Wie Allerheiligen in den Anden gefeiert wird

Ein Fest der Auferstehung

Allerheiligen in den Anden (c) Pfarrer Franz-Josef Jertz
Allerheiligen in den Anden
Datum:
Mi. 19. Okt. 2016
Von:
Pfarrer Franz-Josef Jertz
Wer in den Anden von Lateinamerika schon einmal einen Friedhof besucht hat, wird sich die Frage stellen, kümmert sich denn keiner um die Gräber hier? Haben die Menschen hier keine Achtung vor ihren Toten? Ungepflegt sehen die Gräber aus, die Kreuze stehen schief oder liegen auf dem Boden. Nur die knallroten Papierblumen und die Rosen aus Plastik erzählen von einem längst vergangenem Besuch eines Angehörigen.

Trostlos und verlassen sehen die meisten Friedhöfe aus. Nur der Andenwind ist ein ständiger Gast bei den Toten. Aber dann, am Todestag eines Verstorbenen und an beiden Tagen von Allerheiligen und Allerseelen können wir dort ein Fest der Auferstehung erleben. Da sind alle Angehörigen da, mit Kind und Kegel. Von weither kommen die Menschen angereist, jede und jeder ist unterwegs zu seinen Toten. Die Gräber werden herausgeputzt und der Grabschmuck erneuert. Das gesamte Leben an Allerheiligen und an Allerseelen wird an die Gräber der Ahnen verlagert. Ihren Verstorbenen stellen sie Essen auf die Gräber und reichen ihnen dazu auch Alkohol. Der Friedhof wird für die Familien zwei Tage lang zum Fest und Wohnplatz des Dorfes. Sie selber essen, trinken und tanzen, feiern mit lautstarker Musik und lassen es sich gut ergehen. Die alten Geschichten die sie mit ihre Verstorbenen erlebt haben werden wieder erzählt. Sie sprechen mit ihnen als wären sie noch unter den Lebenden. Sie und ihre Toten bilden eine Gemeinschaft. Zwischen ihnen und denen, die im Grabe liegen gibt es keine Grenzen.

Ist das nicht ein wenig schräg, makaber und daneben, sich auf dem Friedhof zu benehmen wie auf einer Kirmes? Einige bleiben nicht nur tagsüber da, sondern viele verbringen dort auch noch die Nacht mit Musik und Tanz. So drücken die Menschen von Lateinamerika ihre Freude über die Erlösung ihrer Toten durch die Auferstehung Jesu Christi aus. Sie feiern Allerheiligen und Allerseelen als ein Fest der Auferstehung und sind glücklich darüber, dass ihre Verwandten in das ewige Leben bei Gott eingegangen sind. Sie feiern ihren Glauben, dass keiner durch den Tod verloren geht. Die Menschen in Lateinamerika machen sich durch ihr Fest mit ihren Toten das Wort des heiligen Paulus zu eigen: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? ... Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch Jesus Christus, unseren Herrn." (1 Kor 15,55.57)