Seit dem Jahr 2001 führt das Bistum Mainz in Kooperation mit dem Maximilian-Kolbe-Werk Begegnungsveranstaltungen mit Überlebenden der NS-Herrschaft durch.
Die Zeitzeugen sind überwiegend polnische Staatsangehörige, die während der Besatzung Polens durch NS-Deutschland verhaftet und in Konzentrationslager oder Ghettos verschleppt wurden oder aber in Verstecken unter äußerst schwierigen Bedingungen überlebten.
Trotzdem, und trotz ihres hohen Alters, nehmen diese Menschen immer wieder die Beschwerlichkeiten der Reise auf sich, um jungen Deutschen von ihren Erfahrungen zu berichten. Dabei steht der direkte Kontakt zwischen Schülern und Zeitzeugen im Vordergrund. Die Zeitzeugen wollen mit ihrer Arbeit ein Zeichen der Versöhnung setzen, aber gleichzeitig auch mit ihren Berichten die SchülerInnen aufklären und sie motivieren, sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen.
Während der Pandemie haben sich die digitalen Zeitzeugengespräche per Videokonferenz bewährt. Mit der Holocaustüberlebenden Henriette Kretz bieten wir auf Anfrage weiterhin digitale Gespräche für Schulen im Bistum an.
Henriette Kretz berichtet über ihre Kindheit in der NS-Zeit.
Henriette Kretz kommt seit 2009 als Zeitzeugin ins Bistum Mainz. Sie wurde 1934 in einer jüdischen Familie in Polen geboren.1941 musste die Familie ins Ghetto umsiedeln. Mehrmals entkamen sie der Deportation. Nachdem sie über ein halbes Jahr von einer polnisch-ukrainischen Familie versteckt worden waren, entdeckte sie die Gestapo. Die Eltern wurde erschossen, Henriette konnte fliehen und überlebte in einem von Nonnen geführten Waisenhaus.
Pro Jahr werden drei Begegnunswochen durchgeführt: In Höchst im Odenwald, in Ockenheim in Rheinhessen und in der Wetterau.
In einer solchen Begegnungswoche sind die sechs Zeitzeugen zusammen mit einem Betreuerteam in Tagungshäusern in der jeweiligen Region untergebracht.
Die Besuche werden von zwei hauptamtlichen Mitarbeitern des Bistums geleitet und von einem Team von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, viele von ihnen Studierende, unterstützt. Das Team wohnt in der Woche zusammen mit den Gästen im Tagungshaus und betreut sie nicht nur während der Gespräche in den Schulklassen, sondern organisiert auch ein Ausflugs- und Freizeitprogramm und kümmert sich um alle Belange von Arztbesuch bis Shoppingtour.
Die Begegnungswochen mit polnischen KZ-Überlebenden findet seit 2001 statt. Seitdem haben bei mehr als 220 Schulbesuchen in 60 verschiedenen Schulen und Einrichtungen im Bistum Mainz intensive Begegnungen und Gespräche mit den "Zeitzeugen" stattgefunden. Darüber hinaus werden regelmäßig Abendveranstaltungen angeboten. Das Projekt hat bisher rund 24.000 Schülern und vielen hundert Erwachsenen eine eindrückliche Begegnung mit Überlebenden der NS-Herrschaft ermöglicht. Viele Schulen nehmen seit über zehn Jahren am Projekt teil - für etliche Schulen sind die Besuche fester Bestandteil des Schuljahres. Das Projekt erhält eine breite Resonanz seitens des Bistums Mainz, verschiedenster Institutionen in den Regionen und in den Medien.
2024 fanden Besuche von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen vom 14. bis 20. April in Rheinhessen, vom 2. bis 8. Juni im Odenwaldkreis und vom 6. bis 12. Oktober für Schulen in der Wetterau statt. Die seit 2021 durchgeführten digitalen Zeitzeugengespräche per Videokonferenzen werden weiterhin angeboten.
"...vielen Dank, dass sie die Kraft und den Mut aufgebracht haben, uns ihre Geschichte zu erzählen."
Die Zeitzeugen setzen ein Zeichen der Versöhnung und regen die Schüler an, sich mit Krieg und Verfolgung auseinanderzusetzen. Bemerkenswert ist die große Empathie, die sich Zeitzeugen und Schüler entgegenbringen.
Alodia Witaszek-Napierala erlebte eine zerrissene und grausame Kindheit während des Zweiten Weltkriegs. Ihr Vater wurde von den Nazis hingerichtet, ihre Familie getrennt. Sie kam ins Kinder-KZ in Litzmannstadt, wurde in einem Lebensbornheim umerzogen und von einem deutschen Ehepaar zwangsadoptiert. Alodia besucht regelmäßig Schulklassen im Rahmen eines Zeitzeugenprojekts des Bistums Mainz. Dieses Gespräch fand mit einer Schülerin statt.
Die Zeitzeugin und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, Henriette Kretz kommt regelmäßig zu Gesprächen in das Bistum Mainz. Sie erzählt dann vor allem jungen Menschen ihre Geschichte.
Ohne die Unterstützung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen wäre die Durchführung der Zeitzeugenbesuche nicht möglich. Die Begegnungswochen werden von durchschnittlich fünf bis sieben ehrenamtlichen TeamerInnen begleitet. Seit 2001 haben 60 verschiedene Ehrenamtliche die Zeitzeugen begleitet. Dazu gehören auch ehrenamtliche Übersetzerinnen, die vom Maximilian-Kolbe-Werk vermittelt werden. Die Ehrenamtlichen, meist junge Studierende, empfinden die Begegnung mit den Zeitzeugen als große Bereicherung. Die Besuche werden von zwei Hauptamtlichen des Bistums betreut.
Interessierte wenden sich bitte an:
Stephanie Roth, zeitzeugen@stephanie-roth.de
Auf diesen Seiten stellen wir einige Biographien der Zeitzeugen kurz vor. Dabei erinnern wir uns besonders auch an alle, die zu Besuchen im Bistum Mainz unterwegs waren, die von ihrem Leben und Leiden berichtet haben und ein Zeugnis der Versöhnung und der Erinnerung gegeben haben. Manche von ihnen sind zwischenzeitlich verstorben. Wir sind dankbar, dass wir sie kennenlernen durften. Wir werden sie nicht vergessen!