„Freut Euch der Zeit, die Euch gegeben - lebt und lasst auch den andern Leben."

Predigt an Fastnacht in St. Stephan

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Datum:
Mo. 3. März 2014
Von:
Pfarrbüro
Die Nase sitzt, das Haar fällt lockig, die Verse kommen leicht und flockig.

8. Sonntag im Jahreskreis – Fastnachtspredigt -  Pfr. Schäfer


Die Nase sitzt, das Haar fällt lockig,

die Verse kommen leicht und flockig.

Ich hab mich für Euch schön gemacht

und mir `ne Predigt ausgedacht,

in der ich mich an Fragen wage,

wie die, warum wir Kleidung tragen

und warum Sorgen an uns nagen.

Was ich, als ob das gar nichts wäre,

als Theologe für Euch kläre,

von Grund auf und von Anfang an.

Und wenn´s Euch lang wird,

denkt daran:

 

Alle, auch die Fastnachtstage,

haben ihre eigne Plage.

 

Bedenkt, spürt `ne Ermüdung Ihr:

Ihr seid nicht zum Vergnügen hier!

 

 

Die Vöglein singen Tirili,

am Nektar nascht der Kolibri.

Ein Fuchs spielt mit dem Has Verstecken,

der Hai dümpelt im Goldfischbecken.

Dem Wolf, der da durch´s Dickicht schleicht,

ein Lamm nicht von der Seite weicht.

Die Schmetterlinge tanzen Reigen

während die Zikaden geigen

und in des Löwen wilder Mähne

nisten Tauben. Die Hyäne

schaut derweil in stiller Ruh

dem Zebrakind beim Grasen zu.

 

So war´s wohl einst in jenem Garten:

Es gab Geschöpfe aller Arten,

die weil sie sich vegan ernährten,

in schönster Eintracht nur verkehrten.

Noch galt nicht das Gesetz auf Erden

Vom Fressen und Gefressen werden.

Und keiner brauchte sich zu sorgen,

an jenem frühen Schöpfungsmorgen.

Der Schöpfer selbst sorgte für jeden

Im Paradies, dem Garten Eden.

 

Wie er sich denn grad so fühle,

fragte, als in der Abendkühle

beim Spaziergang er vorüberkam,

der Herr selbst einst bei Adam an.

Das hät´er besser nicht getan!

 

Mürrisch ließ aus der Hängematte,

in die er sich gebettet hatte

-ganz nackt, doch ohne sich zu schämen-

der Ahnherr Adam sich vernehmen:

 

„Fern sei´s mir, dich zu kritisieren.

Schön ist es hier mit all denTieren:

Dem Vogel, der´s Gefieder sträubt,

der Biene, welche Blüten stäubt,

dem Pfau, wie er sein Rad dort schlägt,

dem Hirsch, der sein Geweih stolz trägt,

dem Ochsenfrosch, der unentwegt

quakt und an meinen Nerven sägt.

Er weigert sich, sein Balzverhalten

etwas subtiler zu gestalten.

Nicht, dass, o Herr, ich bitte sehr

mich etwa jetzt bei dir beschwer,

doch alle und selbst dieser Watz

finden schließlich ihren Schatz.

Nur ich bleib einsam und allein.

Zieh abends mir ein Bierchen rein,

döse kurz drauf schnarchend ein.

Da ist kein Bein von meinem Bein

und niemand redet mir hinein

-das soll das Paradies nun sein?“

 

„Ja, Adam, du alter Penner“,

denken sich jetzt manche Männer,

„genau so stellen wir, du Tor,

das Paradies und wirklich vor!

Das hast du wohl für uns vergeigt!“

Womit sich wieder einmal zeigt:

Mit Wünschen sollt´man vor sich seh´n

weil sie manchmal in Erfüllung geh´n.

 

Was folgte sei nur kurz berichtet

und im Schnelldurchlauf bedichtet:

Adam fiel in seinem Kummer

in einen komatösen Schlummer.

Erwachte dann. Noch halb im Traum

glaubt er, er sieht den Apfelbaum

mit jenen Früchten, die verboten,

den schönen, runden, rosig roten

als Eva, die zu ihm sich neigt,

sich so zum ersten Mal ihm zeigt.

Obwohl ihn Seitenstechen quälte,

weil ihm ja eine Rippe fehlte,

fühlt er den Wunsch, den glühend heißen,

da unverzüglich reinzubeißen.

Wir war´n ja damals nicht dabei.

Wie´s heißt war´s nicht ganz jugendfrei,

als Mann und Frau sich einst erkannten.

Nur einer unsrer Artverwandten

schaut sich was ab. Denn irgendwo

saß im Gebüsch ein Bonobo.

 

Der Witz erschließt sich jetzt nur dem,

der nachschlägt beim Tiervater Brehm.

Dort liest man, dass der Bonobo

ein Äffchen sei, das sinnenfroh

und ganz frei von Moralgefühlen

in seinem Dschungelcamp, dem schwülen,

in Liebe lebt in ziemlich freier,

wie Langhans einst mit Obermeier.

