280 Pflanzen und Bäume hat sie damals im 12. Jahrhundert schon katalogisiert nach ihrer Wirkung und ihrem Nutzen für Kranke. Bis heute profitieren wir von diesem Wissen Hildegards über Naturheilkunde und Ernährung. Es gibt medizinische Bücher, die sich auf sie beziehen, aber auch Gartenbücher oder Kochbücher, und natürlich kann man auch Dinkelkekse und Dinkelbrot kaufen nach ihrem Rezept.
Wer sich heute gesund ernähren und gesund leben möchte: Der stößt auch im Internet immer wieder auf die heilige Hildegard. Mancher wiederum in der Kirche findet das fast schon ein bisschen anstößig: eine Heilige, die weniger mit der Seelsorge, mit der Sorge um die Seele also verbunden wird als mit der Sorge um den Leib, mit einer Leib-Sorge sozusagen. Dabei hat das im Christentum eine wirklich lange Tradition. Schon Jesus von Nazareth damals hat sich ja nicht nur um das Seelenheil der Menschen gekümmert. Er hat Kranke geheilt. Das vor allem hat ihn berühmt gemacht, deswegen kamen immer mehr Menschen zu ihm, lahme, blinde, stumme Menschen. Sie wollten Heil für ihren Leib – und Jesus hat es ihnen geben und sie gesund gemacht.
Natürlich geht es bei Jesus und bei der heiligen Hildegard auch um das Heil der Seele. Beides gehört zusammen bei ihnen, Leib und Seele. Die heilige Hildegard hat nicht nur Tipps bezüglich Medizin und Kochen gegeben. Sie hat auch dazu aufgerufen, Acht zu geben auf die eigene Seele. Gesundheit war für Hildegard von Bingen auch ein „Gleichgewicht der Seele“.
Auf die Seele und den Leib gleichermaßen achten. Für beide zu sorgen. Das ist deswegen ganz in der christlichen Tradition, auch, wenn es da in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder leibfeindliche Vorstellungen gegeben hat. Aber eigentlich haben Heilige wie Hildegard von Bingen immer wieder deutlich gemacht: Wir sollen auch für die Gesundheit des Körpers Sorge tragen. Für die eigene Gesundheit und für die der anderen. Gerade in Corona-Zeiten finde ich das eine wichtige Botschaft. Es kann eben auch heißen: Ich trage Maske, um andere zu schützen vor dem Virus. Ich halte Abstand, ich wasche mir die Hände. Das sind für mich in diesen Zeiten durchaus religiöse Aufgaben.
Für die eigene Gesundheit sorgen, das kann außerdem bedeuten: Ich tu meinem Körper Gutes. Ich gebe ihm ausreichend Schlaf. Ich treibe ein bisschen Sport. Oder: Ich gönne mir ab und zu ein leckeres und gesundes Essen. Vielleicht mit ein wenig Dinkel und nach dem Rezept der heiligen Hildegard von Bingen.