Mit einem Gedicht, das gut zu diesen letzten Tagen im Advent passt, möchte ich die heutige Predigt beginnen.
„Wie wünschte ich, dass s Advent wird in dir.
Wie wünschte ich, bei dir zu wohnen,
vertraut zu sein mit dir und alle Last mit dir zu teilen.
Sieh, ich komme dir entgegen
auf allen deinen Wegen, ich, dein Gott.
Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir.
Wie wünschte ich, dass du mich hineinlässt
in deine Trauer und Nacht,
deine Niederlagen und deine verrinnende Zeit.
Siehe, ich komme dir entgegen
in allen deinen Gefangenschaften, ich, dein Gott.
Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir.
Wie wünschte ich, in deiner Stadt, deiner Straße,
deinem Haus, deinem Herzen, neu geboren zu werden.
Siehe, ich komme dir entgegen
Von der Ewigkeit der Ewigkeiten her, ich, dein Gott.“
„Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir.“ „Advent“- dieses Wort bedeutet ja eigentlich „Ankunft“, Ankunft des Herrn.
Es verweist auf die Ankunft Gottes in dieser unserer Welt, eine Ankunft, die wir Menschen so sehr ersehnen. Wir sind adventliche Menschen. In uns lebt eine tiefe Sehnsucht nach mehr Gerechtigkeit und Frieden, nach mehr Liebe, mehr Geborgenheit, mehr Heimat. Eine Sehnsucht, die letztlich nur Gott selbst erfüllen kann. Darum sagt der heilige Augustinus einmal sehr treffend: „Unruhig bleibt unser Herz, bis es ruht in dir, o Gott“ (siehe Confessiones I,1).
Adventlich leben bedeutet der eigenen Sehnsucht wieder eine Chance zu geben, selbst wenn die äußeren Umstände dagegensprechen. Adventlich leben heißt, auf mehr hoffen als auf das, was bereits da ist. Adventliche Menschen sind - in diesem Sinne - unverbesserliche Utopisten. Trotz der harten Realität des Alltags, trotz so vieler Unmenschlichkeiten im Weltgeschehen lassen sie sich ihren Traum von einer besseren, erlösten Welt nicht verbieten. Gerade dieser Traum hilft ihnen, an dieser Realität nicht zu verzweifeln, sondern tatkräftig mitzuhelfen, diese zum Besseren zu verändern.
Aber es gibt nicht nur die tiefe Sehnsucht des Menschen nach dem unendlichen Gott. Es gibt auch die tiefe Sehnsucht Gottes, zu den Menschen zu kommen, ihnen zu begegnen, bei ihnen zu sein. Er will uns begegnen in all unserer Trauer, in all unseren Sorgen und Lasten, in unserer Mühsal und Begrenztheit.
Kann denn Gott nicht ohne weiteres zu uns kommen? Er kann, er will sich aber niemandem aufdrängen. Er respektiert unsere Freiheit. Im Gedicht heißt es darum:
„Wie wünschte ich, dass du mich hineinlässt in deine Trauer und Nacht,
/deine Niederlagen und deine verrinnende Zeit.
Gott kehrt also nur dann bei uns ein, wenn wir uns ihm öffnen. Es kommt darum auch auf uns an, ob es wirklich Advent und Weihnachten werden kann, ob Gott uns wirklich begegnen kann in diesen Tagen, in dieser Adventszeit, ja in unserem ganzen Leben.
Zwei Frauen, die offen waren für die Begegnung mit Gott, sind uns heute im Evangelium vorgestellt worden. Maria, die junge Frau, die ein Kind erwartete, obwohl sie doch noch gar nicht verheiratet und mit ihrem Mann zusammengekommen war; und ihre Cousine Elisabeth, die schon im fortgeschrittenen Alter stand. Sehr schmerzlich war es wohl für sie, bis dahin keine Kinder bekommen zu haben und die Aussicht darauf schwand mit den Jahren.
Doch beide, Maria und Elisabeth, waren offen für Gott und für seinen Willen. Sie ließen ihn ein in ihr Leben, sie vertrauten sich ihm an, sie hofften auf ihn – und waren so guter Hoffnung. Und für beide war es offenbar wichtig, voneinander zu erfahren und einander beizustehen in dieser für sie zunächst so frohen, aber doch auch zutiefst verwirrenden Situation. Darum macht sich Maria auf, um ihre Verwandte Elisabeth zu besuchen und blieb dann noch drei Monate bei ihr.
Gott will ankommen, auch in unserem Leben. Er sehnt sich danach, bei uns zu sein, uns beizustehen. Gott kommt. Er kommt aber oft leise und im Verborgenen. Advent bedeutet deshalb, sich so gut wie möglich wachzuhalten, damit wir Gott nicht übersehen, wenn er kommt. Deshalb werden wir auch jedes Jahr in der Adventszeit eingeladen zum Innehalten und zur Besinnung, damit wir uns einstimmen und vorbereiten auf das Kommen Gottes.
Unser persönliches Weihnachten ist nicht immer am 24.oder 25.Dezember. Unser persönliches Weihnachten ereignet sich dann, wenn der Herr in unser eigenes Leben kommt. Das geht nicht auf Knopfdruck. Man kann das Kommen des Herrn nicht erzwingen. Man kann sich aber dazu bereithalten, dafür offen und empfänglich werden, damit wir diesen wichtigen Moment nicht verpassen!
Offen sein für Gott, das können wir von Elisabeth und Maria lernen. Wer offen ist für Gott, der rechnet mit Gott, mit seiner Kraft, mit seinen Möglichkeiten. Das Böse ist mächtig in der Welt. Die Menschen in Magdeburg haben dies am letzten Freitag auf dem Weihnachtsmarkt sehr schmerzlich erfahren müssen. Das Böse ist mächtig, aber es nicht übermächtig! Wer mit Gott rechnet, der wird nicht resignieren angesichts der Probleme und Schwierigkeiten in dieser Welt. Der lässt sich nicht entmutigen.
Offen sein für Gott bedeutet bereit sein seinen Willen im Alltag zu erfüllen. So wie es Maria getan, die von sich sagt: „Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie Du es gesagt hast.“
Gottes Willen zu erfüllen, heißt auch sich einsetzen für das Gute, für den Frieden, für Gerechtigkeit, für Solidarität und für die Liebe.
Gott kommt auf uns zu. Nehmen wir ihn freundlich auf wie damals Elisabeth Maria und mit ihr das Jesuskind aufgenommen hat. Öffnen wir uns wirklich für die Begegnung mit Gott in seinem Sohn Jesus Christus, weil er uns in unseren Sehnsüchten, in all unseren Sorgen und Nöten nahe sein und beistehen will. Öffnen wir uns ihm und dann kann es Weihnachten werden auch in unserem Leben, in unserem Alltag.
A m e n