Zusammen mit vielen Christen verschiedener Konfessionen begehen wir auch dieses Jahr die Gebetswoche für die Einheit der Christen, die gestern, am 18.Januar begonnen hat und bis zum Samstag, 25.Januar dauern wird.
Die diesjährige Gebetswoche steht unter dem Motto „Glaubst du das?“ (Joh 11,26). Diese Frage hat Martha im Evangelium mit einem Glaubensbekenntnis beantwortet: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“ (11,27).
Heute richtet Jesus diese Frage an uns.
Die Schriftlesungen dieses Gottesdienstes konzentrieren sich deshalb auf das Thema des Glaubens. Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Deuteronomium (6,4-9) enthält das Jüdische Glaubensbekenntnis: „Sch'ma Jisrael" bedeutet "Höre, Israel!". Es steht im fünften Buch Mose und ist das wichtigste Gebet im Judentum. „Höre, Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig. Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ Als Jesus gefragt wurde, welches das wichtigste Gebot im Gesetz ist, zitierte er dieses Gebet und machte es so zum 1.Teil des Hauptgebotes der Liebe.
In der Lesung aus dem ersten Petrusbrief (1,3-9) heißt es: „Ihn (Christus) habt ihr nicht gesehen und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht, aber ihr glaubt an ihn“ (1,8).
Der Predigttext stammt aus dem Johannesevangelium und den möchte ich jetzt vorlesen: (Joh 20,24-29
Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
Die anderen Jünger sagten zu ihm: „Wir haben den Herrn gesehen“. Er entgegnete ihnen: „Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht“.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!“
Dann sagte er zu Thomas: „Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“
Thomas antwortete und sagte zu ihm: „Mein Herr und mein Gott!“
Jesus sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“.
Evangelium unseres Herrn Jesus Christus!
Der Apostel Thomas ist für mich eine der interessantesten Gestalten aus dem Umfeld Jesu. Er wird oft als der „ungläubige Thomas“ bezeichnet. Zu Unrecht, wie ich meine. Richtig ist: Er ist ein Suchender, ein Fragender, ein Zweifelnder.
Was der Apostel Thomas denkt und sagt, ist vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen. Thomas will Beweise, bevor er glaubt, dass Jesus lebt. Er will ihn sehen und anfassen können.
Nicht anders denken die meisten Menschen heute. Sie wollen Beweise, dass es Gott gibt, dass Jesus gelebt hat, dass er aus dem Grabe auferstanden ist, dass es für uns alle ein ewiges Leben gibt. Weil solches Denken uns alle nahe liegt, tun sich nicht wenige Christen schwer mit dem Glauben. Stimmt das alles, was die Kirchen zu glauben vorlegen? Haben jene nicht vielleicht doch recht, die sich nur auf das verlassen wollen, was sie sehen, was sie begreifen können?
In der Begegnung erlebt dann Thomas, dass Jesus seine Zweifel kennt und ernst nimmt. Thomas darf sich persönlich überzeugen, dass Jesus lebt. Ob Thomas Jesu Wunden tatsächlich auch berührt hat, berichtet uns das Evangelium nicht. Es heißt nur: „Er sah und glaubte!“ Aus dem „ungläubigen“ Thomas wurde ein gläubiger Christ, der uns mit seinem Bekenntnis: „Mein Herr und mein Gott“ eine Kurzformel unseres Glaubens an Jesus Christus geschenkt hat.
Was sagt uns dieses Evangelium heute? Zweifel sind erlaubt und wir dürfen zu unseren Zweifeln stehen und sie auch zum Ausdruck bringen. Zweifel sind erlaubt; denn unser Glaube ist nie ganz sicherer Besitz. Er bleibt ein angefochtener Glaube. Zu ihm gehören das Fragen, das echte Suchen, das Zweifeln, aber auch das Entscheiden.
Auf die Frage, die so gern und oft gestellt wird: „Was habe ich denn davon, wenn ich glaube?“ antworte ich heute: Unser christlicher Glaube schenkt uns Hoffnung! Hoffnung inmitten von großen Problemen und Schwierigkeiten.
