Impuls: Gedanken in den Zeiten des Coronavirus

Datum:
Fr. 20. März 2020
Von:
Pfarrer Herbert Jung

Not lehrt beten – ein altes Sprichwort, das frühere Generationen mit ihrer Erfahrung bestätigt haben. Ich persönlich finde diese These schrecklich – denn dahinter steht ein Gottesbild, das sich nicht mit den Texten des Alten und Neuen Testaments so einfach übernehmen lässt. Das Gottesbild dort redet von Jahwe - auf deutsch: Ich bin (für euch) da (Ex 3,14). Allerdings heißt dies nicht: ich erfülle alle eure Wünsche bzw. ziehe mich aus den Angelegenheiten dieser Welt zurück. Meine Pläne spielen auch eine Rolle und wenn es sein muss, dann greife ich ein.

 

Ist diese Epidemie, dieser Virus nun ein Eingreifen Gottes? Gar eine Strafe seinerseits, wie es manche deuten? Die Antwort darauf ist offen. Denn er schweigt wohl: der Gott der Juden und Christen und das erinnert auch an jenen Karfreitag, da selbst der eigene Sohn vergeblich auf eine Antwort gewartet hat. Vielleicht - und jetzt lehne ich mich weit aus dem Fenster – ist diese schwierige Zeit notwendig geworden, weil unsere Gesellschaft manche Irrwege sich zugemutet hat.
Notwendig d.h. dann: sie
fordert nicht nur Krankheit und Tod  - ein allzu hoher Preis –
sie lädt ein, nachzudenken und Werte zu entdecken, die wir mit der Zeit einfach verloren haben:
dass nicht wir die Herren der Welt sind,
dass Stress und Leistung nur bedingt lebbar sind,
dass wir einander brauchen und zerbrechliche
Wesen sind,
dass allein Brot und Spiele die Menschen nicht zufrieden stellen,
dass Religion – nicht nur die christliche – dem Menschen zum Leben hilft.

Deshalb sage ich gerne: Not lehrt nachdenken!

Mit diesem Satz kann ich mich gut anfreunden. Und mit den Geschichten aus dem neuen Testament – sie reden fast alle davon, dass wir keine Angst zu haben brauchen, dass Jahwe seinem Namen wirklich Ehre macht und einlädt, Vertrauen zu finden zu IHM und zu seinen Plänen.

Vielleicht greift er zuweilen ein – wie ein guter Pädagoge – nicht um zu strafen, nein, um zur Umkehr zu laden. Von einem todbringenden Leben zu einem glücklichen, denn das ist angesagt: ein Leben in Fülle.

Vergessen Sie das nicht – es mindert die Angst!
Und das Schweigen Gottes? Das gilt es auszuhalten – es ist auch eine Hilfe, weil es zum Nachdenken zwingt, uns an die tiefsten Fragen des Menschen führt: die Fragen nach Leben und Tod.

Und vor allem: es bringt Ruhe: ein großes Geschenk des Schöpfers.

Bleiben Sie gesund und kehren Sie um (MK 1,15 und LK 13,5).

Pfarrer Herbert Jung