Schmuckband Kreuzgang

Christmette im Wormser Dom

Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018
Datum:
Mo. 24. Dez. 2018
Von:
Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018

Heiligabend Christmette im Dom St. Peter zu Worms

Seht!
Ich verkünde euch eine große Freude:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren.
Es ist der Christus, der Herr!
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

Wir wünschen Ihnen allen ein gnadenreiches Weihnachtsfest !

Vielen Dank an die Wormser Dombläser und das collegium vocale für die musikalische Mitwirkung.

Lesen Sie hier die Predigt der Christmette von Propst Tobias Schäfer:

CHRISTMETTE 24.12.2018zu: Jes 9, 1-6

Das Kind in die Welt tragen

1. Die Christmette ist schon ein besonderer Gottesdienst, mit ganz eigenen Glanz und besonderer Atmosphäre. Immerhin, so habe ich gestern in einer Umfrage gehört, gehört der Gottesdienst am Heiligen Abend für noch mehr als 1/3 der Deutschen selbstverständlich zu Weihnachten. Als Pfarrer macht mir das auch gehörig Druck: ich weiß natürlich, dass zur Christmette auch viele Menschen kommen, die ich sonst nicht oder nicht so oft sehe. Da soll der Gottesdienst dann schon so ansprechend, so schön sein, dass auch diese Menschen etwas mitnehmen, was sie im Idealfall dann auch wirklich berührt. Wie gesagt, das macht mir schon nicht wenig Druck. Vor ein paar Wochen saß ich mit einigen befreundetenPfarrern zusammen und wir kamen auf unsere Weihnachtsvorbereitungen zu sprechen. Wir haben uns ausgetauscht, wie die Gottesdienste gestaltet werden, was die Leute sich so wünschen und erwarten, und so weiter. Und auf einmal fing ein Mitbruder, den ich sehr schätze, an, darüber zu schimpfen, was es manchmal auch für gedankenlose und falsche Bräuche gerade rund um Weihnachten gibt. „Stellt euch vor, da gibt es Pfarrer, die in der Christmette, weils halt so schön ist, feierlich das liebe Jesukind in die Kirche tragen und in die Krippe legen. Also so einen theologischen Unsinn, das sollte wirklich verboten werden. Wo haben nur die ihre Theologie gelernt?

2. Ich bin immer kleiner geworden und hab den Kopf eingezogen. Denn ich selbst habe, seit ich Pfarrer bin, in der Christmette immer gern genau das gemacht, was diesen Kollegen so unglaublich aufregt. Manchmal habe ich auch Messdiener oder Kommunionkinder das Jesuskind beim Einzug mittragen lassen und es dann in die Krippe gelegt. Manchmal habe ich es selbst gemacht. (Und in hier in der Martinskirche, die sowieso so ihre eigenen Bräuche hat, ist das auch ganz selbstverständlich so, seit Generationen: ein Kind trägt das Jesuskind vom Altar in die Krippe. Und noch nach Jahrzehnten, wenn sie selbst schon Kinder haben, erinnern sie sich daran, wie sie damals das Christkind zur Krippe tragen durften.) Keine Frage, das ist einfach ein schönes Symbol, ein schönes Zeichen: Jetzt ist Jesus da! 

3. Ich bin dann ins Nachdenken gekommen. Und ich muss zugeben: der gute Mitbruder hat recht. Dieses Zeichen, so sehr es ans Herz gehen mag: es ist zumindest sehr missverständlich. Es kann nämlich so aussehen, als ob wir Menschen Jesus in die Welt bringen. Als ob Weihnachten sozusagen eine Erfindung , eine Inszenierung der Kirche ist: wir bringen den Menschen, die in dieser dunklen Welt ohne Glauben am Leben verzweifeln, die keine Hoffnung mehr haben: Jesus. Weihnachten, Jesus, Gott, ja der ganze Glaube wird dann plötzlich zu etwas, was Menschen inszenieren, was wir Menschen uns machen. Weil’s halt so schön ist. Weil’s halt ans Herz geht. Weil’s halt irgendwie gut tut. Genau so könnte man dieses Hereinbringen des Christkindes verstehen: Wir, ich als Priester, bringen den Menschen, wonach sie sich im Tiefsten sehnen. Das aber wäre am Ende nichts als etwas nette Folklore. 

4. Das aber widerspricht in der Tat absolut unserem Glauben. Weihnachten ist viel mehr. „Die Gnade Gottes ist erschienen!“ heißt es in der Lesung heute. Und: „Denen, die in Finsternis sitzen, strahlt ein helles Licht auf!“ Nicht: Wir machen den Menschen ein Licht an! Mit anderen Worten: Alle Initiative geht von Gott aus, und von ihm alleinNicht wir Menschen ziehen uns am eigenen Schopf aus dem Schlamassel, nicht die Kirche in ihrer grenzenlosen Güte rettet die Menschen, indem sie ihnen Gott bringtetwas fürs Herz, sondern Gott ergreift die Initiative und wird Mensch! Das ist die Botschaft, die die Engel den Hirten verkünden. 

5. An diesem Punkt muss ich in aller Demut zugeben: das feierliche Hineintragen des Jesuskindes in der Christmette durch mich, durch den Priester, ist tatsächlich ein sehr fragwürdiges Zeichen, insofern es den Eindruck erwecken kann, als ob eben Menschen: die Kirche, die Priester - Gott erst in diese Welt bringen. Nein, Gott kommt in die Welt. Obwohl dort scheinbar gar kein Platz ist für ihn. Obwohl die Menschen völlig mit sich selbst beschäftigt sind. Obwohl sie oft genug das Gefühl haben, ihn gar nicht zu brauchen. Er ergreift die Initiative und kommt in die Welt. Und zwar, weil er uns liebt. Das ist die Botschaft der Heiligen Nacht.