Vieles in unserer Gesellschaft und in unserer Welt kann uns pessimistisch stimmen: Der Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus am nächsten Montag. Viele Menschen in der ganzen Welt blicken besorgt auf dieses Ereignis. Was wird Trump in seiner 2-ten Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten alles anrichten? Der Mann ist unberechenbar, er hält sich an keine Regel, er lügt systematisch (in seiner ersten Amtszeit konnte man ihm 30.000 Lügen nachweisen). Es geht ihm nur um sein Ego. Viele Menschen haben Angst davor. Er kann tatsächlich der Demokratie in Amerika und der freien Welt großen Schaden zufügen!
Noch immer tobt der Krieg in der Ukraine und ein Ende ist nicht absehbar. Vom Putin-Regime sagen Experten, es ist schlimmer als die Sowjetunion war in der Zeit nach Stalins Tod.
In Europa sind Populisten und Rechtsextremisten im Vormarsch. Wie stark werden die Rechtsextremisten und Linksextremisten in Deutschland bei den Bundestagswahlen am 23.Februar. Wachen die Menschen in Deutschland endlich auf? Bemerken sie nicht, was da auf dem Spiel steht? Werden die Parteien, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, die Sorgen und Probleme der Menschen endlich ernstnehmen und auch lösungsorientiert angehen?
Fake News und Desinformationen werden massenhaft in den sozialen Medien verbreitet. Wer kann sich da noch orientieren? Das Böse scheint übermächtig geworden zu sein.
Das Schlimmste, das uns angesichts dieser gewaltigen Probleme passieren kann, ist dass wir resignieren.
Wir glauben an einen gütigen, menschenfreundlichen Gott. Im Buch der Weisheit heißt es: „Zum Dasein hat er alles geschaffen und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt“ (1,14). Und am Ende des 1.Schöpfungsberichtet stellt der biblische Autor fest: „Gott sah alles an, was er gemacht hat. Und siehe, es war sehr gut“ (Gen 1,31).
Wir glauben an einen gütigen Gott, darum brauchen wir inmitten der Stürme des Lebens nicht zu resignieren. Ja in solchen Momenten ist Hoffnung angesagt. Hoffnung, die uns den Weg zu einem weiteren Horizont weist, obwohl dieser derzeit von Wolken und Nebel verdeckt sein mag. Mit dem Psalmisten darf ich darum beten: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen?“ (Psalm 127). Und „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, ein bewährter Helfer in allen Nöten.“ (Psalm 46).
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Auf Gott vertrauen heißt nicht: Die Hände in den Schoß und denken, Gott wird es schon richten. Nein, so ist es nicht gemeint. Für uns gilt, was Friedrich Schiller in seinem Werk „Wilhelm Tell“ einem seiner Akteure in den Mund legt: „Der Himmel hilft nur dann, wenn Menschen nicht mehr helfen.“ Gott wird nicht an unserer statt handeln. Er gab uns den Verstand, damit wir denken. Er gab uns den Mund, damit reden. Er gab uns die Hände, damit wir damit arbeiten. Was wir aus eigener Kraft tun können, müssen wir auch tun.
Unser Glaube gibt uns Kraft, das Gute zu tun. Im Blick auf die Probleme in unserer Gesellschaft bedeutet dies: Es kommt auf jeden Einzelnen von uns an, ob die Demokratie, ob unsere freie, offene Gesellschaft Bestand haben wird. Christen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Respektvoller Umgang mit jedem Menschen, Schutz der Minderheiten, der Fremden und der Schwächsten in der Gesellschaft, Unterstützung für Arme und Notleidende, Eintreten für die Wahrheit, Auftreten gegen Hetze und Gewalt, - das sind Werte, die auch Ausdruck christlicher Nächstenliebe sind. Hier sind wir als Christen besonders gefordert.
Gutes tun kann anstrengend sein. Aber es entspricht auch dem tiefsten Wesen des Menschen. Gott hat seine guten Gaben und Fähigkeiten in uns gelegt. Gutes tun, tut auch dem gut, der es tut! Anderen Gutes tun, erfüllt das eigene Herz mit einer großen und tiefen Freude! Denn die „Freude, die wir geben, strahlt ins eigene Herz zurück.“. Diese Erfahrung kann jeder machen, der dazu bereit ist. Ich habe schon von vielen Ehrenamtlichen gehört, dass die Arbeit, die sie tun, auch ihnen Freude bereitet und Erfüllung schenkt.
„Glaubst du das?“ Wir können diese Frage mit „Ja“ beantworten, wenn wir den Mut uns auf Jesus und seine Botschaft einzulassen und danach handeln. Ich bin sicher: Wir werden es nicht bereuen!
A m e n