Schmuckband Kreuzgang

Pfingsten

„Aufgeschlossen“ oder: Wofür mache ich das alles?

Pfingsten (c) Dom St. Peter
Pfingsten
Datum:
So. 20. Mai 2018
Von:
Tobias Schäfer
Predigt von Tobias Schäfer
Pfingsten (c) Dom St. Peter
Pfingsten

Predigt von PROPST TOBIAS SCHÄFER                                                             

PFINGSTEN, LJ B 2018                                                          zu: Apg 2, 1-11; Joh 20, 19-23

(Dom)

„Aufgeschlossen“ oder: Wofür mache ich das alles?

 

  1.  „Wozu mache ich das eigentlich?“ Sie können mir glauben, dass ich mir diese Frage in den letzten Tagen und Wochen schon oft gestellt habe. Und nicht nur ich, viele andere ganz sicher auch, die in diesen Tagen durch das Domjubiläum mit all seinen Vorbereitung extrem gefordert sind. „Wozu mache ich das alles eigentlich?“ Die ganze Jubiläumsfeier mit all den zusätzlichen Herausforderungen, allein in diesen Tagen Ausstellungseröffnung, Hauseinweihung, Filmpremiere des Jubiläumsfilms, Erstgeläut der Glocken, Domkonzert – und das ist nur dieses eine Pfingstwochenende. In knapp 10 Tagen geht es dann erst richtig los: Rheinland-Pfalz-Tag und Festwoche, mit Festen, Gottesdiensten, Konzerten, Pontifikalämtern, Gebetszeiten, Ausstellung, Domtafel, Kindertag, Seniorentag, Sonderbriefmarke und so weiter und so weiter. Wozu machen wir das alles?
  2. Natürlich: der Dom wird tausend Jahre alt. Und so ein nun wirklich ganz besonderes Jubiläum kann man nicht einfach übergehen. Andererseits: auch ohne all diese Feiern würde der Dom nächstes Jahr auch noch stehen. Und - so Gott will - in hundert Jahren auch noch. Also: der Dom braucht diese Feiern nicht. Machen wir es dann für uns? Um uns am Ende voller Stolz auf die Schultern zu klopfen: Schaut mal, was wir hier Großartiges und Spektakuläres auf die Beine gestellt haben? Das wäre dann doch ein wenig wie die Leute von Babel, die einen Turm bauen wollen der alles überragt, großartiger, gewaltiger, spektakulärer als alles je Dagewesene. „Wir wollen uns einen Namen machen unter den Völkern“, sagen sie. Es ist die Lesung, die immer am Vorabend von Pfingsten in der Liturgie dran kommt – das Gegenbild von Pfingsten. Gott verwirrt ihre Sprache, heißt es da. Am Ende bricht alles auseinander: die Menschen verstehen sich nicht mehr. Das ist das Ergebnis, wenn die Motivation ist, alle anderen zu übertrumpfen. Pfingsten ist das Gegenteil: Wo die Apostel an Pfingsten eine Sprache sprechen, die alle verstehen, führt das Vorhaben in Babel dazu, dass sich die Menschheit entzweit, zerstreitet, zerstreut. Wo es nur darum geht, sich einen Namen zu machen, sich über die anderen zu erheben, am Ende allein gut dazustehen vor den andern: da führt es in Chaos. Wenn das also unsere Motivation wäre für all unsere Jubiläumsfeierlichkeiten: dann Gute Nacht!
  3. Also noch einmal: Wozu machen wir das alles eigentlich? Für mich ist Pfingsten die Antwort. Und auch das Motto, unter das wir unser Jubiläumsjahr gestellt haben: „Aufgeschlossen!“ Denn darum geht es an Pfingsten. Die Jünger, die sich selbst genug waren, sich nur noch gegenseitig bemitleidet haben nach dem Tod des Herrn, ja die sich offenbar in ihrer Enttäuschung und Ratlosigkeit eingeschlossen hatten aus Furcht vor den anderen Menschen, werden vom Heiligen Geist erfüllt. Wie ein Sturmesbrausen und wie Feuerzungen durchbricht der Geist Mauern und Wände, erfüllt die Jünger. Gottes Geist schließt die Türen auf, hinter denen sich die Jünger mutlos und furchtsam eingeschlossen hatten, ja er reißt sie förmlich auf und die Jünger mit. Pfingsten bedeutet: Wer vom Geist Gottes erfüllt ist, wen Gottes pfingstlicher Geist wirklich ergriffen und erfüllt hat, dem kann es nicht nicht genug sein, sich gleichsam in der Kirche, im Dom einzuschließen und einzuigeln. Eine Gemeinde, die von Gottes Geist getragen ist, die kann sich nicht selbst genug sein, die muss es nach draußen drängen, mitten in die Welt, mitten unter die Menschen. Um dort, wie die Jünger, leidenschaftlich die Frohe Botschaft vom menschenfreundlichen Gott zu verkünden.
