Schmuckband Kreuzgang

Hubertusmesse

Hubertusmesse 2022 (c) Heinz Thesen
Hubertusmesse 2022
Datum:
So. 6. Nov. 2022
Von:
Martina Bauer

mit der Predigt von Propst Tobias Schäfer 

Nach längerer Corona-bedingter Pause fand in diesem Jahr am Sonntag, den 6. November um 18:00 Uhr wieder die Hubertus-Messe im Wormser Dom statt. Zusammen mit der Kreisgruppe der Jäger Alzey-Worms und dem Hegering Worms veranstaltete die Dom- und Martinsgemeinde wieder die traditionelle Messe mit Jagdhorn- und Parforcehornbläsern. Auch der Saulheimer Jägerchor war wieder mit dabei.

Mit der Hubertus-Messe wird jährlich an den Hl. Hubert gedacht, dessen Gedenktag der 3. November ist. Die Legende sieht in dem heiligen Bischof von Lüttich einen Jäger, den Gott dazu geführt hat, in den Tieren die Mitgeschöpfe zu erkennen, und der so die Jagd vom bloßen Sport zu einem Akt der Hege und Pflege der Natur gemacht hat. Deshalb gilt er bis heute als Patron der Jäger. Die Hubertusmesse ist eine nur von Jagd- und Parforcehörnern instrumental gestaltete Messe. Traditionell wird der Wormser Dom zur Hubertusmesse von den Jägern entsprechend geschmückt.