 

Wie dem auch sei. Am Ende tut

zu viel Obst einfach nicht gut.

 

Man kommt, wusste schon Augustin

um diese Einsicht nicht umhin.

Der stellte fest: „Mir jedenfalls

steckt seit dem Tag des Sündenfalls

dieser Apfel noch im Hals.“

 

Es zeigt seitdem sich stets auf´s Neue:

Kurz währt die Lust und lang die Reue!

 

Adam war noch ganz betört,

meint, dass er Engelchöre hört

und fühlt der Liebsten sich so nah,

als Eva ihm ins Auge sah.

Es öffnet sich ihr süßer Mund

und tut das Folgende ihm kund:

 

„ Wie´s aussieht ist sonst keiner hier,

drum schwör ich ew´ge Treue dir.

Für immer bin ich stets die deine,

dein Weib, was freilich, wie ich meine,

von dir verlangt, wenn du mich liebst,

dass du dir etwas Mühe gibst.

In guten Tagen und in schweren

sollst du mich achten und auch ehren.

Wenn du ein guter Mann mir bist,

was recht, wenn auch nicht billig ist,

wirst du wohl mir holdem Wesen

die Wünsche von den Augen lesen.“

 

Adam, dem nichts Gutes schwante

und der ein Unheil kommen ahnte,

lauschte bang und leicht beklommen

der Frau, die jetzt in Fahrt gekommen:

 

„Meine Wünsche sind bescheiden:

Siehst du, wie sich die Blumen kleiden?

Und jetzt, mein herzensguter Mann,

sieh bitte mich genauer an!

Fällt dir da vielleicht was auf?“

Adam sprach: „Ich komm nicht drauf!“

 

„Dann vergleich doch mal die Lilien hier

versuchsweise einmal mit mir!“

Eva war schon leicht aufgebracht.

„Wenn du die siehst in ihrer Pracht-

dämmert dir da irgendwas?“

Adam sprach: „Ich seh´ nur Gras!“

 

Er war wohl doch nicht so gescheit.

„Siehst du der Blumen Blütenkleid?“,

fragt seine Frau, die längst am Rand

der ersten Nervenkrise stand.

„Und siehst du, wie ich da mittendrin

ein armes Mauerblümchen bin?

Kommt dir da gar nichts in den Sinn?

( . . .)

O Mann: Ich ab nichts anzuzieh´n!“

 

Das war es, was einst Eva sprach,

eh schluchzend sie zusammenbrach.

„Dies noch, du tumber Erdenkloß:

Sieh dich vor und wag dich bloß-“,

hauchte sie noch, schon ganz matt,

„Komm ja nicht mit `nem Feigenblatt!“

 

Da steht er, ratlos, unser Held.

So kam die Sorge in die Welt.

 

 

Seit jenen ersten Menschheitstagen

lautet die Frage aller Fragen,

mit der wir uns schon morgens plagen:

„ Was soll ich heute denn bloß tragen?“

 

„Ich könnte“, denkt die Kanzlerin,

„den gelben Blazer überzieh´n.

Ich find ihn nicht! Wo ist er hin?

Ach so, der war ja eingelaufen!

Den kann man jetzt bei Oxfam kaufen.

Dann kommt jetzt halt der rote dran.

Die Hosen, die behalt ich an.“

 

Manch andrer denkt, ein Doktorhut

täte seinem Anseh´n gut.

Es hoffen so gewisse Gecken,

ihre Blößen zu verdecken.

Suchen dann noch in den Fastnachtsachen,

weil schließlich Kleider Leute  machen

`ne Hornbrille sich auf die Schnelle

und geh´n als Intelektuelle.

Sie denken sich dabei vergnügt:

„Es fliegt

nur , wer gelegentlich betrügt.

Weil heiße Luft nach oben steigt,

macht, wer nicht zu sehr zur Demut neigt,

am Ende schließlich Karriere.“

Wenn nur das Internet nicht wäre!

Dort ist schon mancher, der gelogen,

schlussendlich doch noch aufgeflogen.

Das weiß jetzt auch Andreas Scheuer.

Den kennt Ihr nicht? Das ist ein neuer

zu Gutenberg der CSU.

Dem  wuchs jetzt die Erkenntnis zu:

Ein Doktorhut hält nicht so lange,

wenn er gekauft und von der Stange.

Doch lassen wir hier Gnade walten:

Die Brille darf er aufbehalten!

 

Es ist nun mal die schönste Mütze

dem Träger überhaupt nichts nütze,

wenn sie ihm einfach nicht gut steht.

Was Ihr am nächsten Beispiel seht:

 

In London trägt man `ne Melone.

In Ascot geht nie oben ohne

Die Frau, die etwas auf sich hält.

Zylinder trägt der Mann von Welt.

Und `nen Sombrero sowieso

trägt man im fernen Mexiko.

In Frankreich trägt man ein Baguette

und auf dem Kopf gern ein Barrett.

Was aber tragen Katholiken,

wenn sie zur Zeit nach Limburg blicken?

