Nie wieder

In der Woche vor dem 9. November ist auch der 9. Oktober in Erinnerung …

IMG_7807 (c) Bistum Mainz
IMG_7807
Datum:
Fr. 8. Nov. 2019
Von:
Beate Hirt

In dieser Woche wird es sicher noch mal viele Filme und Erinnerungen zum 9. November 89 geben: 30 Jahre ist der Mauerfall jetzt her. Und trotzdem: Ich will mich in diesen Tagen auch besonders an den anderen 9. November erinnern: den vor 81 Jahren, der 9. November 1938. In der Reichspogromnacht wurden die Geschäfte von Jüdinnen und Juden geplündert und zerstört, Menschen wurden gejagt auf den Straßen, Synagogen angegriffen und in Flammen gesetzt. Juden wurden ab diesen Novemberpogromen nicht mehr nur diskriminiert, sondern systematisch verfolgt und getötet. Am Ende der Nazizeit, 1945, waren 6 Millionen Jüdinnen und Juden ermordet worden.

Ich muss dieses Jahr auch besonders an diesen 9. November denken wegen des 9. Oktobers. Da ist vor einigen Wochen etwas geschehen, von dem ich dachte, dass es in Deutschland nie mehr geschehen würde, nie mehr geschehen darf. Eine Synagoge wurde angegriffen, von einem jungen deutschen Rechtsextremen. Es war der höchste jüdische Feiertag, Jom Kippur, und rund 50 Menschen waren dort im Gotteshaus zum Gebet versammelt. Und dann kommt einer schwer bewaffnet mit Gewehren und Sprengstoff und versucht die Tür aufzuschießen, drinnen kann der Gemeindevorsteher es über die Überwachungskamera sehen. Jüdinnen und Juden, die 2019 in Deutschland in einer Synagoge Angst um ihr Leben haben müssen. Ich kann das immer noch kaum glauben und mir kommen die Tränen, wenn ich daran denke, Tränen der Trauer und Tränen der Wut. 

Ich will nicht, dass in meinem Land Menschen jüdischen Glaubens Angst um ihr Leben haben müssen oder dass Menschen auf offener Straße erschossen werden. Ich will mich dagegen wehren, ich tue das, was ich tun kann: Vor jüdischen Synagogen Solidarität zeigen. Mich einsetzen für mehr politischen, gesellschaftlichen und juristischen Druck gegen Rechtsextremismus. Und wenn nötig: im Zug etwas sagen, wenn rechte Sprüche geklopft werden, wenn abfällig über Juden geredet wird. Dieser 9. Oktober und natürlich auch dieser 9. November: Sie sollen sich nie wiederholen.

Beate Hirt, Mainz, katholische Kirche

Anstöße/Morgengruß SWR 1 / SWR 4
Beate Hirt, Mainz, Katholische Kirche
Montag, 4. November 2019