mit dem Grußwort von Propst Tobias Schäfer
Nach 799 Jahren verlassen die Dominikaner Worms. In einem bewegenden Abschiedsgottesdienst haben viele Wormserinnen und Wormser noch einmal Danke gesagt. Die Erfahrung der Emnausjünger lehrt uns: egal wohin die Wege auch führen: der auferstandene Herr bleibt mit uns auf dem Weg. Hier in Worms und wohin er die Dominikaner nun führen will.
VERABSCHIEDUNG DER DOMINIKANER AUS WORMS
Ostermontag, 1. April 2024 GRUSSWORT
Der Heilige Dominikus war gerade einmal 5 Jahre tot, als 1226 die Dominikaner hier in Worms eine Niederlassung gründeten, eine der ersten in Deutschland. Die meisten, die damals nach Worms kamen, dürften den Ordensgründer noch von Angesicht gekannt haben. Die Dominikaner, wie übrigens auch die 4 Jahre früher her angekommenen Franziskaner, wurden von Anfang an sehr dankbar aufgenommen und unterstützt von der Wormser Bevölkerung. Ganz anders als übrigens vom Bischof und dem Domklerus, die den Bettelorden sehr kritisch und ablehnend gegenüberstanden. Und wie meistens ging es um Macht, Einfluss und vor allem ums Geld: die Bettelorden wurden großzügig von der Bevölkerung unterstützt, und das schmälerte naturgemäß die Einnahmen von Dom und Bischof. Der Bischof setzte alles daran, die Ansiedlung der Dominikaner zu verhindern; er vertrieb die Arbeiter mit Gewalt von der Baustelle für das neue Kloster. Der Papst selbst, Gregor IX., der große Freund und Förderer des Hl. Franziskus, der die neue Bewegung der Bettelorden förderte und unterstütze, musste den Bischof harsch in die Senkel stellen und mehrfach persönlich in den Streit in Worms eingreifen, bis man sich endlich einigte.
799 Jahre – mit einer gut 100-jährigen Unterbrechung nach der Säkularisation - waren die Dominikaner nun in Worms. Als sie 1925, beinahe genau 700 Jahre nach ihrer ersten Ankunft, wieder nach Worms zurückkamen, wurden sie sofort wieder mit offenen Armen empfangen. Die Martinsgemeinde stellte ihnen das Paulusstift als Kloster und die Pauluskirche für ihre Gottesdienste zur Verfügung.
799 Jahre – damit geht eine Epoche zu Ende. Seit die Nachricht von der Aufgabe des Konvents in Worms die Runde machte, konnte man spüren, wie sehr das die Menschen getroffen hat, und nicht nur die frommen Katholiken oder die Paulusgemeinde, die sich hier um den Konvent gebildet hat. Die Dominikaner waren weit über den binnenkirchlichen Raum hinaus hoch geschätzt. Sie waren Seelsorger für unzählige Menschen, es war die Beichtkirche von Worms, sie haben das Kulturleben mitgeprägt mit Konzerten, Ausstellungen, Kunstprojekten; sie haben den gesellschaftlichen Diskurs
mitgestaltet – vor allem die Kreuzganggespräche mit vielen interessanten und teils auch sehr prominenten Gästen trugen dazu bei.
Sie haben als Seelsorger Aushilfen im ganzen Umland gemacht, Messvertretungen übernommen. Sie waren tätig als Krankenhausseelsorger, Hochschulseelsorger, zuletzt in der Altenheimseelsorge; sie haben sich eingebracht in unsere Pfarreien, im Pfarrgemeinderat, im Verwaltungsrat, in den kirchlichen Verbänden. Die Dominikaner waren ein Teil von Worms, ein Teil der katholischen Kirche hier in Worms, und zwar ein überaus sympathischer und geschätzter. Ihr Weggang ist für uns alle ein schwerer Schlag. Und ich sage das bewusst auch als Dompropst: auch wenn damals, vor 800 Jahren, die Dom-Verantwortlichen die Dominikaner zunächst gar nicht hierhaben wollten: heute wollen wir Sie am liebsten nicht gehen lassen.
Ich möchte einfach Danke sagen für das segensreiche Wirken in unseren Gemeinden und darüber hinaus. Danke für das Engagement, Danke für so viele geistliche Impulse, Danke für das sympathische und glaubwürdige Gesicht von Kirche, dass Sie über so viele Jahre, ja Generationen waren.
Es ist sehr symbolträchtig und bei aller Trauer auch hoffnungsvoll, dass wir den Abschied heute, am Ostermontag begehen. Es bewahrt uns davor, jetzt in Resignation und Depression zu verfallen. Denn die Botschaft von Ostern ist: Es geht weiter! Solange der Herr, der Auferstandene bei uns ist, den Weg mit uns geht, geht es weiter, schenkt Gott auch immer wieder einen neuen Anfang. Es geht weiter – für Sie als Dominikaner, als Orden, für uns als katholische Kirche in Worms und Umgebung, und für Worms. Und wir bleiben in Christus verbunden.
Wie begeht man so einen Abschied? Macht man ein Abschiedsgeschenk? Wem? Dem Prior? Den letzten Mohikanern, die hier am Ende das Haus abschließen werden? Ist das überhaupt ein Anlass für ein Abschiedsgeschenk? Lieber P. Johannes, Du hast angeregt, dass doch irgendetwas, vielleicht eine Gedenkplatte, an die lange dominikanische Geschichte in Worms und an diesen Ort erinnern könnte. Das soll unser Abschiedsgeschenk sein: Wir werden in den nächsten Monaten überlegen, wie und in welcher Form wir hier, an St. Paulus, sichtbar an diese segensreiche Zeit erinnern.
Noch einmal: Danke und Vergelt’s Gott! Und Gottes Segen für den Weg, für die unterschiedlichen Wege, die Gott uns führt!
(Tobias Schäfer, Propst)