Die Liebe Christi drängt
Liebe Schwestern und Brüder
Sie kennen das ganz bestimmt: Druck - Zeitdruck! Die Zeit drängt. Das muss noch gemacht werden – und jenes muss heute noch sein. Jetzt bei den hohen Temperaturen muss rechtzeitig gelüftet werden; im Garten alles nass sein, damit nichts vertrocknet. Es gibt selbst gestellte Arbeitsaufträge für den Haushalt. Einkaufen muss ja sein, sonst hat man nichts mehr für das Wochenende. Frisch soll es ja auch sein. Stress pur.
Beruflich springt jetzt die Konjunktur an. Zum Glück. Beruflichen Zeitdruck gab es auch schon davor – sogar im Homeoffice, trotz des angenehmen Arbeitsumfeldes - je nachdem, wie man es hat und es sich einrichten kann. Ich kann ein Lied davon singen.
Ob es da ein großer Trost, wenn wir in die Bibel schauen und dann auch dort feststellen, dass es Getriebene gab?
Ich möchte mit ihnen auf Paulus schauen. Am 29. Juni feiern wir seinen Festtag und bei uns fällt Paulus gerne so ein bisschen hinten runter, weil Petrus eher im Vordergrund steht. Sogar bei unseren Heiligenfiguren im Dom ist das so: Die Sonne strahlt den Petrus gegen Abend an – und nicht den Paulus.
Paulus hat so seine Ecken und Kanten hat. Und die Kirchengeschichte stellt ihn gerne in einem anderen Licht dar. Einiges hat man ihm da dazu gedichtet.
Paulus ist auf seine Art ein Getriebener seiner Zeit. Das kann man auch mit Stress übersetzen.
Er war ein von seiner Überzeugung getriebener, der sich nicht scheute, die Marktplätze der damaligen Welt aufzusuchen. Die kleine Hafenstadt Korinth war ein Sündenpfuhl -das St. Pauli- der damaligen Zeit. Er tat dies, um Zeugnis abzulegen von der Botschaft, die sein Leben verändert hat. Er hat im wahrsten Sinne des Wortes „umwerfende“ Erfahrung mit der Botschaft Jesus gemacht. Die Botschaft Jesu hat ihn befreit aus seinen Zwängen. Befreit von seinen Ängsten.
Beim Lesen und beim Nachdenken über den heutigen Abschnitt aus dem Brief an die Gemeinde von Korinth bin ich gleich am Anfang hängen geblieben: „Die Liebe Christi drängt“.
Eine besondere Art von Stress.
Die Liebe Christi drängt: Da sind mir dann Wortspiele über das Drängen in den Sinn gekommen.
Das kann ein „Aufdrängen“ sein – oder ein „verdrängen“.
Mitunter kann es doch ganz schnell gehen, dass man argumentiert und anderen somit seine Meinung aufdrängt oder überstülpt – ohne zu merken, dass man dessen Meinung damit verdrängt. Das muss dabei nicht unbedingt negativ gemeint sein, wenn man mit einer guten Absicht, jemanden vom Richtigen zu überzeugen will. Aber ist es nicht so, dass, wenn man meint es richtig zu machen, es damit nicht zwangsläufig unbedingt gut sein muss?
Paulus hat sich von der Liebe Christi anstecken lassen. Er hat Gemeinden aufgebaut, die den neuen Maßstab –nämlich die Liebe- dort leben konnten. Zumindest immer wieder - und immer aufs Neue haben sie versucht, zu lieben.
Die Gemeinde vor Ort ist eine Glaubensgemeinschaft, die sich das Leben Jesu zu Eigen macht. Sie ist Glaubensgemeinschaft, eine Gemeinschaft von Überzeugten. Dazu braucht sie Menschen, die redende und handelnde Menschen sind, die somit „Sauerteig der Welt“ sind:
Sauerteig in der Familie und den Lebensgemeinschaften. Sauerteig in der Stadt oder wo immer man wohnt, am Arbeitsplatz und in den Vereinen.
Und ich habe mich schon gefragt, wie wir das in unsere heutige Zeit übersetzen können.
Von was lasse ich mich denn treiben? Drängt mich die Liebe? Was sind die Maßstäbe dessen, das die Gemeinde in Korinth unterscheidet, von den anderen Menschen vor Ort?
Wo drängt die Liebe Christi uns in der heutigen Zeit? Es gibt für mich schon motivierende Beispiele für diesen positiven Drang. Und wir brauchen diesen positiven Drang, damit man nicht im Sumpf der „Toten Punkte“ erstickt.
Da ist der Telefonanruf bei jemanden, den man schon lange nicht mehr gesehen hat.
Da ist der nicht zu unterschätzende small talk. Das einfach mal stehen bleiben und jemanden etwas Zeit schenken.
Oder das zurückstehen der eigenen Meinung, selbst wenn man davon überzeugt ist, dass es richtig ist – aus Liebe!
Jetzt an diesem Wochenende sind hier im Dom 41 Jugendliche gefirmt worden. Sie haben vor Gott und der Gemeinde sich ihrem Glauben bekannt und dürfen nun die Stärkung durch den Heiligen Geist erfahren. Nach Wochen und Monaten der Vorbereitung, des neu Erlernens, was es heißt, in unserer heutigen Zeit Glauben zu können, sagen sie Ja zu den Idealen von Jesus. Damit verlassen die Jugendlichen ein Stück weit ihr kindliches Glaubensbild und reifen nun gestärkt weiter heran.
„Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“. Diesen Entwicklungsprozess –Neues zu werden- wünsche ich den Jugendlichen, die so gestärkt ihren weiteren Weg durch ihr Leben gehen. Die mutig sich von der Liebe Christi drängen lassen. Die hoffentlich nicht aus Bequemlichkeit alles schlucken, sondern selbstbestimmt und von der Liebe Christi gedrängt sich den Mantel der Wahrheit zu Eigen machen – und diesen dann auch liebevoll anderen weitergeben.
Liebe Schwestern und Brüder,
sie konnten als Gemeinde nicht beim Firmgottesdienst dabei sein. Dennoch wissen wir darum und selbst dieses Wissen kann für uns alle eine Stärkung sein. Da gibt es Menschen, die den Glauben ernst nehmen. Ist das nicht ein starkes Zeichen für uns, der uns neu Mut machen kann für unser eigenes Glaubensleben?
Gott hat die Welt und uns Menschen ins Leben gerufen; zu ihm beten wir:
Bitten:
Abschluss-Gebet:
Gott, in deinem Sohn Jesus Christus lässt Du uns erfahren,
dass unser Leben geborgen ist in dir.
Höre unsere Bitten durch ihn, Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.