Anlässlich des Jubiläums „Tausend Jahre Wormser Dom“ entstand letzte Woche ein neuer Altar nach einem Entwurf und unter Anleitung von Anna Heringer und Martin Rauch.
Der Altar wurde aus Stampflehm in einem gemeinschaftlichen Prozess von Mitgliedern, Gruppen und Gemeinschaften der Domgemeinde St. Peter und der Pfarrgemeinde St. Martin hergestellt.
Lehm / Erde als das vielleicht ursprünglichste Baumaterial lässt zugleich viele theologische und geistliche Deutungen zu. Es erinnert an die Erzählung von der Erschaffung der Welt und des Menschen aus Lehm. Im Unterschied zu totem Stein ist Lehm / Erde ein lebendiges Material: in der Erde wächst Nahrung für Mensch und Tier. So will der Altar der Ort sein, an dem uns Gott beschenkt mit dem Brot des Lebens.
In die einzelnen Schichtungen des Wormser Altares wurden Symbole der Geschichte und unserer Zeit eingebracht: so etwa ein römischer Mauerstein, der aus dem Kontext der ursprünglich römischen Bebauung des Domhügels stammt, sowie römische Scherben und Keramik aus fränkischer und mittelalterlicher Zeit; ein Stück der beim Bombenangriff im Krieg zerschmolzenen Glocken, Bruchstücke der Bronze vom Guss der neuen Glocken, eine Gedenkmünze zum Jubiläumsjahr und vieles mehr. Auch ein Stein aus dem Mainzer Schwesterdom wurde eingelegt.
In Kürze finden Sie eine detaillierte Zusammenstellung der, in die einzelnen Schichten des Altars, eingelegten Gegenstände auf unserer Homepage.
Zu Beginn des Altarbaus fand eine Segensfeier statt. Lesen Sie hier u.a. die Ansprache von unserem Propst Tobias Schäfer:
Segnung zu Beginn des Altarbaus
Dom St. Peter zu Worms
21.08.2018
Eröffnungslied: „Eine Hand voll Erde..“
Liturg. Eröffnung / Begrüßung
Lesung Gen 28, 10-19a
Kurzansprache
Segensgebet
Vater unser
Lied 478 1+4+5
LESUNG
Aus dem Buch Genesis
Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach Haran. Er kam an einen bestimmten Ort, wo er übernachtete, denn die Sonne war untergegangen.
Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein.
Da hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der Herr stand oben und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. (…)
Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe.
Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sagte: Wirklich, der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht. Furcht überkam ihn und er sagte: Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels.
Jakob stand früh am Morgen auf, nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Steinmal auf und goss Öl darauf.
Dann gab er dem Ort den Namen Bet-El (Gotteshaus).
Kurzansprache von Propst Tobias Schäfer
Segnung zum Altarbau im WormserDom
21.08.2018
Es ist höchst spannend, wenn man einmal in der Bibel, speziell im Alten Testament nachschlägt zum Thema Altarbau.
Immer wieder wird dort berichtet, wie die Urväter des Glaubens ihrem Gotte einen Altar bauen, und zwar an Stätten, an denen sie sich Gott besonders nahe wussten. Angefangen von Noah, der am Ende der Flut aus Dankbarkeit für die Rettung einen Altar errichtet (Gen 8,20). Abraham errichtet eine Altar an dem Ort, an dem Gott ihm die Verheißung vom gelobten Land schenkt (Gen 12,7f) und an verschiedenen anderen Orten, wo er sich niederlässt (Gen 12,8; 13,4; 13,18); Isaak baut dem Herrn einen Altar (Gen 26,25), ebenso wie sein Sohn Jakob an dem Ort, wo er den Traum vom offenen Himmel hat und der Jakobsleiter – wir haben diese Stelle gerade gehört. Der Altar markiert gleichsam diese Brücke zwischen Gott und den Menschen. Hier versammelt sich die Gemeinde, hier bringen wir Dank, Lob und Bitten vor den Herrn; hier schauen wir wie Jakob in den geöffneten Himmel.
Mose lässt auf Anordnung des HERRN gleichsam den ersten tragbaren Altar bauen auf der langen Wüstenwanderung. Denn auch hier ist der HERR mit seinem Volk unterwegs: im Offenbarungszelt, in der Bundeslade (Ex 27, 1-6).
Mit den 10 Geboten erhält Mose auch Anordnungen für den Bau eines Altares – und hier bereits finden wir die Anordnung: „Du sollst mir einen Altar aus Erde machen“ (Ex 20,24)
Wenn der Altar aber aus Stein errichtet wird, sollen es unbehauene Steine sein. (Ex 20,25).
Der schlichte Altar steht für den unbegreiflichen Gott selbst, er ist die bewusste Absetzung zum prunkvollen Goldenen Kalb und zu den Götzen- und Götterbildern der Heiden (vgl. Ex 20, 22-26).
Ganz bewusst nimmt diese Bestimmung des mosaischen Gesetzes Bezug zu den ersten Seiten der Bibel, im Buch Genesis, in denen berichtet wird, wie Gott am Anfang alles geschaffen hat, Himmel und Erde. Und wie er schließlich aus Erde, aus Lehm den Menschen formte als sein Abbild: ein Wortspiel im Hebräischen: Gott schuf den Adam – den Menschen aus „Adamah“, aus Erde, Lehm (vgl. Gen 2, 7).