  4. Und genau darum geht es mir in all unseren Aktivitäten, Feierlichkeiten und – wie man heute so gern sagt – „Events“ dieses Jubiläumsjahres: ganz bewusst rauszugehen unter die Menschen und so viele wie nur möglich anzusprechen. So wie vor 2000 Jahren das jüdische Pfingstfest – Schawuot – tausende Menschen aus aller Herren Länder nach Jerusalem lockte, so ist es eben jetzt, hier und heute, der Rheinland-Pfalz-Tag und das Domjubiläum. Und so wie damals Gottes Geist die Jünger drängte, die Türen aufzuschließen, hinter die sie sich verkrochen hatten, so drängt sein Geist uns heute, dass wir hinausgehen unter die Menschen, die wegen des Festes, des Events kommen und dort etwas zu erschließen von der Frohen Botschaft von einem Gott, der die Menschen liebt, der mitten unter den Menschen wohnen will, der ihnen auch heute begegnet. Denn genau dafür steht der Dom doch seit tausend Jahren – und schon seine Vorgängerbauten davor. Er ist Begegnungsraum, der den Menschen einen Zugang zu Gott aufschließen will, eine Tür, um diesem Gott zu begegnen, der sie liebt.
  5. Wozu mache ich das alles? Wenn Sie mich ganz persönlich fragen, dann wäre das meine Antwort: Weil ich in dem Jubiläum eine große Chance sehe, vielen Menschen zu begegnen. Und zwar Menschen, die – im übertragenen Sinn – ganz andere Sprachen sprechen. Die oft mit dem Glauben, mit Kirche, mit Religion nichts mehr anfangen können. Die religiös sprachlos geworden sind. Die aber hier, im Dom, instinktiv spüren, dass da mehr ist. Die sich anrühren und ansprechen lassen. Und wie an Pfingsten die Menschen, obwohl sie ganz andere Sprachen sprechen, die Botschaft der Jünger instinktiv verstanden haben, so glaube ich, dass es auch uns gelingen kann, mit all den Festaktivitäten und Events ganz behutsam, gleichsam zwischen den Zeilen, eben auch eine Botschaft einfließen zu lassen, die die Menschen verstehen, wenn unser Engagement denn wirklich aus dem Heiligen Geist kommt, wenn wir, wenn unsere Herzen in all dem wirklich erfüllt sind von Gottes Geist.
  6. Es ist für mich ein schönes und tiefes Zeichen, dass das Pfingstfest heute buchstäblich der Auftakt ist zu den großen Festaktivitäten in den kommenden  3 Wochen. Mit dem festlichen Geläut gestern Abend wurde auch unser Jubiläum noch einmal feierlich eingeläutet. Aber zugleich erinnert uns Pfingsten eben auch daran, wozu wir das alles tun: weil Gottes Geist uns erfüllt und drängt, uns nicht hier im Gottesdienst, im Dom als kleiner, heiliger Rest, – gut bewacht von unseren Domschweizern – gleichsam einzuschließen – auch wenn die Türen natürlich offen sind. Aber eben ein Stück innerlich einzuschließen. Sondern erfüllt von Gottes Geist geht es darum, die Türen aufschließen, hinauszugehen unter die Menschen. Eine pfingstliche Kirche ist eine missionarische Kirche. Nicht in dem Sinn, dass wir anderen unseren Glauben überstülpen. Sondern in dem Sinn, dass wir uns durch Gottes Geist gedrängt wissen, mit den Menschen, mit der Gesellschaft, mit der Welt im Dialog zu sein. Damit ihnen durch uns – durch Menschen, in deren Herzen Gottes Geist wohnt -  Gott heute begegnen kann. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“, sagt Jesus. Mission heißt Sendung: Wir sind gesendet unter die Menschen.
  7. Und genau so wünsche ich mir unser Jubiläumsfest: als ein pfingstliches, ein in diesem Sinn missionarisches Fest. Eines, bei dem die Menschen spüren, aus welchem Geist wir das tun, was wir tun. Eines, das die Menschen erleben als eine Einladung, Gott zu begegnen. Denn auch das bedeutet Pfingsten. Gottes Geist schließt unsere Herzen auf, um darin zu wohnen. „Ihr seid der Tempel Gottes, in euch wohnt Gottes Geist!“, sagt Paulus. Wenn Gottes Geist in uns wohnt, sind wir selbst wie der Dom Ort, an dem Gott den Menschen begegnen will. Durch uns, in uns will er den Menschen begegnen. Aber das geht doch nur, wenn wir ohne Angst, wie die Jünger an Pfingsten, rausgehen, unter die Menschen gehen. Das ist die große Chance, die ich in diesen Jubiläumsfeierlichkeiten sehe. Deshalb engagiere ich mich, deshalb stecke ich so viel Kraft und Energie auch in die Planung und Organisation dieses Jubiläumsjahres. Deshalb bete ich jeden Tag, dass unser Fest in diesem Sinn erfolgreich sein möge. Deshalb bete ich mit den Worten unseres Jubiläumsgebetes darum, dass Gottes Geist uns alle zu einer aufgeschlossenen Kirche machen möge. Und ich hoffe, dass sich viele anstecken lassen von diesem pfingstlichen Feuer und Geist, und mitmachen bei unserem Fest. Denn ohne engagierte Mitstreiter, ohne viele, die sich anstecken lassen von diesem Geist, wird es am Ende einfach nur ein Event sein, wie viele andere Events auch. Lassen sie es uns das Domjubiläum gemeinsam zu einem großen pfingstlichen Fest machen!
Pfingsten (c) Dom St. Peter
Pfingsten (c) Dom St. Peter
Pfingsten (c) Dom St. Peter
Pfingsten (c) Dom St. Peter
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