1000jährige Seidenstoffe aus dem Dom zu Worms
Textile Grabfunde-Ein Schlüssel zur mittelalterlichen Geschichte und Kultur in Europa
Vor genau einhundert Jahren stieß man bei Bauarbeiten im Dom zu Worms auf Gräber unter dem Fußboden. Die Sensation war perfekt als man sie als Grablege von Angehörigen und Vorfahren des salischen Kaisers Konrad II. identifizieren konnte. Damals wurden den Gräbern Fragmente der Kleidung der Bestatteten entnommen. Doch eine wissenschaftliche Bearbeitung und die dringend notwendige Sicherung der tausendjährigen, zumeist seidenen Stoffe konnte bisher nicht realisiert werden.Dem Mainzer Diözesankonservator Dr. Hans-Jürgen Kotzur ist es nun gelungen, die entscheidenden Schritte zur Bearbeitung und Konservierung der aufgrund ihres hohen Alters äußerst fragilen Stücke einzuleiten. Mit finanzieller Unterstützung der EU-Kulturförderung konnten in einem auf ein Jahr befristeten Projekt die Fragmente von internationalen Restauratoren und Textilspezialisten examiniert und Konzepte zu ihrer Konservierung erarbeitet werden. Auf Vermittlung der beteiligten Partner, der Domschätze von Angers (Frankreich) und Lüttich (Belgien) konnte zudem das renommierte Institut Royal du Patrimoine Artistique in Brüssel für die Analyse ausgewählter Textilien gewonnen werden. Das gesamte Volumen der 1906 und 1912 gesicherten Fragmente umfasst mehrere hundert Stücke. Da die Dompfarrei St. Peter als Eigentümerin nicht über die Möglichkeiten verfügte, lagerte der bedeutende Fund lange Jahre im Wormser Stadtmuseum, dessen Direktorin Dr. Mathilde Grünewald mit dafür sorgte, dass die wertvollen Stücke nicht in Vergessenheit gerieten. In einem wissenschaftlichen Kolloquium wurden die Textilien vorgestellt sowie erste Ergebnisse und Möglichkeiten der Textilkonservierung von Fachleuten diskutiert. Einem breiten Publikum wurden die tausendjährigen, teils golddurchwirkten Seidenstoffe in einer Fotoausstellung präsentiert, die am 26.10.2006 in Anwesenheit von Dompropst Engelbert Prieß im Dom zu Worms eröffnet wurde. Großformatige Detailaufnahmen lassen die ursprüngliche Pracht der Seiden erahnen. An Hand von Vergleichsbeispielen aus Angers und Lüttich wird die Bandbreite der Webtechniken, Muster und Farben der mittelalterlichen Stoffe deutlich. Eindrucksvolle Fotos von den Grabungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts runden die Präsentation ab und gewähren einen Einblick in die bedeutende Geschichte des Wormser Doms als erste Grablege des salischen Herrscherhauses.