Wenn wir uns also für den neuen Altar im Wormser Dom bewusst für diesen Entwurf von Anna Heringer und Martin Rauch entschieden haben, einen Altar und Ambo aus Stampflehm, dann hat das tiefe biblische und theologische Bezüge: der Altar entsteht aus Erde, wie wir alle aus Erde sind und einst zur Erde zurückkehren. Gerade vor dem prachtvollen, goldfunkelnden Hochaltar Baltasar Neumann führt die schlichte Form und das so archaische Material zurück zu jener ursprünglichen biblischen Anordnung für den Altarbau, die den schlichten irdenen oder steinernen Altar gegen die goldstrotzenden Götterbilder setzt. Der Altar will gerade in seiner Schlichtheit für uns ein Sinnbild sein für den unsichtbaren und doch lebendigen Gott, so wie Gott den Menschen aus Lehm als sein Abbild geschaffen hat. Und mehr noch: der Altar steht in jeder Kirche als das zentrale Symbol für Christus, von dem es in einer Osterpräfation heißt: „Er selbst – Christus – ist der Priester, der Altar und das Opferlamm“. Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, so wie jeder Altar, so wie der neue Altar im Wormser Dom in seiner Schlichtheit Bild sein wird für Christus, der uns in den Zeichen von Brot und Wein hier am Altar immer neu begegnet, der sich uns schenkt.
Wenn wir in diesen Tagen als Gemeinde gemeinsam diesen Altar errichten, dann ist das gleichzeitig die inständige Bitte, dass Gott uns hier immer wieder zusammenführt, dass er seinem Volk an diesem Ort, wie seit tausend Jahren und darüber hinaus nahe ist.
Möge unser Dom und sein neuer Altar, den wir in diesen Tagen errichten vollen, für noch viele Generationen wahrhaft Haus Gottes bleiben und Tor des Himmels!
SEGENSGEBET
P: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.
A: Der Himmel und Erde erschaffen hat.
P: Herr, höre mein Gebet.
A: Und lass mein Rufen zu dir kommen.
Lasset uns beten.
Allmächtiger, ewiger Gott, wie einst die Väter sind wir hier zusammen gekommen, um Dir an diesem Ort einen Altar zu errichten. Wir bitten dich um deinen Beistand und Segen für unser Tun.
Du selbst bist der Grundstein, die Mitte, um die sich deine Gemeinde versammelt. Du deckst uns den Tisch und nährst uns mit deinem Wort und dem Brot des Lebens.
Wir bitten dich: segne + diesen Altar, den wir dir an diesem Ort errichten, und segne unser Tun. Lass alle, die sich hier an diesem Ort versammeln, stets deine Nähe spüren und deine Liebe erfahren.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
So lasst uns beten, wie der Herr uns zu beten gelehrt hat…
DANKGEBET
zur Ausschalung des neuen Altars
24.08.2018
Guter Gott,
in den vergangenen Tagen ist Dir hier an diesem Ort von Deiner Gemeinde ein neuer Altar errichtet worden. Hier, an diesem Ort, an dem seit nunmehr tausend Jahren Menschen sich zu Deinem Lob versammeln, ihre Bitten, ihre Klagen, ihr Leid vor dich tragen, und an dem du sie stärkst mit deinem Wort und dem Brot des Lebens.
Wir danken Dir, dass wir dabei sein durften, wie der neue Altar entstand. Wie mit jeder Handvoll Erde, die hierher gebracht wurde und hier zum Altar geformt und befestigt wurde, der Altar wuchs, so hat sich hier durch die Menschen, die sich eingebracht haben, durch die vielen kleinen Zeichen und Symbole, die eingelegt wurden, auch unsere menschliche Geschichte in diesem Bauwerk verdichtet.
Wir danken Dir für diese Erfahrung. Wir danken Dir, dass wir dabei sein durften. Und wir bitten Dich: lass diesen Altar zu einem Ort werden, an dem sich für viele, viele Generationen Menschen um deinen Tisch versammeln, sich und ihr Leben vor dich hintragen dürfen und erfahren, dass du mit den gaben von Brot und Wein auch uns und unser Leben verwandeln willst.
Öffne uns an diesem Ort stets neu deinen Himmel.
Wir danken Dir, dass du in unserer Mitte wohnst, unbegreiflicher und uns doch so naher Gott.
Amen.
LESUNG
Aus dem Buch Exodus
Das ganze Volk erlebte, wie es donnerte und blitzte, wie Hörner erklangen und der Berg rauchte. Da bekam das Volk Angst, es zitterte und hielt sich in der Ferne. (…)
Und Mose näherte sich der dunklen Wolke, in der Gott war.
Der Herr sprach zu Mose: Sag den Israeliten: Ihr habt gesehen, dass ich vom Himmel her mit euch geredet habe.
Ihr sollt euch neben mir keine Götter aus Silber machen, auch Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen.
Du sollst mir einen Altar aus Erde errichten und darauf deine Schafe, Ziegen und Rinder als Brandopfer und Heilsopfer schlachten. An jedem Ort, an dem ich meinem Namen ein Gedächtnis stifte, will ich zu dir kommen und dich segnen.