6. Allerdings halte ich mich nun doch nicht ganz für einen theologischen Dünnbrettbohrer. Denn wenn man weiter nachdenkt, dann kann das Hineintragen des Christkindes doch auch wieder einen guten und richtigen Sinn haben. Klar ist: alle Initiative geht von Gott aus. Er will die Menschen, die Welt retten. Weil wir ihm nicht gleichgültig sind, weil ihm die Menschen am Herzen liegen. Und weil er daran glaubt, dass die Welt noch zu retten ist, weil er die Hoffnung nicht aufgegeben hat, deshalb kommt er in die Welt. Aber genauso richtig ist: Von Anfang an bindet Gott sein Kommen in diese Welt an Menschen. Er ist kein Einzelkämpfer, nach dem Motto: Alles muss man selber machen, sonst wird’s am Ende doch nichts! Er will vielmehr den Menschen mitwirken lassen zu seinem Heil. Er will keine armen Würstchen, die nichts tun können als staunend zusehen, wie Gott wieder alles richtet, was der Mensch zerstört und angerichtet hat. Er will uns Menschen als Partner zu seinem Heilswerk. Genau deshalb wird er Mensch. Weil er unser Partner, unser Freund, unser Bruder sein will. Weil er uns als Partner auf Augenhöhe will, wenn es darum geht, die Welt zu verändern, an einer neuen, besseren Welt zu bauen. Keine Frage: Gott könnte das ohne uns, und wahrscheinlich ginge es dann sogar leichter und besser und problemloser. Ohne all die Rückschläge und Enttäuschungen, die daher kommen, weil wir Menschen am Ende doch immer wieder in den alten Egoismus zurückfallen, weil uns die Angst einholt, am Ende zu kurz zu kommen. Gott will uns als Partner bei seinem Plan, eine neue Welt zu bauen, sein Reich auf Erden aufzubauen.

7. Das hat etwas mit Würde zu tun: Gott will uns nicht als unmündige, hilflose, ohnmächtige Geschöpfe. Sondern er will uns als Partner, ihm ebenbürtig. Denn dazu hat er uns Menschen am Anfang geschaffen: als sein Abbild in dieser Welt. Und er will, dass wir diese Würde wieder neu erkennen und entfalten. Deshalb wird er Mensch. 

8. Von Anfang an bindet Gott seinen Heilsplan an Menschen. Angefangen mit Maria, die er bittet, die Mutter seines Sohnes zu werden, durch die er in diese Welt kommen will. Von Anfang an also sucht er nach Menschen, die ihm helfen, seinen Heilsplan zu verwirklichen, die sich von seiner Liebe, von seiner Vision von einer neuen Welt anstecken und ergreifen lassen. Und zwar bis heute. Weihnachten ist ja nicht die Erinnerung an etwas längst Vergangenes. Es ist vielmehr die immer neue Einladung Gottes, dass wir Menschen mit ihm zusammen mit bauen an einer neuen Welt. Und das tun wir, indem wir ihn, den menschgewordenen Gott, auch heute unter die Menschen tragen. 

9. Und genau hier bekommt für mich dieser Ritus – in der Heiligen Nacht das Jesuskind in die Kirche zu tragen - einen neuen, tiefen und guten Sinn: durch seine Menschwerdung hat Gott uns eingeladen, zu Menschen zu werden, die ihn wie Maria immer neu in diese Welt hinein tragen: durch unser Leben, unser Zeugnis, durch den respektvollen, liebevollen Umgang miteinander, indem wir den Menschen von Jesus Christus erzählen, von einem Gott, der uns Menschen als Partner will, als Freunde, mit denen er gemeinsam an einer neuen Welt bauen kann. Ja, der deshalb selbst Mensch geworden ist. Es ist tatsächlich unsere Berufung, unser Auftrag, Jesus Christus in diese Welt zu bringen. Natürlich nicht eine Aufgabe nur der Priester, sondern eine Aufgabe für jeden Menschen, der in dem Kind in der Krippe Gott selbst erkannt hat. Der begriffen hat, dass uns hier Gott begegnet und einlädt, mit ihm diese Welt zu verwandeln. Aus der Kraft der Liebe. 

10. Das ist Weihnachten: sich ergreifen lassen von der Liebe Gottes, die uns in diesem Kind aufgestrahlt ist. Sich mitreißen lassen von der Hoffnung, dass die Welt nicht dem Untergang geweiht ist, sondern verwandelt werden kann in eine wirklich heile Welt. Ja, wer begreift, dass es darum geht an Weihnachten und nicht bloß um ein bisschen Folklore unterm Weihnachtsbaum, der wird selbst zum Christus-Träger, zu einem Menschen, der dieses Kind in der Krippe immer neu in die Welt trägt, und zwar besonders dorthin, wo es dunkel ist, wo Menschen in ihren Ängsten, ihrer Hoffnungslosigkeit, ihrer Einsamkeit, ihrer Selbstsucht gefangen sind. Wer wirklich dem Kind in der Krippe begegnet ist, der wird zum Christkind-Träger, der dieses Kind hinausträgt in die Welt, zu den Menschen. --- Natürlich nur im übertragen Sinn, im Herzen. Das geschnitzte Christkind in der Krippe lassen Sie bitte hier. Amen.

 



Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer
Christmette Heiligabend 2018 (c) Domgemeinde St. Peter / Martina Bauer