbeitsaufwendigen Pflege geduldig anvertrauen muss. Und wenn am Ende wirklich Früchte reif geworden sind, dann sind dies alle Unikate, Originale, nicht Fließbandprodukte. Keine Frucht gleicht genau der anderen.

Nach einer Ernte und all dem, was ihr vorausging, kann ich zwar müde sein, erschöpft vom Arbeiten, vom Aushalten und Ertragen. Zugleich jedoch staune ich über all das, was mir nun vor Augen liegt. Wenn ich ehrlich bin, ist es viel mehr ist als das, was ich „geschafft“ oder „gemacht“ habe. Dieses„Mehr“ ist es, das mein Leben kostbar macht, das wunderbar ist und der Grund, ein Fest zu feiern.

Vielleicht haben Sie heute etwas Muße, zum Erntedanksonntag in Gedanken und im Nachsinnen ihre eigene „Ernte“ einzusammeln. Und wenn Sie dann noch die Zeit haben, in eine Kirche zu spazieren, in der Erntedankgaben vor den Altar gelegt sind, dann können diese Früchte dort Symbole für ihre persönliche Ernte sein. Sie sind Zeichen für Ihre eigenen Früchte. Schön sehen sie aus! Und sie duften! Die ganze Kirche duftet davon.

In das Staunen darüber mischen sich, ohne das ich das machen muss, noch andere EmpfindungenEin klein wenig Stolz. Freude. Und Dankbarkeit. Ernte-Dank.

Früchte, die vor den Altagelegt wurden, zeigen sehr deutlich, dass und wem sie verdankt sind, woher sie eigentlich kommen. Und wo meine Rolle in dem ganzen Geschehen ist: Ich mit all meinem Tun bin „Mitwirkende“ an einem viel größeren Werk, der Leben ermöglichenden und weiterschenkenden Schöpfung Gottes.

Ernte. Gott sei Dank.