Sie tragen sich mit Putschgedanken,

die sich um den Bischof ranken.

Und mancher denkt in stiller Wut:

„Wann nimmt der endlich seinen Hut?“

 

Er schaut in seiner Sakristei

doch noch gelegentlich vorbei,

um dort die Rüschen und die Quasten

seines Ornates zu betasten.

Das Prunkgewand aus Hermelin

war doch vielleicht zu groß für ihn.

Derweil schwimmt einsam Bahn um Bahn

im Badezimmer nebenan

in der Wanne, die ja, wie Ihr wisst,

freistehend und beheizbar ist,

ein deprimierter Fisch herum.

Es ist ein Koi, der trauert stumm,

weil er sein Herrchen so vermisst.

Bis Tebartz schließlich ihn begrüßt.

Er ist gerührt, denn dieser Koi,

der blieb als einziger ihm treu.

Er geistert durch die leeren Räume.

Ihm ist, als ob er wachend träume,

und sieht sich selbst, das muss schon Wahn sein,

als König Ludwig in Neuschwanstein.

Es steigt ein Nebel auf, ein blasser,

er gleitet in der Wanne Wasser.

Und während durch die hohen Hallen

ganz plötzlich Wagnerklänge wallen,

hört man ein leises Plätschern nur.

Und so verliert sich seine Spur.

 

Das war, meint Ihr, und habt ja recht,

jetzt schon gemein.

Aber nicht schlecht!

 

 

Mit Folgendem möchte ich bezwecken,

Euch aus dem Kirchenschlaf zu wecken:

Ich gebe Euch ein Verslein vor,

und Ihr antwortet im Chor,

wenn Ihr das reche Reimwort wisst.

Dann merkt Ihr auch, wie schwer das ist!

 

Ich bieg jetzt in die Zielgerade!

Jetzt müsst Ihr rufen: „O, wie schade!“

Es muss halt Schluss sein irgendwann!

„Ach bitte, tu uns das nicht an!“

Mir fällt jetzt aber nichts mehr ein!

„Das kann doch eigentlich nicht sein!“

Mich kratzt´s im Hals und mich tut dürsten!

„Wir huldigen dir Dichterfürsten!“

Das ging zu weit! Ich bin bescheiden!

„Mit Lorbeer wir dein Haupt umkleiden!“

Ich leg jetzt doch die Nase nieder!

„Wir kommen nächsten Sonntag wieder!“

Versprochen ist versprochen?

„Und wird auch nicht gebrochen!“

 

Da bin ich aber mal gespannt.

Ich hoff´, Ihr habt Euch nicht verrannt!

Wenn´s klappt, passt auf, der Reim wird sperrig,

war das jetzt wirklich missionärrisch.

 

Ich hab´, was wir grad exerziert,

direkt aus Rom frisch importiert,

wo man jetzt mal was Neues wagt

und die Gläubigen befragt,

was sie von manchen Lehren halten

und wie sie sonst sich so verhalten.

Das sorgt im Kirchenvolk für Stimmung

und entspricht letztendlich der Gesinnung,

die uns bei Jesus selbst begegnet,

der Gerechte und auch Sünder segnet.

 

Erst mal zu hören, was sich die Menschen so fragen,

anstatt ihnen immer wieder dasselbe zu sagen

und um sie möglichst gut zu verstehen

auf manchmal staubigen Pfaden mit ihnen zu gehen,

das verschreibt Papst Franziskus der Kirche als Kur,

weil sie nämlich krank wird immer dann, wenn sie nur

um sich selbst und die eigne Unfehlbarkeit kreist,

wie ein Wegweiser, der nur auf sich selber verweist:

 

Es käm nicht drauf an, möglichst würdig zu schreiten,

sondern den, der das braucht, auf seinem Weg zu begleiten.

 

Den Prälaten und den Eminenzen,

die ihn rausgeputzt umschwänzeln,

teilt er mit, was ihn beträfe so sei,

dieser Karneval erst einmal vorbei:

 

„Lasst mich mit eurem Lametta in Ruhe,

auch diese roten Pantoffeln stopft ruhig in die Truhe.

Ich trage meine Straßenschuhe.

Wir beginnen das Evangelium nämlich erst dann zu versteh´n,

wenn wir selbst dem Herrn  auf seinen Wegen nachgehen.

 

„Sorgt Euch“, sagt der, „nicht um das Leben,

noch um die Kleidung, die Ihr tragt.

Überreich wird dem gegeben,

der sich zu verschenken wagt.“

 

„Bringt jeder Tag auch neue Plagen

Und scheint der Weg nach Haus oft weit,

für jene, die jetzt Lumpen tragen,

liegt dort ein Festgewand bereit.“

 

„Und hört die Vögel, wie sie singen!

Seht doch die Blumen auf dem Feld!

Und glaubt mir, dass in allen Dingen

Eine Macht ist, die Euch hält.“

 

„Freut Euch der Zeit, die Euch gegeben,

denn irgendwann ist es genug.

Lebt und lasst auch den andern leben“

 

-auch auf dem Rosenmontagszug!