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Interview:„Es ist wichtig, früh an die Öffentlichkeit zu gehen“

Datum:
17. Juli 2025
Von:
Anja Weiffen, Glaube und Leben

Kirchengemeinden sind immer eingebettet in ein politisches und gesellschaftliches Umfeld. Was sollten Gemeinden, die Gotteshäuser umnutzen wollen, besonders bedenken?

Für Christen wie für Nicht-Christen ist der in die Steine eingeschriebene Glaube ein, oft weithin, sichtbares Zeichen. Gotteshäuser symbolisieren die zugehörigen moralischen und ethischen Werte. Deshalb sollte der zweite Schritt – die Abgabe des Gotteshauses beziehungsweise deren Umnutzung – nicht vor dem ersten folgen. Gemeint ist die Prüfung, ob eine erweiterte Nutzung möglich ist, das heißt, dass die Kirche in Teilen Gotteshaus bleibt, und zugleich auf Augenhöhe weltlichen Akteuren die Türen offenstehen. Das setzt voraus, bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf die Kommune, auf sozial-integrative Institutionen und Kultureinrichtungen sowie auf die lokale und regionale Privatwirtschaft zuzugehen. Nur wer ins Gespräch miteinander kommt, kann gesamtgesellschaftliche Bedarfe ausloten, die anderenfalls zumeist in Neubauten realisiert werden.

Welche Umgestaltungslösungen favorisieren Sie: in der Stadt, auf dem Land?

Die Räume einer Kirche können bei Nutzungspartnerschaften gemeinsam bewirtschaftet werden, bezogen auf die Fläche oder die Zeit. In den zumeist großräumigeren Stadtkirchen ermöglichen Raum-im-Raum-Konzepte ein gutes Zusammenspiel unterschiedlicher Aktivitäten. Die Kirchenschiffe ummanteln diese als witterungsgeschützte Hülle. In Dörfern sind die Gotteshäuser nicht immer, doch häufig deutlich kleiner. Das spricht in vielen Fällen für eine rein zeitbezogene Mehrfachnutzung. Zusätzliche Funktionen wie etwa geschützte Zugänge oder notwendige Nebenflächen, wie Lager- und Sanitärbereich, bedürfen hier häufiger kleiner Anbauten.

Was bringt alles Nachdenken über Umnutzung, wenn niemand die Kosten übernimmt?

Für viele Menschen ist das Kirchengebäude ein „Eh-da“-Gebäude. Aufgerüttelt werden sie in größerer Anzahl meist erst dann, wenn über dessen Zukunft entschieden wird. Weil man es nicht mitbekommen hat oder weil man dachte, es sei noch viel Zeit, kommt aufkeimendes Engagement zu spät. Doch es wäre da gewesen! Gerade deshalb ist es so wichtig, früh und mit der Darlegung aller Konsequenzen an die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei kirchlicherseits und kommunalseitig die Bildung von Initiativen zu stärken, zunächst allen Ideen einen ergebnisoffenen Diskussionsraum zuzubilligen, auch wenn sie als noch so mutig empfunden werden. Es sind nicht nur die konfessionell gebundenen Menschen, die sich derart für ihre Kirchengebäude einsetzen wollen. Vielmehr können und sollten sich hier ganz verschiedene Akteure zusammenfinden, um das Kirchengebäude vielleicht sogar erst einmal für temporäre Aktivitäten zu öffnen und potenzielle Möglichkeiten erweiterter Nutzungen auszuprobieren. l