Schmuckband Kreuzgang

Das Wort zum Sonntag

Von Stürmen, Ängsten und der Kraft des Glaubens - Text: Mk 4, 35-41

Pfarrer Karl Zirmer (c) Markus Schenk, Büttelborn
Pfarrer Karl Zirmer
Datum:
Sa. 22. Juni 2024
Von:
Pfarrer Karl Zirmer

„Wenn die Stürme des Lebens über uns hereinbrechen...“ – so könnte der Titel für das heutige Evangelium lauten. Denn im Grunde geht es genau darum: die Geschichte vom Seesturm ist ein Bild, das unser Leben beschreibt. Ein Bild für alle Situationen, in denen uns im Leben buchstäblich das Wasser bis zum Hals steht, in denen wir nicht mehr ein noch aus wissen, in denen wir unterzugehen drohen. Das heutige Evangelium will uns sagen: Damit müsst ihr rechnen. So etwas gibt es: Sturm auf dem See, Stürme des Lebens, Stürme in der Kirche...Nur einige Beispiel von Stürmen, die uns zurzeit bedrängen: Der Krieg in der Ukraine, der Klimawandel, die Gefährdung der Demokratie durch Populisten und Rechtsextreme, die tiefe Glaubenskrise und Kirchenkrise in Deutschland und in Europa. Dazu kommen Stürme in unserem persönlichen Leben: Krankheiten, Enttäuschungen, Misserfolge, Probleme am Arbeitsplatz, Konflikte in der Familie, Scheitern von Beziehungen und vieles mehr.

Und Jesus? Er schläft. Er ist zwar im Boot, aber nur stumm, rein passiv und zutiefst abwesend. Erleben wir nicht immer wieder in den großen und kleinen Krisen des Lebens, dass Gott scheinbar abwesend ist? Wir bestürmen ihn mit unseren Bitten und Nöten und er reagiert überhaupt nicht.

Auch wenn Jesus im Boot ist, kann es Stürme geben. Ja sogar gefährliche und angsteinflößende Stürme. Auch wenn wir gläubig sind und nach dem Willen Gottes leben, können wir in Schwierigkeiten, sogar in große Schwierigkeiten, geraten.

Mit keinem Wort hat Christus hat uns und seiner Kirche eine Fahrt ohne Hindernisse, ohne Stürme garantiert. Weder sein Wort noch sein Leben können uns zu der Überzeugung verleiten: Wenn Christus bei uns ist, dann kann doch nichts passieren, dann muss doch alles glatt gehen! In seinem Leben ist nicht alles glattgegangen, und alles, was die Welt an Schrecken zu bieten hat, ist ihm passiert. Aber eine Gewissheit hat er uns vorausgesagt und vorgelebt: dass wir in keinem Sturm untergehen, wenn wir Glauben haben.

Aber was heißt das: „Glauben haben“? Glauben haben, das bedeutet Vertrauen in Gott haben. Es bedeutet: Sich von Gott gehalten und getragen wissen in allen Lebenssituationen, sogar in den Stürmen unseres Lebens. So tief ist der Glaube Jesu, sein Vertrauen in den Vater, dass er selbst in einer lebensbedrohlichen Situation ruhig schlafen kann.

Und wie kann dieser Glaube uns helfen? Der Glaube allein löst ja nicht einfach unsere Probleme. Er stillt nicht einfach die Stürme, die im Leben über uns hereinbrechen. Nein. Aber er schenkt uns eine innere Ruhe, eine Gelassenheit, die aus der Zuversicht kommt, dass da ein Gott ist, der mich liebt, der zu mir steht und der mich niemals hängen lässt.

Glaubende Menschen wenden sich im Gebet flehend an Gott, stehen aber auch selbst auf und handeln. Sie tun alles, was in ihren Kräften liegt, um mit den Problemen und Schwierigkeiten des Lebens fertig zu werden. Ein solcher Glaube macht aus uns selbständige Menschen, die nicht wie kleine Kinder einen Gott brauchen, der alle Probleme für sie löst, sondern einen, dessen Liebe und Nähe ihnen die Kraft gibt, auch den heftigen Stürmen des Lebens standzuhalten und sie zu meistern.

Nehmen wir also von diesem Evangelium, das vom Toben der Wellen und von der Angst verzweifelter Christusjünger berichtet, die Überzeugung mit: Der Herr ist in unserem Boot, in dem wir durch das Meer der Zeit ans Ufer Gottes fahren. Habt also keine Angst! Der Herr ist bei einem jeden von uns. In diesem Glauben werden wir die Stürme des Lebens bestehen, in die wir immer wieder hineingeraten. 

Mit einem schönen Wort von Papst Johannes XXIII. möchte ich schließen:        

„Wer Glauben hat, der zittert nicht,

er überstürzt nicht die Ereignisse,

er ist nicht pessimistisch eingestellt,

er verliert nicht die Nerven.

Glauben, das ist die Heiterkeit, die von Gott kommt.“

A m e n.