Das Motiv des Palmsonntags, an dem Jesus auf einem Esel reitend in die Stadt Jerusalem einzieht (Evangelium nach Matthäus 21, 1-11), lädt dazu ein, ihm auch heute auf den Straßen unseres Lebens zu begegnen. Nun sind in diesen Tagen die Straßen unserer Städte aus gutem Grund fast menschenleer. Zurückgezogen in die Häuser und Wohnungen warten wir gespannt, was kommt, und hoffen, dass wir vom Coronavirus verschont werden.
Jesus auf einem Esel reitend. Der Esel ist ein nützliches Tier, denn er hat sich in hohem Maße dem angepasst, was wir von ihm erwarten. In der christlichen Tradition ist der Esel ein Symbol für den menschlichen Körper. Esel sind duldsam, sie halten viel aus und tragen schwere Lasten. Esel sind störrisch. Sie gelten als lustgetrieben. Franz von Assisi nannte den Körper „Bruder Esel“. Man ahnt die Einsicht des Heiligen: nämlich in die Esel-Natur des Menschen. Manche wollen heute die Bedrohung immer noch nicht wahrnehmen. Andere sind besonders achtsam auf jede (vermutete) Unregelmäßigkeit in ihrer Körperwahrnehmung.
Gott bedient sich des Leibes. Jesus lässt die Jünger im heutigen Evangelium auf die Frage antworten, warum sie den Esel losbinden: „Der Herr braucht ihn!“ Gott braucht unseren Leib. Gott spricht zu uns durch unseren Körper – auch in Situationen der Krankheit und der Überforderung. Ja, er nimmt selbst diesen Leib an, wie es am Palmsonntag in der Lesung aus dem Philipperbrief (2, 6-11) heißt, „er entäußerte sich, wurde wie ein Sklave, und den Menschen gleich.“ Er kennt unsere Angst und trägt sie mit.
Jesus reitet auf einem Esel. Das sagt mir: Gott und das Menschsein sind nicht zu trennen; Leib und Seele gehören zusammen; Leben ist mehr als Gesundsein. Gott bannt unsere Todesängste. Es wird Ostern werden: Hoffnung keimt auf!
auf einem jungesel kam er geritten – kleinleute-messias:
die finger einer halbweltdame vollzogen die salbung an ihm …
bald verwirrt bald euphorisch folgten ihm die freunde die jünger
um bei seiner verhaftung ratlos unterzutauchen ins dunkel
über sein schweigen hin rollte der schnelle prozess
ein afrikaner schleppte für ihn den balken zum richtplatz hinaus
stundenlang hing er am kreuz: folter mit tödlichem ausgang –
drei tage später die nicht zu erwartende Wendung
anstatt sich verstummt zu verziehen ins bessere jenseits
brach er von neuem auf in das grausame diesseits
zum langen marsch durch die viellabyrinthe
der völker der kirchen und unserer unheilsgeschichte
oft wandelt uns jetzt die furcht an er könnte
sich lang schon verirrt und verlaufen haben
entmutigt verschollen für immer vielleicht – oder bricht er
noch einmal (wie einst an ostern) den bann?
Kurt Marti (1921-2017)