Impressionen der diesjährigen Hubertusmesse

32 Bilder

Ehrfurcht vor dem Leben

Predigt von Propst Tobias Schäfer

  1. „Ein Jäger aus Kurpfalz, der reitet durch den grünen Wald und schießt das Wild daher, gleich wie es ihm gefallt!“ Mit diesem Liedvers habe ich vor 4 Jahren hier meine Predigt angefangen. Ich erinnere mich noch gut, wie mich ein paar Wochen später auf dem Markt eine Jägerin angesprochen hat auf meine Predigt und mir sehr deutlich gesagt hat, das habe ihr so gar nicht gefallen, dass ich Jäger so darstellen würde, als würden sie aus bloßem Spaß und Zeitvertreib willkürlich das Wild abknallen – „grad wie es ihnen gefallt“. Ich bin damals erschrocken, denn gerade das habe ich in meiner Predigt überhaupt nicht sagen wollen. Ganz im Gegenteil. Natürlich weiß ich – und das bekommen wir ja auch im Pfarramt mit, seit wir für die diesjährige Hubertusmesse Werbung gemacht haben, dass es fanatische Jagdgegner gibt, die der ganzen Jägerei genau das unterstellen: das sie aus reinem Sport und Zeitvertreib willkürlich Mitgeschöpfe abknallen. Aber wer so denkt, der hat tatsächlich von Forst und Jagd nicht viel verstanden, und schon gar nicht vom Waidrecht. Das wird übrigens gerade am Hl. Hubertus, den wir mit dieser Messe ehren, sehr deutlich.
  2. Ja, Hubertus war wohl in seinen jungen Jahren genau so ein Jäger gewesen wie der berühmte „Jäger aus Kurpfalz“, der das Wild daher schießt, grad wie es im gefallt. Nur das Hubertus eben nicht in den Wäldern von Kurpfalz, sondern in den Ardennen das Wild zusammengeschossen hat, „grad wie es ihm gefallt!“ So zumindest erzählt es die Legende dieses Heiligen. Um das Jahr 655 geboren, war er ein Zeitgenosse des heiligen Wormser Bischofs Rupert. Nach seiner Bekehrung war er Bischof von Tongern-Maastricht und verlegte im Jahre 717 den Bischofssitz nach Lüttich, weil es dort sicherer war angesichts der wilden und heidnischen Friesen. Als knapp hundert Jahre später der hl. Bonifatius aufbricht, um die Friesen zu missionieren, bezahlt er seinen Missionseifer dort mit dem Leben.
  3. Der hl. Hubertus, so erzählt es die Legende, war zunächst selbst ein glühender Anhänger wilder, heidnischer Religionen. Und eben ein Jäger, der mit Leidenschaft durch die Wälder zog und das Wild daher schießt, grad wie es ihm gefallt. Aber so wird man nicht zum Heiligen. Denn natürlich ist er wohl nicht deshalb ein Heiliger geworden, weil er so gut mit der Waffe umgehen konnte, oder besonders kapitale Wildsäue erlegt hätte. Sondern vielmehr, weil seine Bekehrungsgeschichte etwas deutlich macht, was heute für jeden Jäger selbstverständlich sein ist, und was ihn schließlich auch zum Patron der Jäger macht: Dass Jagd, wenn sie ordentlich, waidgerecht betrieben wird, mit Ehrfurcht vor dem Leben, mit Ehrfurcht vor der Schöpfung zu tun hat.
  4. Die Geschichte vom Jäger aus Kurpfalz, der grad wie es ihm gefallt das Wild abknallt, ist Gott sei Dank ja nicht das Vorbild, an dem sich heutige Jäger gerne messen lassen. Aber es zeigt eine Gefahr: wenn ich eine Waffe in der Hand habe, werde ich sehr schnell zum Herrn über Leben und Tod. Die Waffe in der Hand verleiht Macht. Und Macht kann süchtig machen. Macht kann zu einer Leidenschaft werden. Und in dem Moment wird die Jagd zu einem bloßen Sport, mit dem ich meinen Machttrieb befriedige, dann werde ich aus bloßem Spaß und Jagdeifer zum Herrn über Leben und Tod. Und vergesse dabei sehr schnell, dass auch die Tiere Geschöpfe Gottes sind.
  5. Der heilige Hubertus, der als wilder Jägersmann durch die Wälder streifte, hatte dabei, so erzählt die Legende, ein Bekehrungserlebnis. Er hatte sich in den Wäldern heillos verirrt. Da erschien ihm ein Hirsch, der mitten im Geweih ein leuchtendes Kreuz trug, und das Licht des Kreuzes führte ihn schließlich wieder auf den rechten Weg. Nun sind Legenden in der Regel keine Tatsachenberichte. Aber was diese Legende in symbolischer Sprache sagen will, ist ganz einfach: da ist ein Mensch, der sich verrannt hat. Ein Mensch vielleicht, der über seinem Jagdeifer und Machtgelüste jeden Respekt vor der Schöpfung verloren hat. Und dem weist diese Erscheinung, das Kreuz, letztlich Christus selbst den rechten Weg. Durch seine Bekehrung zum Christentum findet der heilige Hubertus auf den rechten Weg. Konkret kann das bedeuten: er lernt neu den Respekt, die Ehrfurcht vor dem Leben. Weil Gott die ganze Welt geschaffen hat, weil es in der Bibel heißt: Er sah alles an, was er geschaffen hatte, und es war sehr gut! Und weil Gott den Menschen, aber auch alle seine Geschöpfe liebt, deshalb verdient die ganze Schöpfung, alle Lebewesen, Respekt und Ehrfurcht. Wer an Gott glaubt, wer glaubt, dass die Welt, die Tiere, Pflanzen und letztlich der Mensch nicht bloß Produkt eines Zufalls sind, sondern von Gott gewollt, geschaffen und geliebt, der geht anders mit der Schöpfung um: eben ehrfurchtsvoll. Mit Respekt und Achtung. Auch bei der Jagd. Das eben macht den Unterschied zwischen skrupellosem Abknallen von Tieren und der Jagd, die zur Hege und Pflege von Wald und Forst notwendig und wichtig ist.
  6. Darum ist der heilige Hubertus genau der richtige Patron für die Jäger und Förster: weil eben auch die Jagd nicht zum bloßen Sport zur Befriedigung von Machtgelüsten oder archaischen Jagdinstinkten verkommen darf, sondern ein Beitrag sein will zu einem verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung. Ein Jäger, der wie der hl. Hubertus das Kreuz im Geweih erblickt hat, dem im buchstäblichen Sinn das Kreuz heimgeleuchtet hat, der wird den Hirsch nicht aus bloßem Spaß an der Jagd abknallen. Sondern der begreift die Jagd als einen Beitrag, das Gleichgewicht in der Schöpfung bewahren zu helfen. Waidgerechtigkeit ist ein wichtiger Baustein des Ethos der Jäger. Man darf und kann nicht Jäger sein ohne diese grundsätzlich Ehrfurcht vor der Schöpfung, vor dem Leben. Genau das ist die Botschaft des heiligen Hubertus. Und ich danke an dieser Stelle ausdrücklich allen unseren Jägern und Jagdpächtern, dass sie die Jagd genau so betreiben: mit Respekt vor dem Leben, vor der Schöpfung, als Betrag, um das Gleichgewicht in Wald und Flur zu bewahren.
  7. Diese Botschaft gilt nicht nur für Jäger. Die gilt für jeden Christen. Wer an Christus glaubt, der muss erfüllt sein von dieser Ehrfurcht vor der Schöpfung, vor dem Leben. Denn der Gott, an den wir glauben, ist ein Gott der Lebenden, nicht der Toten, sagt Christus. Und diese Ehrfurcht vor dem Leben, die muss sich auch zeigen in der Art und Weise, wie wir mit der Schöpfung umgehen. Das fängt nicht erst auf dem Hochsitz im Wald an, sondern das beginnt schon in den ganz kleinen Dingen des alltäglichen Lebens. Ehrfurcht vor der Schöpfung zeigt sich schon daran, ob ich bereit bin, meinen Müll zu trennen, oder überhaupt zur Müllvermeidung beizutragen. Ob ich Wasser sinnlos verschwende, Abfall in die Natur werfe, einfach achtlos und gedankenlos in den Tag hinein lebe und so weiter. Ehrfurcht vor dem Leben zeigt sich in der Bereitschaft, der Umweltverschmutzung wirksam entgegenzuwirken; es zeigt sich aber auch an der Art und Weise, wie wir mit Gentechnik umgehen, ob wir bereit sind, das Leben, auch das ungeborene, wirklich zu respektieren und zu schützen, ob wir uns auch um leidendes, behindertes, krankes Leben kümmern oder es einfach abschieben. Und das geht letztlich bis hin zu der Art und Weise wie ich mit meinen Mitmenschen im täglichen Leben umgehe, mit ihnen oder gar über sie rede oder herziehe: Ehrfurcht und Respekt vor dem Leben hat viele Facetten. Der heilige Hubertus ruft uns alle auf, Jäger und Nicht-Jäger, mitzubauen an einer Kultur des Lebens, der Ehrfurcht vor allem Lebendigen. Dafür ist der heilige Hubertus ein guter Patron. Denn das Kreuz im Geweih, das er gesehen hat, mahnt auch uns – vielleicht heute mehr denn je - zur Ehrfurcht vor dem Leben. Amen.