Schmuckband Kreuzgang

Das Wort zum Sonntag

„Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm“ - Text: 1 Joh 4, 11-16

Pfarrer Karl Zirmer (c) Markus Schenk, Büttelborn
Pfarrer Karl Zirmer
Datum:
Fr. 10. Mai 2024
Von:
Pfarrer Karl Zirmer

Heute möchte ich eine Einladung an uns alle aussprechen. Sie stammt von der französischen Mystikerin Madeleine Delbrel: „Das Wort Gottes trägt man nicht in einem Köfferchen bis zum Ende der Welt. Man trägt es in sich, man nimmt es mit sich auf den Weg. Man stellt es nicht in eine innere Ecke, in einen Winkel des Gedächtnisses, um es aufzuräumen wie das Fach eines Schrankes. Man lässt es bis auf den Grund seiner selbst sinken, bis zu dem Dreh- und Angelpunkt, in dem sich unser ganzes Selbst dreht.“

Diese Einladung lautet heute: Lassen wir die großen Worte aus dem ersten Johannesbrief in unser Herz sinken und aus dem Wort Gottes leben, damit es gleichsam in uns „Fleisch“ werde, wie es im Johannesprolog von Jesus heißt: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1,14), oder etwas verständlicher ausgedrückt: damit das Wort Gottes Hand und Fuß bekommt. 

Eine Woche vor Pfingsten wird uns heute ans Herz gelegt: „Er (Gott) hat uns von seinem Geist gegeben.“ Diese Aussage erinnert uns an unsere Taufe, aber auch an unsere Firmung, als der Bischof oder ein Beauftragter des Bischofs uns mit Chrisam gesalbt hat auf der Stirn mit den Worten: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.“

Gottes Geist wurde uns geschenkt, er lebt und wohnt und wirkt als Gabe des Himmels in uns. Gott ist bei uns. Gott ist in uns. 

Höhepunkt der Aussage über Gott in der heutigen Lesung aus dem 1.Johannesbrief ist der Satz: „Gott ist Liebe“. Gott hat nicht nur Liebe. Liebe macht vielmehr sein einzigartiges Wesen aus. 

Für mich sind diese drei Worte: „Gott ist Liebe!“ das schönste uns kürzeste Glaubensbekenntnis, dass alle möglichen Aussagen über Gott umfasst und gleichzeitig weit übertrifft. 

Gott ist kein strenger „Richter-Gott“, kein kleinlicher „Buchhalter-Gott“, kein fordernder „Leistungs-Gott“. Der Pastoralpsycholge Karl Friedrichsdorf bezeichnet solche Vorstellungen als „dämonische Gottesbilder“. Solche Bilder müssen wir entsorgen.

„Gott ist Liebe“, der „Liebhaber“ jedes einzelnen Menschen. Sprechendes Zeichen dafür ist: Er hat uns sein Liebstes geschenkt, seinen Sohn. 

An die Liebe Gottes glauben kann ein Mensch nur dann, wenn er im Leben Liebe erfährt. Der Glaube wird ja nicht einfach durch Bücher und Glaubenswissen weitergeben. Ausschlaggebend für Glaubensweitergabe ist die Erfahrung, geliebt zu werden.  

Wir merken, wie wichtig es ist, dass Menschen aufgrund eigener Erfahrungen sagen können: „Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen.“ (1Joh 4,16a). Weiter heißt es in unserer Lesung aus dem 1.Johannesbrief: „Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“ (4,16b).

Das ist zugleich eine erste Antwort auf Gottes Liebe zu uns: in seiner Liebe bleiben. Das könnte heißen: liebende Gemeinschaft mit Gott pflegen, z.B. im Gespräch bleiben mit ihm im Gebet, ihn suchen in den Heiligen Schriften der Bibel, aber auch in der eucharistischen Kommunion, bei ihm verweilen im Schweigen und in stiller Anbetung, und natürlich unsere Schwestern und Brüder lieben. Und das führt uns schon zu einer zweiten Antwort auf die Botschaft „Gott ist Liebe“: „Einander lieben.“ So steht es gleich am Anfang der Lesung: „Liebe Brüder und Schwestern, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“ (1 Joh 4,11).

Es ist schrecklich, wieviel Hass es in unserer Welt gibt. Der Justizminister Marco Buschmann spricht von einer Verrohung unserer Gesellschaft. Dass Politiker und Wahlhelfer auf offener Straße angegriffen werden ist schlimm. Genauso so schlimm ist, dass Menschen, die im Dienst ihrer Mitmenschen stehen: Kranken-schwestern, Sanitäter, Feuerwehrleute u.a. angefeindet und angegriffen werden. 

Da können wir Christen zu der vergifteten Atmosphäre in unserer Gesellschaft einen Kontrapunkt setzen. Der Schweizer Pfarrer und Dichter Kurt Marti bringt es so auf den Punkt: „Ach, dass ich, wenn’s drauf ankommt,

  im Gegner den Bruder,

  im Unangenehmen den Bedürftigen,

  im Süchtigen den Sehnsüchtigen, 

  im Schwarzmaler den Licht- und Farbenhungrigen,

  im Verbitterten den Hilflosen 

  erkennen könnte.“

Wir Christen finden im Glauben an Gottes Liebe die Kraft, die wir brauchen, um dem Egoismus, der Gleichgültigkeit und der Gehässigkeit in unserer Gesellschaft den Kampf anzusagen. Unsere Gesellschaft ist auf Anstand, Respekt und Toleranz angewiesen. Christen, die sich an Jesu Botschaft, können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. 

Am Schluss dieser Ausführungen möchte ich noch zu bedenken geben, dass wir in unserer heutigen Lesung aus dem 1 Johannesbrief so etwas wie eine Kurzformel unseres Glaubens und unseres christlichen Lebens vor uns haben, die wohl mehr anspricht als jede Katechismus-Antwort. Einzelne Sätze könnten wir direkt auswendig lernen, um sie dann parat zu haben, besonders, wenn es uns nicht gut geht. Diese Sätze wollen aufbauen, Mut zum Leben machen und Freude im Herzen wecken. Halleluja.

A m e n.