Vor 1000 Jahren weihte ein Mainzer Godehard von Hildesheim zum Bischof

Die Gotthardkapelle am Dom trägt seinen Namen

Gotthardkapelle im Mainzer Dom (c) Bistum Mainz | AnSchermuly
Gotthardkapelle im Mainzer Dom
Datum:
Fr. 2. Dez. 2022
Von:
Domkapitular Professor Dr. Franz-Rudolf Weinert

Wie Menschen weltweit etwas mit dem Gotthardpass verbinden, so geht es vielen Mainzern mit der Gotthardkapelle am Markt. Der romanischen Kapelle aus dem 12. Jahrhundert, die so eng mit dem Dom verbunden ist, dass sie als eigenes Gebäude gar nicht recht wahrgenommen wird. Und auch der Heilige, nach dem sie benannt ist, ist zumindest in Mainz ein eher unbekannter Heiliger.

Der hl. Godehard, Holzschnitt von 1518 (c) Dombibliothek Hildesheim

Godehard, oder auch Gotthard, wurde um das Jahr 960 in Reichersdorf an der Donau geboren und trat schon bald in die nahegelegene Benediktinerabtei Niederaltaich ein. Als Prior und Abt des Klosters übernahm er auch die Leitung der Klöster Hersfeld und Tegernsee, wo er überall die Reformen durchführte, die vom bedeutenden Kloster Cluny in Frankreich ausgingen. Auf Vorschlag Kaiser Heinrich II. wurde er zum Bischof von Hildesheim berufen und am 2. Dezember 1022 vom Mainzer Erzbischof Aribo geweiht, zu dessen Erzbistum Hildesheim damals gehörte. 

Erzbischof Aribo, Glasfenster im Mainzer Dom (c) Florian Kropp

Während seiner Amtszeit erlebten Kunst und Kultur eine unvergleichliche Blütephase. Er gründete eine Schule für Schreib- und Malkunst, er sorgte für eine bessere Ausbildung der Geistlichen, baute Hospitäler, Klöster und Pilgerhäuser. In seiner sechzehnjährigen Amtszeit entstanden dreißig neue Kirchen. Er sagte seinen Tod voraus und starb am Abend des Himmelfahrtstages, am 5. Mai 1038. Godehard wurde im Hildesheimer Dom bestattet. Schon 1131 von Papst Innozenz II. heiliggesprochen, wurde Godehard der erste Heilige des Bistums Hildesheim. Eine langanhaltende Godehardverehrung setzte nun ein, die sich weit über die Grenzen des Bistums ausbreitete; sie gelangte bis nach Schweden und Finnland. Von Sachsen bis Westfalen, von Schlesien bis Oldenburg, vom Rheinland bis Bayern wurden Kirchen und Kapellen nach ihm benannt. Auf der Passhöhe des St. Gotthard errichteten die Zisterzienser zu Beginn des 13. Jahrhunderts ihr berühmtes Hospiz, das seinen Namen trägt. In Mailand entstand die Kirche „San Gottardo“, wie in Mainz, nahe am Dom. In Österreich, der Schweiz, Polen, Ungarn und Rumänien, in Holland und Italien wird Godehard bis heute verehrt. 

Wie es zur Gotthardkapelle in Mainz kam 

Der Mainzer Erzbischof Adalbert I. (1110 - 1137) ließ 1135/36 an der Nordseite des Doms, ganz in der Nähe seines Bischofshofes („Höfchen“), eine doppelgeschossige Hauskapelle errichten, die anfangs keinen Namen hatte. Sie sollte ihm und seinen Hausgenossen zur Privatandacht dienen. Der Stifter vollendete den Bau, konnte ihn aber nicht mehr weihen, er starb am 23. Juni 1137 und fand vor dem Altar seine letzte Ruhestätte. Weihbischof Burkhard von Worms weihte die Kapelle am 30. Juni 1137, die nun das Patrozinium erhielt, das Adalbert für die Kapelle ausgewählt hatte: „Capella divi Gothardi“, Sankt Gotthardkapelle. Ein starker Ausdruck der Wertschätzung gegenüber dem Heiligen, der so viel für die Kirche getan hatte. So schließt sich der Kreis und ergibt sich der Bezug zu Mainz: ein Mainzer weihte Gotthard zum Bischof, ein Mainzer ließ das Gotteshaus auf seinen Namen weihen, bis heute trägt die ehrwürdige Mainzer Kapelle den Namen des Bischofs und Bekenners. Leider gibt es kein Bild von ihm, aber die historischen Quellen zeichnen den Weg seines Lebens und seiner Verehrung. Es ist ein Weg von Prüfungen und Ausdauer, in dem das Geheimnis seiner Berufung, seines Wirkens, seiner Heiligkeit und seiner Verehrung beschlossen liegt. 

Am 2. Dezember 2022 jährt sich das Weihejubiläum des hl. Godehard zum Bischof von Hildesheim. Das Jubiläumsjahr wird im Bistum Hildesheim gebührend gefeiert. Auch der Mainzer Bischof Kohlgraf und eine Delegation des Mainzer Domkapitels sind eingeladen; zu einem Gottesdienst und Empfang nahe der Pfalz Grona vor den Toren von Göttingen, wo Gotthard vor tausend Jahren vom Mainzer Bischof Aribo die Bischofsweihe empfing.